Beiträge von Bladwijzer

    Dieses Buch (die frz. Ausgabe) habe ich gestern Nacht in einem Hotelzimmer angefangen zu lesen - und hab's kaum aus der Hand gelegt und viel zu wenig geschlafen. Ich habe Deine Besprechung nicht gelesen, aus Angst dass du zu viel verrätst (Das Buch soll eine überraschende Wendung enthalten). Aber ich melde mich, wenn ich es gelesen habe. Bist du wie ich durch das "Literarische Quartett" (August) auf es aufmerksam geworden?

    Ich habe diesen Steinbeck nie gelesen, nur das Buch von Geert Mak. Der Hund spielt vermutlich keine grosse Rolle bei Steinbeck. Er war halt sein Reisebegleiter. So viel ich weiss, machte Steinbeck seine Amerikatour während des Wahlkampfs Kennedy - Nixon. Seine Berichte wurden zunächst in einer Zeitung abgedruckt und er hat unterwegs versucht, die Stimmungslage in verschiedenen Gegenden und zufälligen Gesprächen einzufangen. Maks Buch ist besonders interessant weil er Steinbecks Amerika mit dem heutigen vergleicht. Auf Deutsch heisst Maks Buch einfach 'Amerika', im Niederländischen Original "Reizen zonder John", also "Reisen ohne John" (Steinbeck)

    John Steinbeck: Die Reise mit Charley

    Steinbeck fuhr 1960 mit seinem Hund Charley kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten und machte daraus ein Buch. Vor einigen Jahren hat der Niederländer Geert Mak dieselbe Reise wiederholt (ohne Hund) und seine Eindrücke mit denen Steinbecks verglichen.

    Ich hatte das Problem mit den Ebenen auch, aber habe - für mich - eine Lösung gefunden. Ich lese nämlich die Kapitel 1.0, 1.1,2.1, 3.1, 4.1, 5.1, etc, dann 1.2, 2.2, 3.2, 4.2 ...etc. 1.3, 2.3, 3.3 ….1.4, 2.4 ...Auf diese Art gelesen springt die Geschichte nicht in der Zeit hin und her, weil sie ständig zwischen den 4 möglichen Lebensläufen wechselt, sondern man liest 4 chronologische Lebensläufe nicht nebeneinander, sondern hintereinander. Ich weiss nicht, ob so ein besonderer Reiz verloren geht, aber hilfreich ist es schon. (die zweite Ziffer im Kapitel deutet ja immer die Lebnslaufvariante von 1 bis 4 an, und die erste Ziffer sind die chronologisch aufeinander folgenden Kapitel. Nur das allererste Kapitel weicht davon ab (das einzige mit einer Null als zweite Ziffer). Es ist, wenn ich mich gut erinnere, allen 4 Lebensläufen gemeinsam.

    Im Niederländischen (Flandern) gibt es verbal keinen Unterschied zwischen Kommunion und Firmung. Es gibt die 'eerste communie' (Erstkommunion) und die 'plechtige communie' (wörtlich: feierliche Kommunion = Firmung). Anders als in Deutschland folgen sie nicht kurz nacheinander. Die 'erste' mit ca 8 Jahren, die 'feierliche' zum Ende der Grundschulzeit (d.h. hier in B mit 12 Jahren).

    Wenn ich mich nicht täusche, gibt es für Dissertationen (Doktorarbeiten) eine Publikationsverpflichtung, oder man muss selbst z.B. 150 gedruckte Exemplare abliefern. Es wird nur in ganz seltenen Ausnahmen Verlage geben, die bereit sind, das finanzielle Risiko einer solchen Ausgabe selbst zu tragen. Das kann man auch verstehen. Die meisten Dissertationen werden wahrscheinlich nur vom Doktorvater und ein oder zwei Zweitgutachtern gelesen (und selbst das ist nicht sicher). Geschäfte kann man mit diesen Publikationen nur in den seltensten Fällen machen. Davon leben die DKZ-Verlage.

    Einen Stammbaum der Guermantes und des Erzählers 'Marcel' gab es schon in
    Patrick Alexander: Marcel Proust's Search for Lost Time. A Reader's Guide to the Remembrance of Things Past.
    Alexanders Buch enthält
    - eine Zusammenfassung der 7 Bände auf ca. 170 Seiten,
    - ein "Who's Who in Proust" (ca. 130 Seiten) mit den erwähnten Stammbäumen
    - eine Kurzbiographie (20 S.)
    - einen Stadtplan von Paris mit den Wohnungen von Odette, Swann und anderen.
    - historische Hintergründe, wie z.B. die Dreyfus Affäre (15 S.)

    Deinen Kommentar Tina, habe ich mit grossem Interesse gelesen. Ich wohne in einer Stadt, in der einige tausend orthodoxe chassidische, Jiddisch sprechende Juden leben. Sie sind, vor allem durch ihre Kleidung, sehr auffällig. Auch hier haben sehr viele weniger orthodoxe Juden die Befürchtung, dass diese gläubige "Extremisten" ein falsches Bild vom Judentum vermitteln.
    Ich kenne das Buch von Deborah Feldmann nicht. Hinweisen möchte ich aber auf ein älteres, ganz ähnliches Buch, das ursprünglich auf Jiddisch geschrieben wurde: Esther Kreitmann - Deborah, Narren tanzen im Ghetto. Zum ersten mal ist es 1936 in Warschau erschienen. Esther Kreitmann schildert, ganz ähnlich wie Deborah Feldmann, wie sie sich aus der jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft Antwerpens befreit. Die Autorin ist übrigens die Schwester des berühmten jüdischen Autors Isaak Singer. Als ich jüdischen Freunden von der Lektüre erzählte, war deren Reaktion der von Dir ganz ähnlich: Glaube ja nicht, dass das, was Du in dem Buch liest, für das heutige Judentum repräsentativ ist.

    Ich habe noch einmal ein wenig recherchiert. Die niederen Weihen und die (erste) Tonsur (bei der späteren Priesterweihe gibt es noch eine) waren eine Absichtserklärung katholische Priester zu werden. Wenn man sie empfangen hatte, war man noch kein kath. Geistlicher (sondern hatte nur die Absicht, es zu werden). Dies traf gewiss auch auf den jungen Diderot, wohl auch unter Druck des Vaters, zu. Folgerichtig besuchte er (mit 15 Jahren) eine höhere Schule in Paris um später Theologie studieren zu können. Dies tat er aber nicht. Stattdessen wurde er Jurist und kam es zu einem Zerwürfnis mit dem Vater. Die niederen Weihen wurden vor einigen Jahrzehnten im Rahmen der Reformen des 2. Vatikanischen Konzils abgeschafft, sehr zum Ärger einiger weniger ultrakonservativer Katholiken. Die Behauptung in der Wikipedia, Diderot sei kath. Priester gewesen, ist in der Form falsch, da Tonsur und niedere Weihen nur auf die Absicht hinweisen, später Priester zu werden. (Das ist natürlich kein Vorwurf an dich, Doris. Auch ich schenke der Wikipedia meistens Vertrauen. Aber es erstaunte mich, dass ein als Atheist bekannter Aufklärer Priester gewesen sein soll. Manche seiner Bücher waren ja unter Einfluss der Kirche in Frankreich verboten.)

    Ein halbes Dementi, Doris, du hast nicht ganz Unrecht. Diderot trug den Titel eines "Abbé", was wir wohl mit Abt (also dem Vorstand eines Klosters) übersetzen würden. Diderot bekam diesen Titel mit dreizehn (!!!) Jahren, da die niederen Weihen, die er in diesem jungen Alter erhielt, zum Tragen dieses Titels berechtigten. Dabei werden wohl auch materielle Ansprüche eine Rolle gespielt haben. Eine geistliches Amt hat er wohl nie ausgeübt.

    Die Behauptung, Diderot sei ein katholischer Priester gewesen, überrascht. Er hat zwar Konfessionsschulen besucht, die in dieser Zeit wohl in Frankreich dominant waren, er wurde auch einmal gegen seinen Willen in ein Kloster eingesperrt, aber da er verheiratet war und später als Atheist und Materialist angesehen wurde, scheint mir der Priesterstand eher unwahrscheinlich.

    Bernanos‘ Tagebuch eines Landpfarrers habe ich gestern, nach einigen Unterbrechungen und nicht ganz ohne Mühe, beendet. Ich las es teils auf Deutsch, teils Französisch, manchmal auch nebeneinander. Kirsten hat das Buch recht zutreffend charakterisiert. Auf die besorgte Frage, ob das Buch nicht zu deprimierend sei, hat Kirsten geantwortet, es sei durchaus schön und bewegend. Aber das schließt einander ja nicht aus. Lustig oder amüsant ist es aber nicht, keinen Augenblick. Jedenfalls trägt der junge Landpfarrer sein Unglück und Leiden mit einer Gelassenheit, die ohne seinen religiösen Glauben so wohl nicht möglich wäre.
    Bernanos‘ Tagebuch ist inzwischen in einer Neuübersetzung erschienen. Der Übersetzer, Veit Neumann, ist Theologieprofessor an einer österreichischen theologischen Hochschule und hat Bernanos auch ein umfangreiches wissenschaftliches Werk gewidmet. Man kann sein umfangreiches Vorwort in der Textvorschau lesen (z.B. bei jpc). Was ihn zu einer Neuübersetzung bewogen hat, wurde mir nicht recht deutlich, er sagt auch kaum etwas dazu und was er sagt, ist (mir) unverständlich. Jedenfalls weichen die Übersetzungen im Wortlaut, aber wahrscheinlich nicht sinngemäß, deutlich voneinander ab. Man kann Hegners alte Übersetzung – der Verleger hat sich zugleich als Übersetzer betätigt – auch heute noch erwerben. Die ca. 10 Euro teurere Neuübersetzung enthält auch einen ca. 50 seitigen Kommentarteil. (Welchen Wert dieser hat, kann ich nicht sagen, da ich nur die Hegnerausgabe (und die frz. Pleiade) gelesen habe.

    Lange ist es her, dass ich das Buch las. Vielleicht war es sogar Schullektüre. Vergessen habe ich es nie. Es erinnert mich sehr stark an den "Mythos von Sisyphos", auch in der Version von Camus. Viele sehen in dem Buch offensichtlich einen Aufruf nicht aufzugeben. Ich habe es immer als eine Metapher verstanden, die uns eindringlich bewußt macht, dass wir letzten Endes alle leer ausgehen. (Ich verbinde mit dem Buch immer die Formulierung "Sieger geht leer aus", weiß aber nicht mehr, ob sie von Hemingway selbst ist.

    Auch bei mir haben die Bemerkungen hier auf dem Forum die Neugierde geweckt. Hab's verschlungen, in zwei oder drei spätnächtlichen Stunden, da die Hitze ohnehin den Schlaf raubt. Es ist ein Buch, das Jung und Alt Freude machen müsste. Da die Geschichte 1914 endet, wird es wohl kaum Leser hier geben, die die Lebenswelt mit Kästner geteilt haben (Wie lang war der Rohrstock pädagogisch in Gebrauch?).