Hallo ihr Lieben,
endlich kann ich meine Gedanken mal in Worte fassen und auf eure Postings eingehen. Das Buch ist wirklich nichts, das man einfach so nebenher lesen könnte. Ich genieße es immer noch sehr.
Ich glaube, sie benennt die Kapitel einfach nur mit Argumenten, um da eine Verbindung zum Anhang und zum Titel (?) herzustellen. Die einzelnen Kapitelüberschriften finden sich dann irgendwie im Kapitel wieder, glaub ich.
Das sehe ich auch so
Sehr gut gefallen hat mir die Szene mit der Nachricht von Gideon, die sich dann schlichtweg als Kneipenname entpuppt.
Das fand ich auch klasse. Geht es uns nicht auch oft so, dass wir eine "Aufgabe" bekommen und erwarten, dass die Lösung total kompliziert ist, es sich später dann aber etwas total banales entwickelt?
Nun ist wohl klar, mit wem Cass sich mailt, es ist vermutlich Gideon. Der kommt mir in dieser Kneipenszene sehr ernüchternd und resigniert vor.Ich kann nicht nachvollziehen warum er so lange bei Klapper studiert, so wie er sich über ihn äußert - und er gibt Cass ja auch den Tipp, lieber bei der Medizin zu bleiben.
Gideon ist auch so ein Original. Das Buch wimmelt irgendwie nur so davon. Ich denke auch, dass er es ist, mit dem Cass mailt.
Roz rauscht zurück in Cass' Leben wie ein Tornado. Was für ein Wirbelwind. Ein bisschen anstrengend und nervig empfand ich sie an dieser Stelle. Und Cass' Blick für stille Schönheiten wie die Kathedrale im Eis scheint sie auch nicht zu teilen. Aber "unbezähmbar" ist wohl der richtige Ausdruck für diese Frau, die am Ende des 4. Kapitels aus dem Auto springt, weil sie unbedingt mitdemonstrieren will.
Roz finde ich ganz großartig. Sie ist genau nach meinem Geschmack. Herrlich verrückt und verschroben. Vielleicht einen Tick zu verrückt oder unerwachsen.
Sehr sympathisch kommt der Prof hier ja nicht gerade rüber. Der arme Cass tat mir schon leid, als er seinen Monolog über dieses Gedicht hielt und dachte, er hätte jetzt was ganz Tolles erzählt, und dann wird er so zusammengefaltet.
Ich hatte mal so einen Matheprofessor. Genies sind so. Sie meinen das auch gar nicht böse. Für mich war das damals auch eine seltsame Erfahrung (die ich nicht missen möchte).
Das Manische hat mit Manie garnichts zu tun, wie ich fälschlicherweise dachte, sondern:
Vielen Dank für die Info. Ich lese meistens im Zug, weshalb ich alles Unbekannte erst mal überlese. Deshalb freue ich mich sehr über die Zusatzinformationen, die ihr hier sammelt.
Ich glaube, dass sie eine Parallelwirtschaft zwischen dem Glauben an Gott und dem Glauben an die Liebe aufmacht.
Hmmm... auch ein Ansatz. Vermutlich ist auch das beabsichtigt von der Autorin. Ebenso wie die Existenz Gottes nicht bewiesen werden kann, wird man sich vermutlich schwertun, die Existenz der Liebe zu beweisen, oder?
Wer so lebhaft ist wie Roz und das Leben nimmt, wie es ist, für den muss ein verkopfter Mann einfach meschugge sein, der über das Leben stundenlang nachdenkt statt es zu leben. Eine wie Roz will ein Bier und einer wie Klapper fragt sich, ob er derjenige ist, der ein Bier möchte, bevor er es bestellt.
Ich halte es wie Roz und nach dem kurzen Auftritt ist auch mir Klapper eher unsympathisch. Nicht, dass ich ihm sein Forschungsgebiet nicht gönne. Aber wenn es heißt, dass er seine Studenten "erwählt" statt sie lehrt und dann auch noch ohne Abschluss hocken lässt, hat er meiner Meinung nach die universitäre Ausbildung missverstanden und schart bloß willige Jünglinge um sich.
Hm.... eine universitäre Ausbildung wird er vermutlich tatsächlich missverstanden haben. Ich vermute, sie ist ihm schlichtweg egal. Er ist ein Genie und Genies ticken ein bisschen anders. Denen ist so etwas Greifbares wie ein Studienabschluß egal. Wichtig ist einem Genie seine "Sache".
Gegen Ende von Kapitel VII taucht der Satz auf: Er hatte [i]Die Vielfalt religiöser Illusion[/i] geschrieben, um Lucindas Frage zu beantworten. Ich bin auf die Suche nach dieser Frage gegangen, aber bin nicht fündig geworden. Auf welche Frage nimmt der Text hier Bezug?
Doch... da war was. Muss ich nochmal nachlesen.
Leichter wird es dann auch nicht, wenn man sieht, wie die einzelnen Denker der verschiedenen Richtungen sich gegenseitig beurteilen. Wie der junge Mann in der Kneipe, der von Klappers Seminar gar nichts hielt und auch Lucinda sagt klipp und klar, wie sie Religionswissenschaften einsortiert (Seite 134):
Hab ich dir schon mal erzählt, dass ich am Anfang meines Studiums in Harvard nicht begreifen konnte, dass es einen Fachbereich Religionswissenschaften gibt? Warum nicht gleich Kurse über Astrologie und Alchemie, Chiromantie und Nakromantie? Und dann fand ich raus, dass man in Harvard sogar Theologie studieren kann. Wie können die sowas machen und gleichzeitg "Veritas" zu ihrem Motto erheben?
Das fand ich so dermaßen hochnäsig von Lucinda. Fürchterlich diese Intoleranz!
Und sie hat sein Buch gelesen, verstanden und wertschätzt es, obwohl es nicht ihr Thema ist. Für mich ein krasser Gegensatz zur doch recht herablassenden Lucinda.
Genau das Gefühl hatte ich auch beim Lesen.
Ihre Meinung zum Leiden ist ein emotionales und für mich sehr nachvollziehbares statement, herzhaft " Vorher kannte ich noch nichtmal den verdammten Begriff `Theodizee` ".
Musste ich auch nachschlagen (genauso wie Tautologie )
Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?
Alles anzeigen
Mein Kopf raucht schon wieder. Habe ich schon mal erwähnt, wie großartig das Buch ist?
Bei meiner Suche nach dem Sinn und Glauben und wassolldasalles beschäftigte mich die Frage nach dem Bösen auch sehr stark und ich kam zu dem Schluß, daß ich zwar an eine unpersönliche gute Macht glauben kann, aber daß das Böse, so zielgerichtet und destruktiv wie es auftritt, für mich eine Person sein muß.
Interessante Idee... damit habe ich mich ehrlich gesagt noch nie beschäftigt.
Stimmt, aber genau darin liegt für mich zur Zeit das Problem mit dem Buch. Mir geht momentan genug Anderes im Kopf herum, um mich noch auf so viele geballte philosophische Fragen einzulassen. Ich werde das Buch auf alle Fälle weiter lesen, aber um es richtig zu begreifen, wird wohl nichts an einer Wieholek vorbei führen.
Du, ich glaube, so geht es uns allen. Ich versuche gar nicht erst, alles zu begreifen.
Was ich aber gerne verstehen würde, ist Dostojewskis Zitat, das Cass in seinem Buch verwendet hat:
"Und wenn die Leiden der Kinder dazu verwendet werden, die Summe von Leiden vollzumachen, die für den Kauf der Wahrheit notwendig war, so behaupte ich, dass die ganze Wahrheit einen solchen Preis nicht wert ist."
Großartig dann wieder Roz: "Eindeutiger als "Leiden ist schlecht" geht es kaum. Und selbst wenn die Leute is im Allgemeinen nicht für eineutig halten, begreifen sie es sofort, sobald sie die Leidenden sind. "Mein Leiden ist schlecht" ist für jeden eine Tautologie. Den möchte ich sehen, der sich im Todeskampf noch diesen Theodizeequatsch antut."
Irgendwie haben beide recht: Roz und Cass.
Liebe Grüße
nimue