Beiträge von Alice

    Doris, ich geb Dir recht - Mimi bleibt natürlich blass, weil das hier so sein soll.
    Und die Bezeichnung "leere Hüllen" geht auch mir etwas zu weit (zu meinen "Prototypen" steh ich eher), da das, was ich eigentlich vermisse (ja schon von Anfang an, Du hast mich dazu gebracht, da noch mal dran zu denken..), eher eine glaubhafte Darstellung von (irgendwelchen!) inneren Beziehungen zwischen Personen (von denen fast jeder Roman eigentlich lebt!!) ist als die Darstellung der Personen selbst (die rein selbstbezogenen Gedanken jeder Person werden ja durchaus dargestellt..).


    Oder der Sinn ist, dass einfach "jeder eine Insel" ist in diesem Roman??


    Die Fälle, wo eine Darstellung von inneren Beziehungen zu anderen Personen (auch negativen!) ansatzweise stattfindet, sind in meinen Augen entweder ziemlich "clumsy" (z.B. Melzers Bild von Asta oder positive Gefühle bei Melzer Stangeler gegenüber) oder es wird einfach nur ausgesagt, dass da etwas existiert oder "ein Kuss appliziert" - dafür braucht es aber keine "Schöne Literatur" (in der so etwas subtiler möglich ist). So etwas ist Literatur nur für den Kopf - mein Gemüt erreicht es nicht. Mir fehlt da einfach was bei diesem Buch..


    Bei anderen Themen kann er's ja aber.. ist er bei denen einfach innerlich stärker beteiligt? Es braucht eben mMn eine gewisse Leidenschaft des Autors für sein Sujet, eben diese gewisse "positive innere Beteiligung", damit er glaubhaft darüber schreiben kann (Doderer betrachtet seine Charaktere eher wie Ameisen unter einer Lupe..) - da hilft alle literarische Kunst ansonsten nicht.
    Aber vielleicht bin ich ja auch einfach nur zu dumm für das Buch.. :-/
    Was ist die Funktion eines Romans??

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    Mamen Sánchez - Die schönste Art, sein Herz zu verlieren (2015 ; 360 S.)


    (offizielle Inhaltsangabe durch Klick auf den Link..)


    Endlich mal ein Unterhaltungsroman, bei dem die Autorin auch aus dem Mittelmeerland stammt, in dem er spielt!
    Irgendwie macht das doch einen Unterschied - die Atmosphäre in Madrid und Granada erscheint doch um Einiges authentischer als noch so gut angelesene oder "eingefühlte" Informationen..


    Das Buch war in Spanien wohl ein Bombenerfolg - es lebt vor allem von den Kulturunterschieden zwischen England und Spanien einerseits und Stadt- und Landleben andererseits. (Nicht nur) eine schöne Liebesgeschichte ist eingebettet in die Handlung rund um einen literarischen Verlag - ein bisschen "kriminelle Action" am Rande würzt das Ganze zusätzlich.


    Der Stil ist amüsant, gut lesbar, locker und trotzdem nicht "unanspruchsvoll" - der Ton ein ganz spezieller Erzählton, der sich öfters auch in die literarische Vogelperspektive erhebt.
    Meiner Meinung wirklich empfehlenswert für ein paar gemütliche und entspannende Lesestunden - das Buch ist definitiv besser als der etwas "beliebige" deutsche Titel suggeriert!" :smile:


    4ratten in seiner Sparte

    Ich habe nach ca. 150 Seiten des 4. Teils pausiert und stecke etwas fest, da weder die Handlung noch die Sprache mich gerade fesseln können. Die Mischung aus (für mich?) ziemlich unspannenden und teilweise bis jetzt (?) auch relativ unmotiviert erscheinenden Intrigen und Klatsch langweilt mich, da keine der teilnehmenden Personen mich irgendwie wirklich bewegt, und da das Ganze weder im Rahmen oder Zusammenhang der Stadt noch in der Natur stattfindet, sondern sich in relativ ermüdenden Dialogen abspielt, findet auch stilistisch wenig statt. Da Mimi eher blass erscheint, bleibt mir auch ihre "leidende" Rolle relativ fern.


    Ich habe gefunden, dass einige der Diskutierenden im Vorgängerthread die Darstellung der Personen ähnlich wie ich ("Prototypen", s.v. ..) empfunden haben.. (andere vermuten übrigens wohl gerade in diesem Vorgehen einen "Kunstgriff" Doderers..).
    Durch diese Distanz von Autor und Leser von den meisten Figuren bleibt das Ganze für mich eben relativ.. blutleer. Personentechnisch irgendwie "seelenlos". Leidenschaftslos. .. und ich tu mich gerade schwer, dem Roman innerlich "nahezubleiben".


    (Ich zitiere jetzt mal ohne direkte Namensnennungen aus den Seiten 6 u. 7 des alten Leserundenthreads..)


    "Zu den Figuren: Für mich ist lediglich René greifbar, das soll ja auch Doderer selber sein, alle anderen sind Klischees, Hüllen, Prinzipien."


    "Denn mir mangelt die Stiege an natürlichen Figuren. Vielleicht sind es alles nur Trópois? Alles Kunstfiguren oder Prinzipien? Gerade auch diese Editha spiegelt mir das Prinzip der Verführung,.."


    "Ja, das stimmt schon, nur das sind hier irgendwelche Gespinste, völlig leere Hüllen ... "


    "Ferner kommen mir fast alle Figuren so leer vor, da sie absolut einseitig sind. Leere Hüllen, da Lebendigkeit eigentlich immer auch den Spiegel/Widersprüche mit sich trägt."



    Was es gerade für mich brauchen würde, sind wieder mal ein paar der scharfsichtigen "allgemeinen Erkenntnisse" Doderers, die mich bisher bei der Stange gehalten haben - oder eine schöne "atmosphärische Beschreibung".
    Hoffend auf so etwas und die eine oder andere "Auflösung" werde ich den Roman sicherlich zu Ende lesen und das dann auch nicht bereuen.


    (Seitenzahl korrigiert - sorry..)

    Westwärts mit der Nacht (Beryl Markham) - 314 Seiten, Ersterscheinungsdatum 1942


    Beryl Markhams Buch stand jetzt schon seit einigen Jahren ungelesen in meinem Regal - sehr zu Unrecht zeitlich weggeschoben, wie sich herausgestellt hat. Ist es so, dass man jemandem, der ein so spannendes actionreiches Leben hatte, intuitiv schriftlich nicht automatisch die gleiche "Leistungsfähigkeit" zutraut?! Aber Begabungen sind eben nicht gerecht verteilt - bei einigen Personen "ballen" sie sich sozusagen massiv..


    Nicht nur ein tolles Leben, sondern auch ein tolles Buch also. Auch der Stil ist wundervoll ..mir fällt da gerade kein besseres Wort ein.. (das fand wohl auch Ernest Hemingway - kein Geringeres kommentiert auf dem Buchumschlag..) - kommt es doch bei einem guten Buch darauf an, interessante Gedanken in eine interessant lesbare Form zu bringen; dazu noch eine interessante Handlung ist dann für mich sozusagen erst die 3. Stufe - die aber hier unbedingt auch gegeben ist.


    Beryl Markham (1902-1986) hat fast ihr ganzes Leben in Afrika verbracht. Zwar ursprünglich aus privilegierter aber nicht reicher Familie musste sie sehr früh für sich selbst sorgen und tat dies durch das Trainieren von Rennpferden und als Buschpilotin. Wie nebenbei absolvierte sie "mittendrin" auch von England aus den ersten Nonstop-Flug über den Atlantik in Ost-West-Richtung (meist wird sie in diesem Zusammenhang genannt).
    Sie hat leider nicht viel veröffentlicht - aber dieses Buch liest sich so, als habe sie's getan. Ihr Schreibstil hat mir sehr gefallen - wortgewandt, aber nie gedrechselt, mit lakonischem Humor, aber auch nachdenklich und teilweise sehr gefühlvoll (aber nie sentimental oder selbstdarstellerisch) erzählt sie von Flügen durchs afrikanische Inland, von Pferden und Pferderennen, der Jagd*, ihren Mitmenschen in Britisch-Ostafrika und immer wieder vom Land Afrika selbst. *(manchmal muss man sich da vergegenwärtigen, in welchem Jahr das Buch herauskam..)
    Nicht nur ein (zeitlich aber noch nicht mal halber!) toll geschriebener Lebensbericht über ein abenteuerliches Leben, sondern ein echtes Zeitdokument. Es war eine echte Freude, es zu lesen. Darum


    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:


    (War aber echt geschockt über die Gebrauchtpreise, als ich's gerade mal nachgeguckt hab.. ich hab's vor ein paar Jahren noch für weniger als 10% davon gekauft..)

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    Isabel Coe - La Dolce Vita 2005, 280 S.


    Isabel erzählt die Geschichte ihrer internationalen Familie - der rote Faden dabei ist die Liebe zur Schokolade, die ihren Ursprung bei der Schweizer Urgroßmutter Fanny Hodler (übrigens einer Verwandten des Malers Ferdinand Hodler, dessen Bilder auch überall im Familientreffpunkt "Schonortli" hängen..) hat. Fannys jüngste Tochter heiratet einen Italiener und verlässt die Schweiz - sie wie später ihre älteste Tochter (in England) und danach auch die Enkelin Isabel (in Australien) finden Trost vor Heimweh und Erinnerung an ihre Kindheit in der Familie im Geschmack der vertrauten Schokoladenrezepte. Das italienische Bewusstsein für gutes Essen tut ein Übriges..


    Ein schönes, nostalgisches und sehr persönliches Buch über Familienzusammenhalt auch unter erschwerten Bedingungen, über die Kraft von Erinnerungen aus der Kindheit und - über Schokolade. Nicht zuletzt sind eine ganze Reihe Rezepte enthalten - Kuchen, Süßigkeiten...
    Liest sich gut und zügig, transportiert Einiges an Emotionen und ist in flüssigem, "unauffälligem" Stil geschrieben.


    4ratten

    Ich hab sie jetzt bis auf den neuen achten alle gelesen, dieser siebte lag zeitlich dabei ungefähr "mittig" - und er war der einzige, bei dem ich doch gelinde Zweifel an der technischen Machbarkeit einiger Details (Skelettpuzzle ohne PC, Details der beschriebenen künstlichen Hand..) hatte (SciFi??).. darum, und weil die Motive der Tat diesmal so besonders "fernab" liegen, nicht unbedingt mein Lieblingsband..


    Mir gefällt Vieles an Maurers Reihe - die "stimmigen" (aber nicht zu) originellen Figuren, die Details wie bandmäßig wechselnde Tierembleme und die einleitenden Wortdefinitionen (besonders gelungen bei Unterholz, fand ich..) sind super.. und auch die Sprache wächst einem irgendwie mit der Zeit richtig ans Herz.
    Ich kann außerdem versichern, dass viele der eventuell übertrieben erscheinenden lokalen Eigenheiten es durchaus nicht sind.. *g*

    Ich bemüh mich doch mal, ein paar Stellen zu zitieren, die mir in diesem Teil besonders gut gefallen haben (manchmal hab ich einen kleinen Bleistiftstrich an den Rand gemacht - leider nicht ganz konsequent..):
    (Ich schreib mal Seitenzahlen dazu, weil's gerade leicht geht - hoffe, wenigstens einige haben die gleichen..)



    Die folgende Stelle knüpft in ihrem Bild genau an eine vorherige an, die mir auch aufgefallen war und die ich jetzt nicht mehr finde, obwohl sie jemand von Euch auch schon zitiert hat, soweit ich mich erinnere (es ging darum, dass manchmal stille Wasser.. auch einfach flach sind, denke ich.. erinnert sich jemand??) :
    ".. anderen Ursprungs wie etwa die Wahrhaftigkeit ihres Mannes, welche sie sehr hoch anschlug: diese hier aber war im Vergleiche dazu kein klares Wasser, auf dessen Grund man die Steine sieht, sondern ein so seichtes, dass sie daraus hervorstanden." (dtv S. 383)


    Natürlich finde ich die Zihal'sche Nomenklatur eine wirklich nette Idee :
    ".. ein Chemiker würde Verbindungen von solchem Salze Zihaloide, ein Botaniker derartige Gewächse Zihaloideen benennen." (dtv S. 392)


    Die uterale Raison der Frauen, die verschiedentlich auftaucht, entspricht wohl der Auffassung des Zeitgeistes?! (Das weibliche Denken ist ja erst neuerdings höhergerutscht.. :rollen:)
    Das später so genannte negerhafte Staunen (S. 543) ist wohl ähnlich einzuordnen..
    Wie steht's mit: "Sie war längst 33, da wird man halt langsam ein Mann" (S. 435) ?? *g*


    Ein wirklich nettes Bild :smile: fand ich,
    "dass man sich das Leben mit überflüssigen Problemen vollstellt wie ein Fenster mit Kaktussen" (S. 419)


    Hellsichtig, wie Doderer für den Fall einer Scheidung bedenkt, dass
    "der Austausch ganzer Bauteile eines schon fortgeschrittenen Lebens immer riskiert bleibt, auch bei vortrefflichstem, ja verbesserndem Ersatze.." (S. 423)
    (Auch das Bild unmittelbar davor von der Lebensader, die abgeschnürt und kräftig durchblutet wird,
    "weil für's ganze Geflecht das Blut nicht mehr recht langt",
    ist auf etwas bösartige Art doch ziemlich gut..)


    Schön fand ich die Überlegungen zu den Ankunftszeiten von Zügen auf S. 446 unten.. (dass man in neueren Zeiten Schnelligkeit gegenüber der Bequemlichkeit der Kunden immer den Vorrang gibt..)


    "Das Nicht-Erwähnen einer Sache kann zur unbewussten Gepflogenheit werden" (S. 453)


    "Der Umweg .. über die Strudlhofstiege .. war für ihn unabweisbar" (S. 473)
    .. und auf den Seiten 490ff noch mal ein längerer Abschnitt über die Stiege selbst..


    .. der Abschnitt über männliche und weibliche Sprache auf S. 498 (dtv)..


    (Ist es nicht bezeichnened, wie sich gerade Stangeler und Melzer als Alter Egos des Doderer so sympathisch werden??)


    Schön der Vergleich von Editha und der ihm viel angenehmeren Asta mit ihrem jeweils früherem Selbst durch Melzer..
    Als er Asta eine für ihn wertvolle Erinnerung anvertraut, ist ihm denn auch
    ".. als hätte er ein Depot an den richtigen Ort gelegt."


    Super fand ich die Wendung "heillose spinatgrüne Erhabenheit" (S. 531)



    Ich hoffe, das ist jetzt nicht zu viel gewesen.. :-/ sollte auch ein wenig "Wiedergutmachung" dafür sein, dass ich dann doch ab und an so über das Buch meckere (.. und es sicher auch wieder tun werde.. ;) ) - ich weiß aber schon jetzt, dass es mir sicher nicht leid tun wird, es gelesen zu haben. :)

    Ist doch genau so gedacht mit der "Vierteilung", Doris - oder?
    Wer verfrüht "vorguckt", ist halt selbst schuld.. *g*
    (Ich empfinde die langsameren Leser übrigens kaum als "Schnecken", sondern gehe in mich, ob ich vlt viel zu oberflächlich lese?? :-/ )
    Ich für mein Teil freu mich über Deinen ersten Beitrag hier, Doris - dadurch steh ich nicht ganz so vorwitzig da.. und Du hast Recht: Es sollen ja auch spontane Eindrücke sein?! Daher:


    Ich bin erst gaaaanz am Anfang (*eigentlich* pausierte ich ja.. *g*), aber mir ist schon eine Stelle aufgefallen, die mir wieder sehr gut gefallen hat - also zitier ich die hier doch gleich mal:
    ".. Von Tugenden sich zu trennen, kann am Ende soviel Selbstverleugnung erfordern wie das Abscheiden von eingealteten Lastern (S. 563). .." (..*und die "Sinnumgebung" davon..)


    Witzig find ich auch solche Umschreibungen wie
    "Substitution ehelicher Fundamentalien durch deren Produkt"
    (..wenn die Tochter jetzt mit der Mutter im Ehebett schläft..)


    Gibt natürlich auch wieder einige der sehr bildhaften Stellen, die für mich bissi schief sind (übrigens natürlich nicht alle: Viele empfinde ich auch als sehr treffend, aber manche hören sich erst mal toll an - und dann beginne ich doch zu zweifeln.. *g*):
    "Man ging hier in der milden Sonne wie in Milch aufgelöst"
    NEIN. Milch ist ja doch.. eher sehr "dunstig" :breitgrins:. Bei so was bricht dann wohl einfach der Naturwissenschaftler in mir durch - *sorry*.


    (Danach geht's dann zu Paulas Verwandtschaft in einem Zusammenhang, der mich sehr ermüdet und ein wenig gelangweilt hat - da muss ich dann wohl irgendwann drüber.. wie gut, dass ich Euch hab.. :) )

    Wir schreiten weiter im Weben des Netzes - R. Stangeler und Melzer werden als Hauptpersonen und Alter Egos des Autors sichtbarer, weitere Ankerpunkte der Handlung im späteren Teil des 3. Abschnitt sind Editha, Etelka und Asta.
    Am Anfang des 3. Abschnitts spielen Paula und ihr Umfeld eine größere Rolle (Auftritt und Charakterisierung von Thea; der Mieter wird zur Definitionsgrundlage einer ganzen Wortfamilie..) - dann driftet die Handlung von ihnen weg, aber man ahnt schon, dass sie wahrscheinlich im letzten Abschnitt noch eine Rolle spielen werden.


    Im Reigen der Personen wird das Konzept des Romans für mich sichtbarer - ich hab es so empfunden, dass der handlungsmäßig zwar abwesende Krieg '14-'18 insofern eigentlich eine große Rolle spielt, als es gerade für die männlichen Protagonisten oft um das v.a. gefühlsmäßige Anknüpfen an die Zeit/eigene Person vor dem Krieg geht?! Die Erinnerungen an einige Erlebnisse vor dem Krieg tauchen immer wieder auf: Die Erlebnisse Melzers mit Laska, die Momente Stangelers an der Mühle und die Szenen auf dem Tennisplatz.. genau diese Szenen, die für mich beim Lesen des ersten Buchteils so verwirrend unmotiviert auftauchten.
    Auch "Die Stiege" wird immer mal wieder als Angelpunkt dargestellt.


    Etelka jongliert mit 4 Männern, Editha tut Ähnliches, aber um Einiges "innerlich unbeteiligter" - in Eulenberg hat sie ein "würdiges" Gegenüber..
    Asta und auch Paula bleiben weiter die am positivsten gezeichneten Frauen.
    Einiges wird aufgebaut, was wohl dann im 4. Abschnitt seine "Entladung" finden wird..


    (Ich habe gemerkt, dass ich mich leichter mit dem Roman tue, wenn ich größere Stücke "in einem Rutsch" lese - muss ich mich doch jedes Mal erst wieder "hineinlesen" - daher hab ich den 3. Abschnitt trotz einiger Zähigkeiten fertiggelesen und mach jetzt dann eine Pause.. Nach meiner längeren Lesepause musste ich z.B. erst noch mal nachsuchen, was denn zum 2. und was zum 3. Abschnitt gehört - hoffe, alles stimmt jetzt soweit..)


    Zu Stil und Art der Beschreibungen von Szene und Personen bleibt für mich das Meiste so, wie ich's bisher geschrieben hab - die Personen differenzieren sich glücklicherweise auch innerlich aber doch etwas mehr (bei so vielen Seiten kann das ja gar nicht ausbleiben.. ;) ). Seltsam leblos bleiben für mich immer noch die "Liebesbeziehungen" (trotz teilweise offensichtlicher Bemühungen des Autors), aber andere Qualitäten machen das dann durchaus wett.


    (Sollen wir "Lieblingsstellen" suchen und sammeln?)


    ..und auch wenn er auf die Strudlhofstiege zu sprechen kommt, geht er ins Detail. An einer Stelle, die ich natürlich nicht mehr weiß :redface:, kam sie mir vor wie der Übergang zwischen zwei Welten. Leider kann ich nicht mehr sagen, wodurch ich diesen Eindruck hatte, aber das kam sehr deutlich bei mir an.


    Auf den Seiten 330-331(2) betrachtet Melzer die Stiege und macht sie durch in-Zusammenhang-Setzen mit der Handlung quasi zu einer Art Hauptakteurin; auch endet der 2. Teil mit einer Bemerkung über die Stiege und deren "genius loci".
    An die Sache mit der (nicht nur räumlichen) Trennung von oben und unten durch sie kann ich mich auch erinnern - das steht aber anderswo genau so ausdrücklich, glaube ich.


    Sehr gut gefallen hat mir z.B. auch der Gedanke vom Cafehaus als Rest der Idee des Römischen Forums einige Seiten weiter.


    Aber auch wieder so ein bildlicher Vergleich, der so überhaupt nicht "meins" ist, weil er mMn mehr Effekthascherei als wirkliche bildliche Vorstellungshilfe ist:


    ".. einen Querschnitt etablierend, der gleichsam mit einer Nagelschere aus der wallenden Wand der Zeit geschnitzelt war.."


    (Ich kann aber iwie auch nachvollziehen, wenn jemand so was gerade "toll" findet - das fällt wohl einfach unter "Geschmacksunterschiede", denke ich.. ;) )

    (War eine Woche weg, hab aber wohl glücklicherweise den Anschluss nicht verloren.. :zwinker:)


    Tja, das ist wohl das Thema des Buches. Mehr oder weniger eindeutige Beziehungen, gerade unter den jungen Leuten. Sie kosten aus, was in der damaligen Zeit vielleicht sogar gesellschaftsfähig wurde, nämlich ein zunehmendes Maß an Freiheiten, die ihnen solche Liebschaften ermöglichten. Wenn auch die Eltern etwas dagegen hatten. Aber die begleitende Tante als Anstands-Wau-Wau hatte ausgedient.


    Da habe ich mich oben wohl ein wenig zu ungenau ausgedrückt; nicht die Tatsache, dass amouröse Verwicklungen das Thema sind, "nervt" mich, sondern die Art, wie sie beschrieben werden.
    Mein Hauptproblem mit dem Buch ist, dass sich kaum glaubhaft beschriebene echte Zuneigung zwischen irgendwelchen der beschriebenen Personen findet - alles bleibt auf kalte Weise sehr.. abstrakt. So tauchen zwar mal die Worte "geschwisterlich zugeneigt" auf - wirklich "rübergebracht" wird da aber nix (für mich jedenfalls..), es wird nur.. ausgesagt.


    Von Doderer scheint Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu haben - seine Figuren jedenfalls kreisen meist nur um sich selbst. (Eine gewisse Ausnahme sind für mich einige Passagen über Paula.)


    Auch Andere sahen ja die "starken" Stellen eher bei den Beschreibungen - das geht mir genauso.

    Ok - gerade versöhnt. Hat ja ziemlich geknirscht bei mir, der Leseanfang.. ;) - aber die zweite Hälfte des 2. Teils fügt die Dinge für mich jetzt allmählich zusammen. Das Buch wächst für mich erst jetzt zu einer Einheit zusammen, und viele Szenen, die mir beim Lesen zunächst wie eine willkürliche Aneinanderreihung erschienen sind, "fallen an ihren Platz".
    Keine Ahnung, woran das liegt - eher am Buch oder an mir und meiner Ungeduld?? - aber halte das hier nur mal fest, um eventuell erfahren zu können, ob es noch jemandem so geht!?
    Spezielle Dinge, die mir aufgefallen sind oder die mir gefallen haben, hebe ich mal auf, bis ich mich hier nicht mehr so vorwitzig allein fühle und pausiere erst mal am Ende des 2. Abschnitts.
    (Hab gerade relativ viel Zeit zum Lesen, da krank, muss aber zwischendurch auch immer mal andersartige Lesekost einschieben..)

    Wenn dieses Stilmittel eingesetzt wird, dann doch meist schon am Anfang. In dem Zusammenhang frage ich mich, ob das Buch autobiografische Züge hat. Ist euch dahingehend etwas bekannt?


    Hab dazu das hier gefunden..
    Fand's auch auffällig, dass bei René öfters Szenen beschrieben werden, bei denen er allein seinen Gedanken nachhängt und frage mich, ob sich das Geschehen denn später noch mehr auf den Major Melzer fokussieren wird, um den Untertitel zu rechtfertigen..?!

    So - ich befinde mich jetzt ziemlich genau in der Mitte des 2. Abschnittes. Habe mein Lesetempo etwas gezügelt, um die guten (subjektiv natürlich..) Stellen nicht zu verpassen und mir durchaus auch bewusst zu machen, was mir gefällt - und was nicht. Was gar nicht so einfach ist - denn manchmal schrammt der Autor da hart über von mir gefühlte stilistische Grenzen.. und manchmal ist der Inhalt der Aussagen die Emphase wert und manchmal (zumindest in meinen Augen..) auch nicht so sehr..
    Im Versuch, mich verständlich zu machen, ein paar Textbeispiele dazu:


    "Nicht eigentlich wohlhabend, verfügte er so unter den jungen Leuten am meisten über Geld, auf jeden Fall über weit mehr wie [sic] die Söhne der reichen und großen Häuser, die ja nie welches kriegen. Denn dort ist das Geld ja sozusagen schon in seinem Höhepunkte überschritten und gilt als etwas Schädliches, ja fast Unanständiges, was offenbar mit den Erfahrungen zusammenhängen muß, die man beim Bergaufgehen gesammelt hat."
    gute Beobachtung - unaufdringliches Bild. :smile:.


    "Ingrid, wie sie da vor dem Bücherkasten stand, erschien Asta plötzlich wie eine aufgeweichte Semmel. Gewissermaßen um einer Art geistesabwesender Hartnäckigkeit zu begegnen, welche auch aufgeweichte Semmeln in paradoxer Weise manchmal zeigen, fragte sie jetzt ihrerseits dazwischen..."
    geistesabwesende Hartnäckigkeit bei Kleingebäck?? Der Vergleich damit allein hätte auch genügt, der Rest erscheint mir dann doch etwas.. überzogen..?! :-/


    "Die Mama Schmaller hatte es auch längst aufgegeben oder eigentlich nie versucht. Sie war eine jener zerflossenen Patzen von Ergebenheit, wie solche Männer ihn eben im reiferen Alter zurücklassen als Rest der Frau ihrer einstigen Wahl und Umwerbung, eine dickliche Sauce mit wenigen kleinen Brocken des längst zertrümmerten Charakters, die man ungerechterweise solchen Damen leicht übelnimmt, einfach deshalb, weil diese noch relativ festeren Stellen jetzt schon als etwas ganz und gar Sinnloses und ohne Zusammenhang sich präsentieren."
    Ja! Ja, wir wissen, was Du meinst, Heimito (auch wenn's ein wenig unbarmherzig ist - aber Dein Blick ist ja eher nie "liebevoll") - hier scheiden sich wahrscheinlich die Geister; vor allem die letzte Aussage ist ja recht hellsichtig, aber das verwendete Bild doch fast ein wenig.. sehr/zu? konkret?? Inmitten des ganzen.. Wortgestrud(e)ls??


    Meine ganz private Wortliste enthält dann auch sehr verschiedene Wörter: Neben den "geschliffenen" lateinisch oder französisch basierten Vokabeln auch eine Reihe sehr bildhaft-volkstümlicher Ausdrücke ("dasig", "verplahzt", und eben diese "Patze"..).
    Dazu auch der zweitletzte Absatz hier.. (Überhaupt ist der ganze Artikel ganz interessant als Background, finde ich..)


    Langsam differenzieren sich ja die Personen ein wenig - aber bis auf eventuell Asta und Paula (gewöhnungsbedürftig auch die nicht nur etwas arrogante Art der Betrachtung von Standesunterschieden, die sich ab und zu (schon mal??) andeutet.. zeitgeistig..) erscheinen eigentlich alle weiblichen Charaktere durchaus unsympathisch (oder??). Die schon eingangs von mir empfundene innere Distanz des Autos zu all seinen Charakteren setzt sich fort..


    Die amourösen Verwicklungen nerven (mich?) eher ein wenig - dabei besteht eine ziemliche Diskrepanz zwischen "offizieller Wahrnehmung" und dem, was sich, mehr oder weniger direkt "angedeutet", wirklich abspielt.. Zeitgeist wahrscheinlich.
    Also - ein Lese-Sog entsteht jedenfalls nicht bei mir - weder in Bezug auf Emotionales noch in Bezug auf irgendeine Handlung. Lag aber wohl auch nicht in der Absicht des Schöpfers dieses literarischen Kunstwerkes (im wörtlichen Sinne??).


    (Spoiler entfernt)