Denis Diderot - Die Nonne
(La Religieuse, 1760/61)
Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Denis Diderot (1713 – 1784) war ein bedeutender Schriftsteller im Zeitalter der französischen Aufklärung und unter anderem auch Philosoph, Herausgeber und Autor einer Enzyklopädie sowie katholischer Priester. „Die Nonne“ ist eines seiner bekanntesten Werke. Es wurde einige Jahre nach Diderots Tod zuerst in Deutschland veröffentlicht, erst danach auch in Frankreich.
Susanne muss aus familiären Gründen als junge Frau gegen ihren Willen ins Kloster. Unter Zwang legt sie die Gelübde ab. Sie ist zwar zutiefst gläubig, leidet aber unter der ständigen Bevormundung und Untätigkeit. Bald versucht sie, ihre Berufung anzufechten und konsultiert sogar einen Anwalt, um ihre Absicht durchzusetzen. Daraufhin wird sie als widerspenstige Nonne massiv unter Druck gesetzt, muss furchtbare Misshandlungen erleiden und sogar das Kloster wechseln. Es gibt nur wenige Menschen, die ihr beistehen, und ihre Familie gehört nicht dazu. Erst nach ein paar Jahren gelingt ihr die Flucht.
Diderot beschreibt schlimme Zustände, aber da er selbst Priester war, gehe ich davon aus, dass er Tatsachen schildert. Obwohl das Buch 250 Jahre alt ist, fällt schnell auf, dass die Themen immer noch ziemlich aktuell sind: Fremdbestimmung von Frauen, sexuelle Belästigung Untergebener, Mobbing und in bestimmtem Umfang auch religiöser Fanatismus. Obwohl die Probleme offensichtlich und glaubhaft sind, wird alles lieber totgeschwiegen und so hingestellt, dass das Opfer alleine schuld an den Umständen ist. Von Fürsorge und Nächstenliebe im Namen Gottes keine Spur. Gut vorstellbar, dass der Roman gerade deswegen erst nach Diderots Tod veröffentlicht wurde. Der Einfluss der Kirche reicht weit. Es ist aber nicht allein Kritik an der Kirche, sondern ebenso an einer Gesellschaft, die toleriert, dass man sich Frauen, die nicht verheiratet werden können, auf diese Weise bequem entledigt. Mit religiösen Gründen hat das nichts zu tun.
Durch den geringen Umfang wird die Handlung straff geschildert. Ereignislose Momente gibt es kaum, dafür mangelt es aber auch an Beschreibungen von Landschaft und Menschen. Dagegen sind die Misshandlungen im einen Kloster und die Annäherungsversuche der Äbtissin im nächsten für meinen Geschmack zu ausführlich beschrieben. Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass das Buch den eigenhändigen Bericht der Nonne an einen Außenstehenden darstellt, in dem man naturgemäß auf die schlimmsten Ereignisse detailliert eingeht.
Ein Buch, das nachdenklich macht, vor allem wenn man sieht, dass die Kirche sich auch heute noch positiv darstellt und doch in mancherlei Hinsicht alles andere als eine reine Weste hat.