Beiträge von Hittl

    BigBen: "Ich denke doch. Das hat mit unseren "modernen" Medien zu tun. Alles in Fastfoodhappen Größe. Hopp und weg. Hans Liberg redete mal von der RTL-Zuschaueraufmerksamkeitsspanne. Wenn die überschritten wird, zapp und weg. Also wenn nicht auf den ersten Seiten richtig was geboten wird (Mord, S.e.x., Äktschen, oder was auch immer den modernen Leser fesselt), dann zappen die Leute weg, sprich, sie hören mit dem Buch auf. "
    Du magst recht haben. Aber ich selbst kaufe meist Bücher, die ich auch lese. Und ich nehme für mich in Anspruch, mich dem gebotenen zurecht kommen zu wollen, was heißt, ich hab einen langen Atem. Nein, meine Aussage bezog sich auf Elaborate, die von Eindimensionalität, ausgelutschten Klischees, Aktionsstandarts, miserablen Dialogen und miserablen Plots etc. nur so strotzen. Die hatte ich im Kopf, als ich die Autoren für das NichtZuEndeLesen verantwortlich machte. Das bereits ausführlich gewürdigte Sandhofer-Zitat kann ich auch nur unterschreiben.
    Grüße, Hittl


    [Und dann gibt es ja noch die Buchverrückten, die mehr Bücher kaufen als sie Zeit zu lesen haben... :breitgrins:


    Ach, das gibt´s auch? Scheinbar stimmt bei mir die Relation von Zeit zur Anzahl Bücher auch nicht. Gibt es eigentlich eine offizielle Formel, die einem da helfen könnte?
    Aber nun im Ernst: Dass Bücher NOCH nicht gelesen sind, ist ja nicht Gegenstand der Umfrage. Da hab ich mit den blöden SchrankAusstattungsBüchern eine Unrichtung reingebracht.
    Sondern es geht ja wirklich um Bücher, die angelesen werden, aber nicht zu Ende gebracht. Und wenn der Prozentsatz der Nicht-zu-Ende-Gelesenen so hoch ist, dann wirft dies vor allem auf die Autoren ein bestimmtes Licht. Das kann man nicht nur den Lesern anlasten.
    Sorry, Hittl


    .....gemäss welcher 1/3 aller Bücherkäufer ein Buch nicht zu Ende lesen. ..


    Ist bekannt, welches Buch? Bei manchen würde es mich nicht wundern :zwinker:


    Die Umfrage selbst ist mir nicht bekannt, aber um deren Ergebnis beurteilen zu können, würde mich schon interessieren, welche Fragen konkret da wem gestellt wurden. Denn auch mir scheint der NichtzuEndeLeseProzentsatz etwas hoch gegriffen, es sei denn, es werden diejenigen mitgezählt, die sich beim Kauf eines Bücherschrankes zwei Meter Klassiker dazubestellen. - Wegen der Optik halt -
    Grüße, Hittl

    Seit Geschichten geschrieben werden, kennen wir solche Leute in allen denkbaren Variationen: vom Unglück auf eine Art und Weise verfolgt, dass alles schon gar nicht mehr wahr sein kann. Und dabei sind sie letztlich so unschuldig wie die Lämmchen, sie hätten eigentlich immer nur um einen Millimeter anders reagieren müssen und nix wäre passiert…. So eine ist Hendrikje, ein armes Geschöpf, ohne Eltern bei der Oma groß geworden, verdient ihr Geld als Kellnerin in einem Café, abends malt sie Bilder von Eisenbahnbrücken und hängt an einem Mann, der nur ihr Liebhaber, nicht aber ihr Freund sein will. Die Balance in ihrem Leben verliert sie mit dem Tod der Oma. Ein Tornado an "Dumm gelaufen" tobt durch ihr Dasein, hinterlässt die absolute Zerstörung und spült Hendrikje ins Gefängnis.
    Dort schildert sie "streng chronologisch" die Ereignisse der Gefängnispsychologin, die hernach beurteilen soll, ob eine Haftverkürzung für Hendrikje in Frage kommt. Was meint ihr? Schießt sie auch hier präzise daneben? Wird sie dahinter kommen, dass die positive Seite ihres Lebens schon länger neben ihr her drippelt?
    Bekanntes Thema neu tapeziert, fetzig, ein bisschen was für´s Gefühl, ein bisserl sex and crime, gut für die heißen Tage am See, im Garten, auf dem Balkon….
    "Rutscher" nenn ich solche Bücher, die uns geistig in Ruhe lassen und ausschließlich oberflächlicher Unterhaltung dienen. So, wie man eben auch zum Entspannen Kreuzworträtsel löst...
    Grüße, Hittl


    Das Frauenbild, das sie transportiert, ist absolut ärgerlich.


    Ärgerlich, falsch, alles andere als eine Empfehlung! Sie tut uns Frauen das Gegenteil von einem Gefallen mit diesem Mist.
    Leider schwimmen in ihrem Kielwasser ganze Schwärme!
    Grüße, Hittl


    ....kam mir diese Geschichte vor wie aus dem Leben gegriffen, und Shreves einfacher, aber eingänglicher Stil ließ mich das Buch für mich zu einem Pageturner werden. Als Frauenliteratur im herkömmlichen Sinn würde ich es nicht bezeichnen, dazu hat es zu viel Tiefe. Hier hat sich mein Empfinden bestätigt, dass ich jedes Genre gerne lese, wenn mir der Stil gefällt.


    Genau so ging es mir auch! Inzwischen hab ich auch "Der weiße Klang der Wellen" und "Die Frau des Piloten" gelesen. Anita Shreve kann einfach erzählen. Ich hab bei ihr immer das Gefühl, sie säße mit mir im Wohnzimmer und würde aus ihrem Leben berichten. Zu ihren Büchern werd ich weiterhin greifen...
    Hittl

    Ich beschäftige mich auch beruflich mit der jüdischen Geschichte und habe deswegen schon sehr viele Bücher von und über Juden gelesen. Für mich war es das "jüdischste" Buch, das ich je in Händen hatte. Außerdem erfrischend frei von Anklagen, Selbstmitleid (so angebracht all dies häufig ist!!), frei von Exotik und erhobenem Zeigefinger. Sondern einfach die Geschichte einer Familie, die eben jüdisch ist.


    Das einzige was mich immer wieder etwas irritiert hat, ist der Namensgeber des Buches, Onkel Melnitz, zur Zeit der Handlung bereits verstorben, der sich immer wieder aus dem "Off" in das Familengeschehen einmischt.


    Damit hatte ich mich auch ein wenig geplagt. Doch mir scheint, Melnitz ist so etwas wie ein Gewissen, gepaart mit "altem Wissen" (der ewige Jude), der, der den anderen zuflüstert: die Geschichte zeigts, es wird anders sein, als Du glaubst....!
    Grüße, Hittl

    Salley Vickers, Die Versuchungen des Mr. Golightly.

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    Aus dem Englischen von Gabriele Weber Jaric
    ISBN 3-546-00349-7
    21,00 €
    Claassen Verlag
    gibt es aber auch als TB, 8,95 €


    Mr. Golightly (Gott) ein etwas kauziger älterer Herr macht in einem verschlafenen englischen Dorf Urlaub um seinen einstigen Bestseller (Bibel) zu überarbeiten. Vom ersten Tag an sieht er sich aber zahlreichen Ablenkungen und Versuchungen ausgesetzt, denn die Dorfbewohner haben alle möglichen Probleme und suchen unbewußt die Lösungen bei ihm. Irgendwann entdeckt er, dass sein Werk sich in dieser Gemeinschaft aktualisiert und auch wiederholt.
    Mr. Golightly ist recht sympathisch, fährt ein klappriges altes Auto, besucht regelmäßig die Dorfkneipe, steht mit seinen himmlischen Heerscharen über Email in Kontakt und versucht verzweifelt, seinen Bestseller zu überarbeiten. Ihm schwebt etwas in der Art einer Seifenoper vor. Doch ohne dass er sich darum bemüht, suchen sämtliche Dorfbewohner seinen Rat, seinen Beistand, lenken ihn von der Arbeit ab. Außerdem stellt er mit Erschrecken fest, wie sehr er sich verändert hat, dass er außerdem vieles, was er einst voller Inbrunst verkündete, vergessen hat oder nicht mehr für zeitgemäß hält. Die Trauer um seinen Sohn begleitet ihn, und dem Leser wird im Laufe der Geschichte enthüllt, dass das Ende des Erdensohnes so nicht geplant war.
    Eine Kirche, ein Pub, ein Lebensmittelgeschäft, ein paar Bauernhäuser, umgeben von Weideland und Moor – das ist Great Calne in der Grafschaft Devon. Ein absolut durchschnittliches Dorf, in dem kaum jemals etwas Spektakuläres passiert. Wer genau hinschaut, wird allerdings feststellen, dass die Bewohner keineswegs dem ländlich-idyllischen Klischee entsprechen. Angefangen mit dem Geistlichen Oberhaupt, Pfarrerin (!) Meredith Fisher.
    "Jeder wusste, dass sie einen Tick in Bezug auf männliches Sexualverhalten hatte. Sie hatte George, der die Gräber aushob, einen Schrecken eingejagt, als sie ihm während der Trauerhilfe Fragen stellte, die man schwerlich als anständig bezeichnen konnte, wenn man überlegte, dass die Leiche der Frau, mit der er fünfzig Jahre lang verheiratet gewesen war, gerade erst frisch im Grab lag..."
    Die Bewohner des Dorfes Great Calne sind richtige Charaktere, sehr menschlich, von kaum einem könnte man behaupten, er sei ein "Guter" oder ein "Schlechter".
    Während seines Urlaubs gewinnt Golightly mehr und mehr die Einsicht, dass es wohl wenig lohnt, sein Buch tatsächlich neu zu schreiben. Und sein Widersacher aus alten Zeiten hält ihm den Grund auch vor: Du hast den Menschen den freien Willen gegeben! Gott und Teufel sind nicht wirklich in der Lage, die Geschicke auf Erden zu steuern.


    Die Autorin:
    Salley Vickers war Universitätsdozentin für Literatur, bevor sie sich zur analytischen Psychologin ausbilden ließ. Neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin befasst sie sich in Artikeln und Vorlesungen mit den Verbindungen zwischen Literatur, Psychologie und Religion. Salley Vickers hat zwei Kinder und lebt in London und Bath. "Der Roman entstand in einer schwierigen Phase meines Lebens", schreibt Autorin Salley Vickers in ihrem Nachwort. "Ich schrieb eigentlich an einem anderen Roman, als die Ereignisse die Fäden meiner Konzentration durchschnitten und ich jenes Buch, (.) während der Wirrnisse meines persönlichen Dramas zur Seite legte." Da ist es wahrscheinlich, dass auch auf sie "Die Versuchungen des Mr. Golightly" wirkten, und sie dessen optimistische Botschaft am Ende wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blicken ließen!


    Beurteilung:


    Ein typisch englisches Buch! Es ist als Komödie mit melancholischen Untertönen angelegt. Die feine Ironie und der dezente Humor wecken den Wunsch, das Buch im englischen Original zu lesen, weil in Übersetzungen bekanntlich gerade die ironischen Töne nicht adäquat wiedergegeben werden können. Es strotzt vor Anspielungen auf englische Dichter, frühe Kirchenschriftsteller und natürlich auf die Bibel.
    Der Leser muss sich einlassen wollen auf die langsamere Gangart des älteren Herrn Golightly. Es ist kein Reißer. Auch kein Buch für Jedermann. Die Thematik sollte schon interessieren.
    Dann ist es ein Genuss, very british!



    Bildlink gegen amazon-Link ausgetauscht. LG, Aldawen

    Bei mir ist die Lektüre von Hiob auch schon eine Weile her. Zeitweise empfand ich die Geschichte schon sehr bedrückend, allerdings sind viele Geschichten von Juden bedrückend. Durch den engen Bezug zur biblischen Geschichte behält die Erzählung schon etwas gleichnishaftes. Allerdings kann man sie ruhig glauben - vielleicht außer dem "glücklichen" (?) Ende.
    Doch fand ich es gut erzählt, ich erinnere mich gern daran.
    Grüße, Hittl

    Nach einem aufregenden und aufwühlenden Kurz-Urlaub in der Eifel hab ich gestern die erste von 11 CD´s beim Bügeln angehört:


    Clara Viebig: Das Kreuz im Venn


    Autorenporträt: Clara Viebig, geb. am 17.7.1860 in Trier, gestorben am 31.7.1952 in Berlin. Seit 1897, als mit den Novellen "Kinder der Eifel" und dem Roman "Rheinlandstöchter" ihre ersten Bücher erschienen, hat Clara Viebig die Aufmerksamkeit eines breiten Lesepublikums geweckt und mit immer neuen Werken über Jahrzehnte erhalten. Viele ihrer Romane und Erzählungen spielen im Rheinland und in der Eifel.
    Mir gefällt die Art des lesens sehr gut, vor allem sind häufig Dialog in der Eifeler Mundart gesprochen.
    Da ich mit Bügeln noch nicht fertig bin, geht´s heute abend weiter!
    Grüße, Hittl

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    Bab Doukkala oder Die Seele des Kochens. Roman
    von Jaafar Ben Saoud (Autor), Robert Griesbeck (Übersetzer)
    ISBN 3203755254, Europa Verlag Hamburg /KNO. Gebundene Ausgabe, 320 Seiten, 1. Aufl. 2005


    Die Medina, das alte Marrakesch, wird von einer Stadtmauer umschlossen, unterbrochen von 9 Toren. Eines der Tore ist das Bab Doukkala, durch das täglich der alte Hassan die Neustadt, die Franzosenstadt, betritt. Sein Ziel ist die Küche des Restaurants "Aghroum". Hier - umweht von verführerischen Kochdünsten - erzählt er dem französischen Koch, dem Sous-Chef Jean und zwei lausbübischen, marokkanischen Lehrbuben Geschichten - im Austausch gegen eine warme Mahlzeit. Geschichten von seinem Großvater, der auf der Suche nach der Seele des Kochens sein Leben verbrachte und seine Erkenntnisse in 41 Büchern hinterließ.
    Vermutet man anfangs noch einen lustvollen Schwätzer in Hassan, so weicht dieser Eindruck mehr und mehr der Erkenntnis, dass da ein Mensch voller Lebenserfahrung, Poesie und begabt mit der orientalischen Erzählkunst in seiner schäbigen Djeballa vor uns steht. Der französische Koch kann trotz seiner europäischen Ungeduld nicht weghören, immer wieder bannen ihn die Erzählungen des alten Mannes. Jean, der nicht umsonst Frankreich den Rücken gekehrt hat, mit einem schlitzohrigen arabischen Freund mangels Alternativen seine Freizeit verbringt und dabei beinahe seine Integrität verliert, steckt voller Mißtrauen, manchmal gar Abneigung, um letztlich das größte Geschenk des Alten zu erhalten.
    Der nicht einmal unsympathische Patron, Besitzer des Lokals, ehemaliger Kämpfer der Fremdenlegion und verheiratet mit Kognacflaschen, walzt unsensibel und polternd alles nieder. Auch das merkt er nicht.
    Und dann haben wir´s noch mit dem Übersetzer des Romans zu tun, der sich entgegen aller Regeln ständig in die Geschichte einmischt, ungefragt Kommentare abgibt, und zu guter Letzt den Ausgang des Romans unmöglich findet und sich aufmacht, den Autor zur Rede zu stellen. Er reist nach Marrakesch. Dort findet er alles - oder nichts? Jedenfalls muss auch er sich dem Zwang eines realistischen Märchens beugen.
    Wahr -unwahr? Sind Märchen wahr? Sind Tatsachen wahrer? Wo finden wir die letzten Erkenntnisse? Wer hat eine Antwort? Ist dieses Buch die Antwort?


    Das Buch fesselt. Das Buch regt Sinne und Phantasie an. Man möchte plötzlich die Geschichten anderen erzählen, man möchte sich unterhalten über das Liliengewächs mit vier Häuten, sieben Schichten und einem Herz - möchte die Metaphern verstehen, trinken, kosten, teilen.
    Fröhlich und traurig ist das Buch, und wenn man die letzte Seite umdreht und den Buchdeckel schließt, ist es irgendwie doch nicht zu Ende.


    [size=1]EDIT: Verlinktes Bild in Amazonlink geändert. LG, Saltanah[/size]

    Hallo, schokotimmi,
    ich teile Deine Meinung zu dem Buch. Ist schon lange her, dass ichs gelesen hab. So manches Mal dachte ich, man sollte es dem einen oder andern alten Menschen schenken. Aber es gibt auch Junge, denen die Einsichten dieser Geschichte weiter helfen würden...
    Grüße, Hittl

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    Georges Simenon
    "Die grünen Fensterläden"Leinen mit Schutzumschlag, 240 Seiten

    Als Bub hat er er zitternd und frierend auf einem ärmlichen Lager der Hütte gesessen, die das Zuhause seiner Familie war, umgeben von kaltem Hochwasser, das oft Tage brauchte, um wieder abzuziehen. Als während eines solchen Hochwassers sein stets betrunkener Vater um´s Leben kommt, verlässt Maugin, 14-jährig, die Familie.
    Mit Hilfsarbeiterjobs schlägt er sich durch, später singt er in Lokalen, schließlich erhält er Rollen am Theater. Er heiratet, einmal, zum zweiten Mal. Als Filmrollen hinzukommen, hat er´s geschafft: Er ist der Maugin. Er ist berühmt, reich, und - wie aus Versehen - zum dritten Mahl verheiratet. Aber er ist auch verbraucht, krank und dem Alkohol ergeben.
    Er spürt, dass sein Zustand gefährlich ist, sucht einen Spezialisten auf. Der attestiert ihm die befürchtete Verfassung, kann jedoch, da Maugin keine Möglichkeit sieht, etwas an seinem Leben zu ändern, nur Mittel gegen das Schlimmste verschreiben. Dabei ist es nicht nur die Arbeit, von der Maugin allzuviel hat, es sind auch Menschen, die trotz seiner Grobheiten, seiner fehlenden Moral und scheinbaren Gefühllosigkeit instinktiv seine Gewissensbisse, seine Nachgiebigkeit, ahnen und ihn um Geld und Hilfe angehen. Wie sein unehelicher Sohn Cadot, Vater von 5 Kindern und Gatte einer sterbenskranken Frau. Dieser läßt keine Gelegenheit aus, den Vater mit jeder Geldforderung zu belästigen. Doch offenbar setzen ihm Ergebenheit und Liebe noch mehr zu, wie die loyale Haltung seines Sekretärs, die immerwährende Hingabebereitschaft des Zimmermädchens Camille oder die liebevolle und verständnisvolle Art seiner Frau Alice, die ihm mit ihrem unehelichen Töchterchen Baba das Leben schön zu machen sucht. Die Zartheit der Beziehung Maugins zu seiner Frau überrascht ihn selbst, wird jedoch schwer erschüttert durch eine plötzliche Konfrontation mit dem einstigen Liebhaber. Er bricht Verträge, verläßt die Bühnenbretter - einer Flucht gleicht sein Aufbruch aus Paris ans Meer. Doch auch hier findet er nicht das traute Familienleben im weißen Haus mit den grünen Fensterläden. Er wird zum Fischer ohne Überzeugung, schwankt auf den Schiffsbohlen nicht wegen der Wellen und verbrennt ungeschützt innen und außen. Ein Angelhaken fällt diesen Baum von Mann. In seinen letzten Minuten begreift er seinen Weg, durchschaut endlich sich selbst und hofft, noch rechtzeitig anzukommen….

    Ich habe das Buch innerhalb zweier Tage gelesen. Ohne dass der Autor eine tatsächliche Spannung aufbauen würde, verdichtet sich die Geschichte immer mehr. Sie hat mich gefangen genommen. Und am Ende fragt man sich erschüttert, wie man wohl selbst mit dem eigenen Weg umgeht.
    Zur Unterhaltung wohl weniger, zum Nachdenken besser geeignet.

    Hallo Ihr alle!
    Ich bin ganz neu hier und habe eben voller Interesse eure Anmerkungen zu Pascal Merciers "Nachtzug nach Lissabon" verfolgt.
    Bei mir ist es zwar schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe, so teile ich doch in allen Punkten die Begeisterung tinas. Auch für mich war es überwältigend, auch in mir ist so viel passiert, hat es mich zu so vielem angeregt, auch meine Phantasie... Und ganz bestimmt werde ich es öfter lesen. Was ich gut kann, da mir ein lieber Freund ein gebundenes Exemplar geschenkt hat....!!!
    "Ein abschliessendes, rundes Bild dieses Menschen habe ich aber am Ende immer noch nicht vor Augen" - Ich tu mir schwer damit, mir von egal welchem Menschen ein abschließendes Bild zu machen, das keine Fragen oder Unsicherheiten offen läßt, weder im wirklichen Leben noch in Büchern. Gelingt das wirklich?
    Ich liebe Autoren, die mir noch Platz für mich und meine Gedanken lassen.
    Eure angeregte Diskussion jedenfalls scheint mir ein Indiz dafür, dass das Buch keinen kalt läßt.
    Grüße, Hittl