Beiträge von Bladwijzer

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    Ich bin ein wenig ratlos. Bin ich begeistert? Bin ich enttäuscht? Ich weiß es nicht. Als ich das Buch zum ersten Mal in die Hand nahm, hat mich der Anfang abgeschreckt. Ein als orthodoxer Jude verkleideter „Bewerber“ klettert an der Hausfassade hoch und dringt in das Schlafgemach seiner Angebeteten ein. Welch absurder Beginn.
    Schöne des Herrn ist eine Liebesgeschichte. Sie schildert auf 900 (!) Seiten drei Stadien: Verführung, Liebe und Liebesüberdruss (Das letzte Stadium ist nicht erstaunlich, im Hinblick auf die Überdosis im zweiten). Aber der Roman ist mehr, als nur dies. Er portraitiert – ziemlich sarkastisch – die Genfer High Society. Und zum Ende zu wird das Thema des Antisemitismus stets dominanter (Die Geschichte spielt sich in Genf und an der Cote d’Azur ab). Eigentlich ist es der dritte Band einer Trilogie, in der Albert Cohen die Geschichte des Solal-clans erzählt. Solal und Eisenfresser sind die ersten beiden Bände, aber man muss sie nicht gelesen haben, um sich in "Schöne des Herrn" zurechtzufinden.
    Die Hauptfigur, Solal, Generalvizesekretär beim Völkerbund (Vorläufer der UN) in Genf, spannt einem Untergebenen die Frau aus, verliert seinen Job, weil er sich zu sehr für den Schutz der Juden einsetzt und zieht sich mit der Geliebten ans Mittelmeer zurück. Die Schilderung des beruflichen Alltags im Völkerbund ist wahnsinnig komisch und jeder wird sie wohl mit großem Vergnügen lesen. Die Vorbereitungen eines abendlichen Essens, zu dem der Vizegeneralsekretär geladen ist, sind von absurder Komik. Merkwürdig auch die Auftritte seiner jüdischen Verwandtschaft, die in Genf zu Besuch ist. Aber es bleibt nicht bei diesem „reinen“ Lesevergnügen. Nicht nur, weil die Stimmung in jeder Hinsicht düsterer wird. Auch weil der Autor uns lange, sehr lange Passagen zumutet, die im Stil des Bewusstseinstroms à la Joyce geschrieben sind. Viele interpunktionslose Seiten.
    Wer beim Lesen sich gerne mit den Figuren identifiziert, wird vermutlich wenig Glück haben. Solal ist ein arrogant zynischer Typ, vielleicht nicht im Umgang, aber gewiss im Denken über Frauen. Die Geliebte ist dumm, aber reich und unendlich lange mit Klamotten und Schönheitspflege beschäftigt, um dem Geliebten zu gefallen. Und der „Untergebene“ und betrogene Ex der weiblichen Hauptfigur ist schlicht und einfach ein Volltrottel. Seine Versuche einen hochgebildeten und kultivierten Eindruck zu machen, scheitern kläglich.
    Warum das Buch lesen. Vor allem wohl, weil der Autor ein sprachlicher Virtuose ist, der verschiedene stilistische Niveaus beherrscht (manche zumindest in der Übersetzung ziemlich kitschig – etwa die Liebeshymnen). Das Buch, ursprünglich 1968 in Frankreich erschienen, 2012 in Deutschland wieder aufgelegt, hat unter den deutschen Literaturkritikern wenig Resonanz gefunden. Elke Heidenreich fand es immerhin das beste Buch, das sie je gelesen hatte. Von M. Kleeberg gibt es eine lesenswerte Besprechung im Netz.
    Mir geht es mit dem Buch so, wie mit manchen Aufnahmen von Glenn Gould. Manches ist genial, anderes eher provokativ misslungen. Bewertung: 1 bis 5 zugleich.

    Leider ist in der Leseprobe kein einziger Brief von Proust, das würde eine Kaufentscheidung etwas erleichtern. Hast Du den Jean Santeuil gelesen? Lohnt sich das? Oder ist man eher enttäuscht, wenn man die "Recherche" gelesen hat?
    Freundliche Grüsse
    bladwijzer

    Ich möchte hier gerne die Bücher von Peter Bieri empfehlen, vielen Romanlesern auch unter dem Namen Pascal Mercier bekannt. Philosophiebücher die ein Fachstudium voraussetzen gibt es viele. Solche, die an der Oberfläche bleiben und den Leser eigentlich belügen, gibt es leider auch. Ein gutes Philosophiebuch für nicht akademisch geschulte Interessierte muss voraussetzungslos sein, d.h. es darf keine Philosophiekenntnisse und keine Fachterminologie voraussetzen. Andererseits sollte ein solches Buch Philosophie auf einem hohen Niveau bieten. Es sollte ein wirklich philosophisches Buch sein, d.h. ein Buch, dass zum Mitdenken einlädt. Der Leser sollte nicht das Gefühl haben, dass der Autor ihn unterschätzt hat und ihn darum nur eine Art „Light“version des Philosophierens.
    Bieris Bücher sind nach meiner bescheidenen Meinung ideal für den philosophisch interessierten Laien (und nicht nur für ihn, auch der Fachkollege könnte sie mit Gewinn lesen). Sie setzen keine spezifischen Kenntnisse voraus aber nehmen den Leser mit auf einen Denkweg, der die Tiefe nicht scheut. Gewiss wird mancher Leser vermissen, dass Bieri ihn nicht über die Resultate der philosophischen Bemühungen in der Geschichte informiert. Nirgendwo wird man eine Darstellung etwa des kategorischen Imperativs von Kant entdecken, oder was Aristoteles über Tugenden schreibt. Stattdessen wird der Leser im Dialog mit Bieri zu diesen Ideen argumentativ hingeführt. Er kann dann darüber nachdenken, wie überzeugend er die Überlegungen findet. Bieris Bücher laden zum Nachdenken ein, nicht zum Wissenserwerb. Sie wollen, oft mit viel Geduld, dass der Leser selbst sich etwas klarmacht, statt philosophische Lehrmeinungen zu dozieren. Hinweise zu Philosophen, die Bieri bei seiner eigenen Suche inspiriert haben, findet man (nur) im kommentierten Literaturverzeichnis.
    Das Gesagte gilt für alle Philosophiebücher, die er geschrieben hat (nicht immer für seine wenigen Artikel in Fachzeitschriften).
    „Eine Art zu leben – Über die Vielfalt menschlicher Würde“
    (1)Würde als Selbständigkeit – (2) Würde als Begegnung – (3)Würde als Achtung vor Intimität – (4) Würde als Wahrhaftigkeit – (5) Würde als Selbstachtung – (6) Würde als moralische Integrität – (7) Würde als Sinn für das Wichtige – (8) Würde als Anerkennung der Endlichkeit.
    „Das Handwerk der Freiheit – Über die Entdeckung des eigenen Willens“
    Ich habe dieses Buch mehrfach gelesen und immer wieder hat es mich zum Nachdenken angeregt. Ohne dass es auch nur im Geringsten durch den Schreibstil Wittgensteins angeregt ist, ist es eines der wenigen Philosophiebücher, die ohne die Spätphilosophie Wittgensteins so nie geschrieben worden wären.
    Zwischen diesen beiden Büchern – sowohl zeitlich wie inhaltlich – entstand
    „Wie wollen wir leben“
    Kein Ratgeber, sondern ein Buch, das uns anstiftet darüber nachzudenken, was uns wichtig im Leben ist.

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    Ich hatte mir vor einigen Wochen die "Studie in Scharlachrot" von Librivox heruntergeladen, um eine lange Autofahrt zu verkürzen (Bei librivox heisst der Roman allerdings "Späte Rache"). Das hat mir so gut gefallen, dass ich mir inzwischen die englische Sherlock Holmes Gesamtausgabe besorgt habe und jetzt aufpassen muss, dass ich nicht nur in ihr lese.
    Librivox ist eine website mit gratis Hörbüchern in verschiedenen Sprachen. Die Texte sind nicht mehr urheberrechtlich geschützt und werden von Laien am eigenen PC gesprochen und aufgenommen.

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    Inhalt: Das Treffen der Gruppe 47 in Princeton im Jahr 1966
    Ich habe das Buch mit so großem Vergnügen gelesen, dass ich es nicht aus der Hand gelegt habe, bis ich auf der letzten Seite angekommen war. Der Autor beschreibt auf etwas mehr als 200 Seiten die Gepflogenheiten der Gruppe 47 im Allgemeinen und die Auftritte der Autoren und Kritiker während des Treffens an der Universität Princeton, das auf Einladung des dortigen germanistischen Instituts stattfand. Obwohl Magenau nicht selbst dabei war, schildert er die Charaktere, Eigenarten und Empfindlichkeiten der beteiligten Autoren und Kritiker sehr überzeugend und vor allem sehr anschaulich. Eine kleine Kostprobe: „Jens strich das widerborstige Haar zurück, das aber gleich wieder in Strähnen nach vorne fiel, entrollte die Papiere, fuchtelte mit Scherenhänden herum, mit denen er die Worte in der Luft zerteilen konnte, sprach kurzatmig und genauso zerstückelt wie er gestikulierte – „Ich lese. Einige kürzere. Passagen. Aus einem Stück“ – so dass die Zuhörer die entstandenen Wortfetzen im eigenen Kopf zusammenfügen und aufpassen mussten, dass sie am Ende des Satzes den Anfang nicht schon vergessen hatten. Dieses syntaktische Geschredder hatte seinen Grund darin, …..“
    1966 war die Zeit des Vietnamkrieges und des Auschwitzprozesses, zwei Ereignisse, die die literarische Diskussion auch beim Treffen in Princeton stark beeinflussen. Zwar haben nicht alle etablierten deutschen Nachkriegautoren teilgenommen (Böll und Walser fehlten beispielsweise), aber Grass, Enzensberger, Weiss, den jungen Handke … und die schon damals berüchtigten Kritiker Reich-Ranicki, Kaiser oder Jens kann man in Magenaus Buch, auch in ihrem Sozialverhalten, aus der Nähe beobachten.

    Merkwürdig, wie verschieden doch die Leseerfahrungen sind. Ich habe die Lektüre ungefähr in der Mitte abgebrochen. Der Leihtermin war abgelaufen und ich fühlte kein Bedürfnis ihn zu verlängern, geschweige denn, das Buch zu kaufen. Ernst, melancholisch oder bedrückend fand ich die Lektüre gar nicht. Ich habe die Sprache meistens als verkrampft neumodisch und humorvoll erfahren. Schade, dass sich so wenig Leser zu diesem Buch zu Wort gemeldet haben. Es hat ja recht viel Erfolg.