Sabine Ebert: Die Spur der Hebamme
Im zweiten Teil der Geschichte um Marthe und Christian kommt es knüppeldick, was Intrigen, Verleumdungen, Verwicklungen, Gefahren und Kämpfe betrifft. So viele gefährliche Situationen und knappes Entrinnen daraus, Rettungen in letzter Sekunde, unwahrscheinliche Genesungen (einschließlich des mehrfachen (dreimal!!) Wiedererscheinens Totgeglaubter), Gewalt und Folter, so derart böse Menschen und auf der anderen Seite herzensgute und treue wie in diesem Buch sind mir selten zuvor begegnet. Hier trägt Frau Ebert sehr dick auf. Stellenweise fand ich es regelrecht deprimierend, wie zu dem Unheil, das über die Hauptpersonen hereinbricht, noch eins und noch eins draufkommt... Trotzdem verliert man nie die Überzeugung, daß am Ende schon alles gut ausgehen wird.
Mir sind weniger Ungereimtheiten als im ersten Teil aufgefallen. Trotzdem kann ich sie hier nicht alle anführen.
Nicht überzeugend begründet fand ich z.B. das Handeln Ekkeharts (Motto: der Hauptperson darf nichts passieren, und sei es noch so an den Haaren herbeigezogen), und ebensowenig hat mich überzeugt
wie Markgraf Otto jahrelang Randolf trotz aller Querelen für einen seiner getreuesten Ritter hält, und sich dann durch die Aussage eines KNAPPEN ganz schnell vom Gegenteil überzeugen läßt. Die Hinweise auf seinen Verrat mit dem Silbertransport wogen meines Erachtens deutlich schwerer.
Krönender unglaubwürdiger Abschluß:
wie Christian, gerade eben halb bewußtlos aus wochenlanger Folter gerettet, nach einem kräftezehrenden Gewaltritt, bei dem er anfangs kaum auf dem Pferd sitzen kann, dann plötzlich am Hofe Ottos von Meißen wieder ganz normal agiert und 2 Tage später den ausgeruhten, kräftigen Randolf im Schwertkampf mit zwei Hieben besiegt.
Zum Glück spielen Marthes "Ahnungen" eine geringere Rolle als in Teil 1. Der Schreibstil ist auch besser geworden und es werden alle Verwicklungen am Schluß des Buches dann auch zu einem halbwegs befriedigenden (abgesehen von den oben kritisierten Dingen) Ende hin aufgelöst. Das Buch ist so flüssig zu lesen, daß ich es in etwas mehr als einem Tag geschafft habe.
Die "große" Reichspolitik nimmt, gegen Endes des Buches, einen etwas breiteren Raum ein als in Teil 1. Trotzdem hätte ich mir auch hier gewünscht, noch genauer über historische Hintergründe und die Stadt- und Bergbauentwicklung zu lesen. So ist es in meinen Augen kein historischer Roman, sondern ein Liebes- und Intrigenroman vor historischer Kulisse. Es fehlt auch eine Persönlichkeitsentwicklung der Protagonisten.
Auch dieses Buch kann sicher als unterhaltsam bezeichnet werden, wenn man nicht gerade allzusehr in die Tiefe gehen möchte. Ich bewerte es, mit viel gutem Willen, mit zwei Leseratten, eine für die Unterhaltung und eine für den gegenüber Teil 1 besseren Schreibstil.
Mal sehen ob ich den dritten Teil auch noch lesen werde. Sagt mir Bescheid, wenn ihr hier eine Leserunde macht.
Viele Grüße,
Katja
P.S. Ich habe übrigens den Titel des Buches nicht ganz verstanden. Was genau ist mit "Spur" gemeint??