Beiträge von Tamlin

    @ Tina:


    Beim Empfehlen möchte ich mir nicht die Finger verbrennen, aber drei Bücher kann ich Dir nennen, von denen eines allerdings schon etwas älter ist - informativ, aber sehr theoretisch (kaum Bildbeispiele).


    (1) Andreas Feininger, Das Buch der Farbphotographie. Düsseldorf 1959 Econ Verlag.



    Sehr viele Bilder enthalten dafür die Werke von John Hedgecoe:


    (2a) John Hedgecoe, Die Kunst der Farbfotografie. Stuttgart 1989 (1979). Unipart Verlag.


    (2b) John Hedgecoe, Fotografie für Könner. Stuttgart 1989 (1982). Unipart Verlag.



    Möglich, daß diese Bücher/Bildbände vergriffen sind, aber er hat eine ganze Anzahl weiterer Bücher verfaßt und einige davon sind bestimmt noch im Handel erhältlich.

    @ Dania:


    Deinem Urteil schließe ich mich an, würde aber unbedingt noch Picknick mit Bären hinzufügen. :breitgrins:



    Im SUB ruht dagegen Eine kurze Geschichte von fast allem, das ich noch nicht beurteilen kann, weil ich es noch nicht gelesen habe. :rollen:

    @ Nimue:


    Andererseits ist es auch nicht verboten, zu argumentieren, daß es gut ist, Kinder und Jugendliche frühzeitig mit dem Ernst des Lebens vertraut zu machen und darauf vorzubereiten, daß die Welt unbarmherzig ist und grausam sein kann.
    Von einem Psychologen stammt ein pädagogisch für wertvoll gehaltenes Kinderbuch mit lustigen Geschichten und drolligen Zeichnungen für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren, in dem es u.a. um Hungertod, Verbrennung und Verstümmelung geht.
    Die etwas Älteren finden sicher Anregung in dem Werk eines stud. Maschinenbauers, in dem sich Kinder als Tierquäler profilieren und ein Sprengstoffattentat verüben. Immerhin bleiben die Missetaten der jugendlichen Straftäter nicht ungesühnt, denn sie werden verhackstückelt und an fleischfressendes Geflügel verfüttert.
    Man mag heute den pädagogischen Gehalt dieser Klassiker anzweifeln, doch wurde bisher nicht dementiert, daß Kinder und Jugendliche an diesen Werken viel Spaß haben und auch die meisten Erwachsenen diese Lektüre für empfehlenswert halten.

    @ Zoltar:


    Meines Erachtens täuscht Du Dich nicht. Ich kenne von Haldeman:
    - Der ewige Krieg
    - Der ewige Friede
    - Am Ende des Krieges (eine Art Fortsetzung von *Der ewige Krieg*)


    *Der ewige Friede* ist auf seine Art nicht schlecht, kommt aber lange nicht an den *ewigen Krieg* heran. Und *Am Ende des Krieges* ist eine wenig inspirierte Flickschusterei, die sich nicht recht zwischen Spaceopera und Pionierweltjeremiade, gewürzt mit Veteranenkatzenjammer entscheiden kann und sich zudem in Richtung praktischer Gotteserfahrung produziert. Ich fand das Buch sehr enttäuschend.



    Sehr gut ist hingegen die dreibändige Comic-Adaption *Der ewige Krieg* (-Die Tauren-; -Rückkehr in die Zukunft-; -Index-) von Joe Haldeman (Text) und Marvano (Zeichnung), erschienen bei ComicArt. :breitgrins:

    @ Arwen:


    Ich kann Dir drei ebenso fundierte wie gut geschriebene und interessant zu lesende Bücher nennen, doch sind diese Untersuchungen vielleicht schon etwas zu speziell für das, was Du wahrscheinlich suchst?



    (1) Philippe Reliquet, Ritter, Tod und Teufel. Gilles de Rais: Monster, Märtyrer, Weggefährte Jeanne d' Arcs.
    (frz. 1982 bei Belfond; dt. München/Zürich 1984 bei Artemis; München 1990 bei dtv)


    [Klappentext: Am 26. Oktober 1440 wird in Nantes nach einem Inquisitionsprozeß ein Mann hingerichtet, überführt einer Unzahl sadistischer Verbrechen: Gilles de Rais. Wer war dieser Mann, dessen Name bis heute eine ungebrochene Faszination ausstrahlt? Gilles de Rais: ein hoher Feudalherr des Spätmittelalters, Waffengefährte der Jeanne d' Arc bei der Eroberung von Orléans und Marschall von Frankreich. Ein prunksüchtiger Verschwender, der nach dem Tod Johannas innerhalb weniger Jahre ein immenses Vermögen verschleudert und sich in Ausschweifungen aller Art zugrunde richtet. Ein Alchemist und Teufelsbeschwörer, der sich im Taumel des Untergangs an die Schwarze Magie klammert. Als Häretiker, Homosexueller und Sadist Angeklagter der Inquisition in einem der größten Schauprozesse des Mittelalters - an dem sich Fürsten und Prälaten gleichermaßen bereichern. Reuiger und demütiger Büßer schließlich, dessen erbaulicher Tod der Kirche jahrhundertelang zu Propagandazwecken diente.
    Zum ersten Mal nimmt nun der französische Historiker Philippe Reliquet die Geschichte dieses facettenreichen Mannes zum Ausgangspunkt eines faszinierenden Tableaus des späten Mittelalters. Eine Zeit des Umbruchs und tiefer Krisen wird lebendig. Kernpunkt seiner Analyse ist das politische Kräftespiel, das im Prozeß gegen Gilles de Rais sichtbar wird. Das Urteil über den Sadisten und Massenmörder ist unwiderruflich. Doch selbst in seinen Widersprüchen und Exzessen wirft Gilles de Rais ein Schlaglicht auf eine der erregendsten Epochen unserer Geschichte.]



    (2) Emmanuel LeRoy Ladurie, Montaillou - Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 - 1324.
    (frz. Paris 1975 bei Gallimard; dt: Frankfurt/Berlin 1989 bei Ullstein Sachbuch).


    [Klappentext: Im Jahr 1320 eröffnete der Bischof von Parmier als Inquisitor eine Untersuchung zur Überprüfung der Rechtgläubigkeit der Bewohner des Pyrenäen-Dorfes Montaillou. An der Rechtgläubigkeit bestanden Zweifel, und die Untersuchung ergab: Es gab Ketzer in Montaillou. Der Inquisitor besaß nicht nur ein Gespür für verheimlichte Zusammenhänge, sondern er war auch mit der nichts außer acht lassenden Neugier eines Ethnographen begabt. So wurde in den Akten der Inquisition der Alltag von Montaillou lebendig. Familienleben und Kultur, die Kämpfe bäuerlicher Geheimbünde, Zauberei und Erlösungssucht, Irreligiosität und Ketzerei, Moral und Verbrechen.]



    (3) Ernst Schubert, Alltag im Mittelalter - Natürliches Lebensumfeld und menschliches Miteinander.
    (Darmstadt 2002 bei WBG)


    [Klappentext: Von Wäldern und Abwässern im deutschen Mittelalter, vom Fluchen und von Liebe handelt unter anderem dieses Buch. Die leitende Frage ist, wie die Menschen überleben konnten, wie sie sich mit ihrer Umwelt, wie sie sich miteinander auseinandersetzten.
    Wenn von scheinbar so weit auseinanderliegenden Sachverhalten wie dem Unrat auf den Straßen und der Gotteslästerung berichtet wird, so geht es neben der Bilanzierung der Erkenntnisfortschritte, welche die Alltagsgeschichte erreicht hat, auch um die Verbindung verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen von der Historischen Geographie über die Mentalitätsgeschichte bis zur jungen Umweltgeschichte. Der Verfasser bemühte sich - gleichsam als Bote zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen - um Verständlichkeit; denn angesichts der Spezialisierung wissenschaftlicher Disziplinen erscheint ihm der Gegensatz zwischen Wissenschaftler und der unbekannten Gestalt des "interessierten Laien" unwissenschaftlich. Außerhalb seiner Spezialgebiete ist jeder Gelehrte Laie.
    Nicht nur das einläßlich behandelte Thema der Liebe belegt: Die Menschen im Mittelalter gingen ganz "unmittelalterlich" miteinander um.]

    @ Iris:


    Das Problem liegt weniger in dem Nichtwollen der Autoren oder dem der Verlage, sondern vielmehr darin, daß es ohne genügend schriftliche Primär- und Sekundärliteratur sehr schwierig ist, sich wirklich so in die geistige Vorstellungswelt vergangener Zeiten einzufühlen, daß das entstehende Bild (Handlung) frei nach Kästner *wahr* in dem Sinne ist, daß die Geschichte genau so, wie sie berichtet wird, wirklich hätte passieren können.


    Über eine Zeit kann noch soviel an gesicherten archäologischen Fakten bekannt sein - an einem bestimmten Punkt müssen sich Autoren trotzdem entscheiden. Entweder pfeifen sie zugunsten lebendiger Schilderung auf möglichst authentische Darstellung ODER sie riskieren zugunsten wahrhafter Darstellung, daß ihre Schilderungen holprig und hölzern wirken (können).


    Lindsay Davis schreibt süffige, romantisch angehauchte Detektivgeschichten, die in der flavischen Kaiserzeit spielen, aber ihre Römer sind Operettenrömer. Sie stattet ihre Figuren nur mit römischen Requisiten aus, würde man diese austauschen, könnten die Geschichten auch in jeder anderen Zeit spielen oder in einem Fantasyreich angesiedelt sein. :rollen:
    John Maddox Roberts hingegen hält sich strikt an gesicherte Grundlagen, was Leser aus Fachkreisen entzückt, aber das breite Lesepublikum bemängelt dabei, daß die Motive und Handlungsweisen seiner Figuren oft recht schlicht wirken und manches redundant wird. :smile:


    Bei den Kelten nun kommen verschiedene Probleme zusammen. Über die Zeit und Lebensweise ist zwar vieles bekannt, aber die geistige Vorstellungswelt spiegelt sich nur in der materiellen Kultur, nicht aber in eigenen Schriftquellen wieder.
    Alle antiken Erwähnungen und Schilderungen zu den Kelten stammen von römischen und griechischen Schriftstellern - das Bild von ihnen ist je nach Intention des Autors eingefärbt oder selektiv gefiltert und insgesamt eher spärlich.
    Die sog. keltische Literatur (Sagen/Märchen) entstand erst im frühen Mittelalter - sie fußt zwar teilweise auf älteren mündlichen Erzähltraditionen und einige der dargestellten Motive lassen sich auch archäologisch erhärten, aber das Problem dabei ist, daß die keltischen Sagen alle in Irland und Großbritannien angesiedelt sind und sich nur bedingt auf den europäischen Kontinent übertragen lassen.


    Jeder Schriftsteller, der glaubwürdig über Kelten so um Christi Geburt (+/- 100 Jahre aufwärts/abwärts) in Deutschland/Österreich/Schweiz schreiben wollen würde, stünde vor zwei Problemen.
    Einerseits müßte er sich sorgfältig mit den archäologischen Erkenntnissen zu der jeweiligen Region auseinandersetzen, wenn er nicht ständig ins Fettnäpfchen treten will - viel Manöverraum für dichterische Freiheit besteht also nicht.
    Andererseits wird er geradezu erdrückt durch Schriftquellen zu den Kelten, die aber entweder nicht von ihnen oder aus späterer Zeit oder aus entlegenen Regionen stammen - das kunterbunt zusammengesetzte Keltenbild in der Literatur bringt keine Klarheit, sondern stellt eher einen zusätzlichen Hemmschuh dar.




    @ Zoltar:


    Falls Du auch Bücher aus der Sparte Kinder-/Jugendbuch miteinbeziehen willst, wäre *Josef C. Grund / Die Stadt der Pferdegöttin* zu nennen sowie diverse Bücher der englischen Autorin *Rosemary Sutcliffe*, deren Romane allerdings in Groß Britannien und Irland angesiedelt sind.


    Ungern und mit sehr gemischten Gefühlen verweise ich Dich auf den deutschen Autor *Bernhard von Mücklich* und seine zwei Romane:
    - Der zweite Ring
    - Die letzten Tage der Kelten
    (Ursprünglich hieß das Buch, glaube ich: *Die letzten Tage des Ebers - Vercingetorix und die letzten Tage der Kelten*)?


    Der Autor ist ein sentimentaler Schwärmer, der sich trotz einzelner guter Ansätze meist mehr von seiner eigenen Begeisterung hinreißen läßt als ordentlich zu recherchieren. Und wer nicht gerade etwas für pathetisch-kitschige Figurenzeichnung á la Heimatroman übrig hat, der wird beim Lesen diverse Male knirschend in die Tischkante beißen. :grmpf:

    @ Saltanah & Pandora:


    (1) *Wir sind aufs Hexen ganz versessen* IST der alte deutsche Titel von *Charmed Life = Neun Leben für den Zauberer*.



    (2) Was findet ihr am Ende von *Feuer und Schierling* denn so mysteriös oder unverständlich??


    Das Buch ist nicht nur eine moderne Adaption der beiden zugrundeliegenden Märchen/Sagen, sondern auch deren Synthese, wobei einzelne Motive der beiden Vorlagen neu interpretiert werden.
    Am Ende wird konsequent ein erzählerisches Prinzip fortgesetzt, das im ganzen Buch zum Tragen kommt - vieles kommt sehr indirekt in versteckten oder verschlüsselten Anspielungen zum Ausdruck, manches bleibt deshalb ungesagt.


    Der deutsche Leser hat jedoch das Problem, daß sowohl die zugrundeliegenden Märchen als auch die in den Anspielungen reflektierten Sprachbilder und literarischen Bezugspunkte im deutschen Sprachraum kaum bekannt sind und darum im Mitdenken beim Lesen keine automatische Resonanz finden.


    Die am Ende präsentierte Lösung ist spitzfindig, aber in Wahrheit ist es nur ein Zwischenergebnis. Jones will darauf hinaus, daß die Grundproblematik zeitlose Gültigkeit besitzt - einerseits die der Beziehungen zwischen Laurel und Menschen, andererseits die der Beziehung zwischen den *Helden* Tom Lynne und den Polly.


    Es wird nicht ausgesprochen, aber nach Ablauf von 9 Jahren wird wieder ein Leichenzug die Straße entlangfahren und wenn sich Tom und Polly in ihrer Liebesbeziehung zueinander irgendwann nicht mehr auf gleicher Augenhöhe begegnen, könnte Tom eines Tages in dem Sarg liegen, denn sein Vertrag mit der Elfenkönigin (Laurel) wurde nur ausgesetzt, aber nicht aufgelöst. Anders als die Märchenfigur Janet haben Polly und Tom die Elfenkönigin nicht wirklich besiegt, sondern nur eine Art Waffenstillstand erreicht, dessen Dauer von ihnen selbst abhängt.


    Die Geschichte und damit auch das Ende beruht auf einer Synthese von zwei Märchen/Sagen:


    (1) Die Janet im Märchen verliebt sich in einen Elbenprinzen, der sich jedoch als Mensch herausstellt, der einst von der Elfenkönigin gefangen wurde und ihr verfiel. Janet befreit den Mann, den sie liebt, weil sie sich an ihn klammert und an ihm festhält - ihn buchstäblich durch diverse Verwandlungen mit den Händen festhält und ihn durch DAS, was sie aus Liebe tut, freikauft. Übertragen gesehen ist das ein Machtkampf zwischen Janet und der Elfenkönigin um den BESITZ von Tom.


    Mit diesem Begriff und der Frage, inwieweit man einen Menschen, den man liebt, besitzen kann, spielt Jones. Ist jemand zu lieben und ZU ihm zu gehören gleichbedeutend damit, diesem Jemand zu gehören? Und ist eine Liebe, die auf Abhängigkeit voneinander beruht, überhaupt wahre Liebe?
    Es geht die ganze Geschichte hindurch immer wieder um verschiedene Aspekte von *Besitzen* und *Benutzen* im Zusammenhang mit Beziehung und Liebe - und dazu gehören auch spitzfindige Nebenbedeutungen floskelhafter Aussagen IN Beziehungen wie *MEIN(e) Mann/Frau*.
    Besitzen/Benutzen ist auch die Grundlage der Bindung zwischen Laurel und Tom. Und Tom hinwiederum versucht bis fast zuletzt die Liebe von Polly zu ihm und damit auch Polly=Janet als Waffe gegen Laurel zu benutzen. Er verläßt sich darauf, daß sie ihn liebt = ihm gehört oder er ihr, was nicht ganz auf dasselbe hinausläuft.


    Diesem Besitzanspruch von Liebe und dem Benutztwerden oder Benutztwerdenkönnen erteilt Jones durch das ganze Buch hindurch immer wieder eine klare Absage. Daraus resultiert aber auch, daß die Methode von Janet als Lösung des Grundproblems nicht infrage kommt. Tom Lynne kann weder sich auf diese Weise retten noch von Polly so gerettet werden.


    Jones Lösung lautet, daß eine gemeinsame Zukunft der beiden möglich ist, aber NUR dann, wenn BEIDE akzeptieren, daß keiner dem anderen (als Besitz) gehört und sie gleichberechtigte Beziehungspartner werden - ohne deshalb (irgendwann) Besitzansprüche auf den anderen anzumelden. Weshalb man das Ende der Geschichte auch als Ergebnis einer erfolgreichen Emanzipation sehen könnte - Tom emanzipiert sich von Laurel, Polly emanzipiert sich von Tom, der seinerseits genötigt ist, das anzuerkennen und fürderhin zu respektieren.



    (2) Die zweite Version des Stoffes ist mehr eine Sage als ein Märchen. Der Lautenspieler Thomas Learmont gerät ins Elfenreich, dient (die üblichen) sieben Jahre der Elbenkönigin und kehrt dann in die Menschenwelt zurück. Als Dank für seine Dienste schenkt sie ihm zum Abschied einen Apfel, der den, der ihn verspeist in die Lage versetzt, niemals zu lügen. Und sie teilt ihm mit, daß sie ihn nicht für immer ziehen läßt, sondern eines Tages zu sich zurückrufen lassen wird und er ihrem Befehl dann folgen müsse. Thomas Learmont hält ihr Geschenk zunächst für eine zweifelhafte Gabe, aber sie bringt ihm späterhin viel Ruhm und Reichtum ein. Er wird als *Thomas-der-Reimer* bekannt, da er meist in Versen Prophezeiungen trifft, die sich immer als wahr herausstellen.
    Dennoch ist er in der Menschenwelt nie ganz glücklich und sehnt sich immer ins Elbenreich zurück. Und deshalb folgt er auch frohen Mutes den Boten, die die Königin ihm eines Tages sendet und verschwindet auf immer.


    Jones Adaption basiert sehr stark auf der zweiten, thomaszentrierten Vorlage, aber sie verbindet sie mit der märchenhaften janetzentrierten Version, indem sie Variationen einbaut, die eben ein Ende ermöglichen, in dem Tom Lynne und Polly die Elfenkönigin Laurel austricksen.


    Ein zentrales Motiv ist *Betrug/Täuschung* als Vergehen gegenüber dem Grundgebot zu *sportlicher Fairness*, was in der englischen Erzähltradition und deshalb auch im Bewußtsein des Lesers eng mit dem literarischen Sprachbild vom *Betrogenen Betrüger* verknüpft ist.
    Anders als in den Vorlagen schließt Tom nicht freiwillig einen Vertrag mit der Elfenkönigin oder wird dazu verführt, sondern andere schließen den Vertrag über ihn ab - er akzeptiert zwar die Konsequenzen, aber dadurch, daß sowohl die Grundabmachung nicht *fair* zustandekam als auch andere Akteure die Spielregeln brachen, eröffnen sich ihm Möglichkeiten, sich von Laurel zu distanzieren und sich letzlich aus eigener Kraft aus dem Vertrag zu winden oder zumindest ein Patt (Waffenstillstand) zu erreichen.


    Anders als in den Vorlagen arbeitet Laurel auf verschiedenen Ebenen mit Betrugsmanövern - *sie spielt nicht fair*. Ihre Gabe an Tom ist ein Geschenk mit Pferdefuß, das sich darum letztlich wider sie kehrt - Laurel wird zur um ihre Beute betrogenen Betrügerin.....

    Die Borribles erinnern nur deshalb an Figuren aus Dickens Romanen, weil sie als in perfekter Anarchie lebende Straßenkinder gewissermaßen zeitlos sind und die ältesten - wenn die Ohren nicht gekappt werden, sind sie unsterblich und bleiben Kinder - in der Zeit von Dickens geboren sein könnten und damals schon verborribelt wurden.


    Es ist auch keine Welt neben der uns bekannten, sondern eine geheime Subkultur IN der uns bekannten Welt - oder auch eine Gegenkultur zu der uns bekannten Welt. Auch wenn wohl kaum jemand sagen kann, er oder sie kenne apokalyptisch anmutende, ebenso triste wie sozial schwache Viertel englischer Industriestädte aus eigener Anschauung.


    Das ist ja gerade das Faszinierende an Michael DeLarrbeitis Triologie, daß die Geschichte in einer realistisch geschilderten, modernen Welt spielt. Phantasiegestalten sind nur die Borribles, die sich in dieser Welt bewegen und sich mit ihr und ihren Gefahren auseinanderzusetzen haben. Und zu diesen Gefahren gehören manche Erwachsene, die wissen, daß es Borribles gibt.


    Doch selbst die Borribles sind im Grunde ja Kinder oder waren mal welche, bis sie sich verborribelt haben und nun für immer Kinder bleiben, allerdings sehr erwachsen wirkende und handelnde Kinder.
    So bleiben als annähernde Vertreter von Fantasy nur die rattenähnlichen Rumbels übrig, die andererseits aber recht modern sind und in einer realistischen Welt wohnen.

    @ Grisel:


    Als ehemaliger kleiner Junge kann ich mit Stolz von mir behaupten, niemals eine Pferdebuchphase durchlaufen zu haben - insbesondere keine Reiterhofpferdebuchphase/Mädchenpferdebuchphase. :breitgrins:
    Ob ich die Bücher aus den Regalen meiner Schwestern heimlich gelesen habe, darüber verweigere ich ohne Hinzuziehung meines Anwalts jede Aussage..... :redface:


    Doch *Blitz* würde ich nun nie und nimmer in diese Sparte einordnen. Ich kenne allerdings nur *Blitz legt los*, das eines der letzten Bücher dieser Serie gewesen sein könnte? Darin ging es nur um Pferderennsport und die einzige romantische Note war die der Beziehung zwischen zwei Pferden.


    Ansonsten gab es ja durchaus auch jungszentrierte Bücher, in denen das eine oder andere Pferd vorkam:
    - H.M. Denneberg / Jan und das Wildpferd
    - Logan Forster / Sturmwolke
    - Glenn Balch / King - König der Wildpferde
    - Kelman Frost / Der Wüstenhengst
    - Keith Robertson / Der Gespensterreiter


    Obwohl ich einräume, daß wohl nur die ersten zwei Kinderbücher sind, die letzteren zwei Jugendbücher und ich Balch aus den Bücherregalen meiner Eltern stibitzt habe.

    @ Valentine:


    Stell Dir vor, es gab sogar mal einen anderen Jugendbuchhelden namens **Harry**..... :breitgrins:


    Irgendwann in den 70ern erschienen - ein deutsches Jugendbuch mit dem Titel *Harry und die Hochhausdetektive*.
    Autor/Autorin weiß ich nicht mehr (müßte mal suchen gehen), aber wenn mich nicht alles täuscht, gab es zu diesem *Harry* mehr als nur dieses eine Buch.




    @ Alle:


    Astrid Lindgren wurde seinerzeit für das Ende der *Brüder Löwenherz* scharf kritisiert mit dem Argument, sie würde hier Selbstmord beschönigen oder verherrlichen.
    Wahrscheinlich stammte die Kritik aus ähnlich besorgten christlichen Kreisen, die Preußler dafür attackierten, weil er eine Hexe - also etwas an sich Verwerfliches - zur Heldin und Identifikationsfigur für Kinder gemacht hatte..... :rollen:


    Mich hat diese Kritik an Lindgren immer erstaunt, da ich bis dahin den Schluß der *Brüder Löwenherz* nicht mit einer Darstellung von Selbstmord in Verbindung gebracht hatte und das auch heute noch nicht tue. Obwohl man, sofern man seine Phantasie überstrapaziert, das Ende tatsächlich so sehen kann.


    Doch im Buch und der werkgetreuen, wunderbaren Verfilmung gleichermaßen geht es zwar u.a. um Tod und Sterben, aber gerade am Ende geht es um den fast magischen Übergang zu einem weiteren Leben und nicht um eine Verherrlichung des Todes.

    @ Nimue:


    Daß Tintenherz als erster Teil einer Triologie angelegt ist - was ich bisher nicht wußte - würde natürlich so einiges an der Häufung von Ungereimtheiten und offenbleibenden Fragen, vor allem im zweiten Teil des Buches, erklären.


    Der erste Teil des Romans ist sehr intensiv geschrieben und fesselnd zu lesen, doch in der zweiten Hälfte lahmt die Handlung und es knarzt oft bedenklich in der inneren Logik. Trotz gleichbleibender Qualität der Sprache gerät vieles zur skizzenhaften Aneinanderreihung isolierter Momentaufnahmen.


    Dein Urteil bzgl. angeblichen Fehlens sinnloser Brutalität vermag ich nicht so ganz zu teilen. Gibt es etwas grausameres und sinnloseres als Bücherverbrennung?
    Allerdings trägt zugebenermaßen Capricorn und das von ihm errichtete Schreckensregiment aus mafiösen und gestapoähnlichen Elementen operettenhafte Züge, die aus ihm und seinen Schergen mehr eine Art satanisch angehauchte Kasperlfiguren machen denn notorische Kriminelle.

    @ Alle:


    Das Schwierige bei Lieblingsbüchern von Kästner ist, daß man die Kinderbücher von den heiteren Erwachsenenromanen und den augenzwinkernd-ernsten Satiren (z.B. *Die Schule der Diktatoren*) und Gedichten (z.B. *Dr. Kästners Lyrische Hausapotheke*) trennen müßte und diese dann von den noch ernsteren Zeitnotizen (z.B. **Notabene 45**) um schließlich zum **Fabian** zu gelangen.


    Bei den Kinderbüchern haben mich immer die übertrieben moralischen Untertöne etwas gestört und ich mag deshalb vor allem jene, die diese Züge nicht so stark aufweisen:
    - Die Konferenz der Tiere
    - Der kleine Mann
    - Der kleine Mann und die kleine Miss


    Bei den heiteren Erwachsenenromanen werde ich zwar *Die verschwundene Miniatur* immer in Ehren halten, aber meine Lieblingsbücher sind:
    - Der kleine Grenzverkehr
    - Drei Männer im Schnee
    - Der Zauberlehrling [ein posthum erschienenes, leider unvollendet gebliebenes Fragment]

    @ Hans-Olo:


    **Berliner Jung**..... :rollen:


    In Hamburg an der Alster?? :breitgrins:


    [(Dort spielt der Roman nämlich.....)]



    Aber Deine Assoziation ist verständlich, denn "Gepäckschein 666" weist etliche offensichtliche Parallelen zu Kästners "Emil und die Detektive" auf und dieses Buch spielt ja tatsächlich größtenteils in Berlin.