Abdulrazak Gurnah - Donnernde Stille

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  • Gelesen im Rahmen des „Wir lesen uns rund um die Welt" Projektes: Tansania


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    Inhalt


    Für die Hauptfigur dieses Romanes läuft es nicht gerade gut:
    Er ist Anfang vierzig, als ein Herzleiden bei ihm festgestellt wird. Seine langjährige Partnerin scheint sich von ihm zu distanzieren und die gemeinsame Tochter hält ihn für einen Versager.
    Seit zwanzig Jahren lebt er in London, wo er sich eine Existenz als Lehrer aufgebaut hat, als er zum ersten Mal in seine Heimat Sansibar zurückkehrt. Dort hat sich weniger verändert, als er dachte. Allerdings soll er mit einer jungen Frau verheiratet werden, da er seiner Familie nie erzählt hat, dass er mit einer Engländerin zusammenlebt und auch ein Kind von ihr hat.
    Für ihn wird dieser Besuch nicht nur eine Reise in seine Vergangenheit, sondern er muss sich auch damit auseinandersetzen, dass sein Leben zu einem großen Teil auf Lügen aufgebaut ist.


    Über den Autor


    Abdulrazak Gurnah wurde 1948 auf Sansibar geboren und emigrierte 1968 nach Großbritannien. Heute unterrichtet an der Universität von Kent, England. Einige seiner Bücher waren bereits für Auszeichnungen nominiert, u.a. auch für den Booker Prize.


    Meine Meinung


    Nachdem sich der Klappentext sehr nüchtern und wenig amüsant gelesen hatte („Ein wehmütiges Portrait einer verlorenen Geborgenheit…“) entpuppte sich dieses Buch als überraschend gut lesbar mit viel sarkastischem Witz.


    Der Ich-Erzähler, dessen Namen man nie erfährt, beschreibt am Anfang sein Leben in England, seinen täglichen Kampf gegen rassistische Vorurteile und gegen Briten, die der Kolonialzeit nachtrauern. Er erfindet haarsträubende Geschichten von barbarischen Wilden die durch britische Ehrenmänner vor sich selbst gerettet wurden, nur um seinen Schwiegervater zufrieden zu stellen. Als er einem Arzt auf die Frage, wie er sich ernährt, antwortet, hauptsächlich von grünen Bananen und geräucherten Affen und der Arzt dann nur verständnisvoll nickt, musste ich nicht zum ersten Mal lächeln.
    In Rückblicken erzählt er, wie er zu seinem Studium in England kam und seine Partnerin kennenlernte. Immer wieder fließen auch unterhaltsame Anmerkungen über Politik und Alltag ein.
    Etwa ab der Hälfte des Buches ändert sich der Stil etwas. Nun trifft der Erzähler auf seine Familie in Sansibar und erinnert sich an seine Kindheit. Es wird klar, warum er seiner Mutter nichts von seiner englischen Freundin erzählt hat und umgekehrt seiner Freundin nicht die ganze Wahrheit über seine Familie. Alle Handlungsfäden laufen am Schluss zusammen, begreifen kann ich es wohl als Europäerin mit völlig anderem kulturellen und religiösen Hintergrund nicht wirklich. Trotzdem versteht es der Autor hervorragend, dem Leser zu vermitteln, dass er sich trotz zwanzig Jahren London dort immer noch wie ein Fremder unter Fremden fühlt.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Meine Meinung

    Admiring Silence ist ein Buch, bei dem sowohl der englische als auch der deutsche Titel hervorragend zur Geschichte passen, in der es um Dinge geht, die nicht gesagt werden. Das ist der rote Faden, der sich durchs Buch zieht. Schon in der Kindheit des Erzählers wurde viel angedeutet, aber nur wenig ausgesprochen. Auch in seiner Ehe ist es nicht anders. Manchmal kann man zusammen schweigen und das ist auch gut, aber hier hatte ich von Anfang an das Gefühl, als ob Dinge nicht ausgesprochen werden, weil sie unangenehm sind. Lieber werden Geschichten erfunden, um dem Unangenehmen zu entgehen. Aber das gelingt nicht und irgendwann wird die Stille lauter als der lauteste Knall.

    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.