Marie Cristen - Die Stunde des Venezianers

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    Kurzbeschreibung:
    Brügge, Ende des 14. Jahrhunderts. Guter Rat ist teuer für die junge Adlige Aimée Andrieux: Kurz nachdem sie ins Handelshaus Cornelis eingeheiratet hat, kommt ihr Gatte ums Leben - und sie steht vor dem Nichts.
    Mächtige Kreditgeber fordern nach dem Tod des Herrn ihr Geld zurück. Doch gegen den Widerstand aller will Aimée kämpfen, will beweisen, dass auch eine Frau im Handel Erfolg haben kann: Als ehemalige Hofdame kennt sie die Schwäche der jungen Herzogin Margarete für Juwelen, kostbare Roben und prächtig gewirkte Teppiche - und weiß sie mit viel kaufmännischem Mut zu nutzen. Doch was genau führt der undurchsichtige Venezianer Domenico Contarini im Schilde, ein Abgesandter des Dogen? Entsetzt und zugleich fasziniert muss die junge Handelsherrin erkennen, dass ihr die sorgsam geknüpften Fäden aus der Hand zu gleiten drohen ...


    Über den Autor
    Marie Cristen lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München. Sie ist die Autorin zweier erfolgreicher Romanbiographien über die berühmtesten Kaiserinnen der Habsburger sowie des packenden Mittelalter-Romans "Beginenfeuer".



    Kritik:
    Zahlreiche Bücher zu Weihnachten geschenkt bekommen, Langeweile in den Weihnachtsferien - Was würde näher liegen, als mit der Lektüre des ersten geschenkten Buches die Brücke zum Neujahr zu bilden? Dazu habe ich das Bedürfnis, wieder intensiv in einem Buchforum mitzumachen.
    Pünklich konnte ich innerhalb von 3 Tagen das Buch gestern beenden. Der Inhalt hat einen geschichtswissenschaftlich interessanten Hintergrund: Flandern. Flandern ist selbst für mich als eifriger Geschichtsstudent ziemlich verworren, kompliziert, ja fast unverständlich. Es war im Mittelalter ein kompliziertes Gebilde, innerlich im ständigen Streit der Städte, besonders zwischen Brügge und Gent. Flandern war berühmt für alle Arbeiten, die man aus Wolle damals erstellen konnte. Berühmtberüchtigt waren die Kaufleute, Menschen mit großem Geschick, Einfluss und Reichtum. Diese Kaufleute waren in Flandern im Gegensatz zu anderen mittelalterlichen Regionen bereits im 14. Jahrhundert ein wesentlicher Machtfaktor. Neben Italien wurde Flandern zur reichsten Region - bis vor der großen Pest. (laut der Lehre von Historiker Bergdolt)
    Soviel zu meinem persönlichen Geschichtsinput zu diesem Thema, zum besseren Verständnis des Buches und der Buchkritik.


    Los geht die Geschichte einige Jahre nach der großen Pest: Die große Pest war nur der Startschuss für zahlreiche weitere kleinere, regionale Pestwellen, die das Mittelalter erschütterten. Opfer wurden einigen Familienmitglieder von der Hauptdarstellerin Aimée. Fortan lebt sie bei ihrer Großmutter, die sie erzog. Sie entstammt der adeligen Familie Andrieux. Sobald altersmäßig reif dazu, kommt sie als Hofdame zur Tochter des Grafen von Flandern, die dann den Herzog von Burgund heiratet.
    Sie verliebt sich während dieser Zeit in Ruben Cornelis, ein draufgängerischer Kaufmann, der in Genuss des Erbes eines großen Handelshauses in Brügge geworden ist, und erkennt zu spät, dass sie naiverweise einer - um es ganz ehrlich zu formulieren - Vollflasche zum Opfer gefallen ist, der sie zwar für mittelalterliche Verhältnisse gut behandelt, aber sein Geschäft hoffnungslos verschuldet, das Haus fast ruiniert und meint, mit seinem Charme die Dinge richten zu können, wie er es haben will.
    In Brügge angekommen, hätte sie normalerweise das Recht, den Haushalt von Cornelis zu führen. Im Wege stehen aber eine verbitterte, alte, irre fürchterliche Schwiegermutter wie aus dem Bilderbuch, und später eine ekelerregend dumme Frau eines Verwandten von Ruben Cornelis, die die Macht ihres Mannes durchsetzen will.
    Irgendwie (das sollte der Leser herausfinden) wird dann plötzlich die Hauptdarstellerin Leiterin des gesamten Handels von Cornelis, zieht den Karren raus aus dem Schlamm der Verschuldung, macht sich dann natürlich unendlich viele Feinde, und inmitten eines mörderischen, tödlichen Netzwerkes versucht man auch sie umzubringen.


    Die Stärken des Romans liegen vorwiegend in der Schreibkunst der Autorin. Die Autorin vermag es, uns Leser sofort in das Mittelalter zu entführen, und das macht sie historisch absolut korrekt. Diese Frau hat Ahnung von der Geschichte Flanderns, gaukelt den Lesern nichts vor und hat gewissenhaft recherchiert. Ihr Wissen über die Pest und die damaligen versuchten Methoden, sie einzudämmen, hat mich höchst erfreut. Bestens kann man die grundlegende Problematik des mittelalterlichen Flanderns kennenlernen, durch eine angenehme Zeitreise mit der Hilfe dieses Historischen Romans.
    Auch die Grundstruktur der Geschichte ist nicht schlecht und hätte Potenzial für eine atemberaubende Spannung. Ich betone "hätte". Denn nun haben meine Lobeshymnen ein Ende. ;)
    Leider ist dieses Buch äußerst kurzlebig, ein Buch, dass ich zwar durchaus zeitweise gerne gelesen habe, aber schnell vergessen werde, und das liegt nicht daran, dass es für einen Historischen Roman äußerst kurz ist. Das Hauptproblem des Buches ist eindeutig die ständig aufgestaute Spannung, die aber im Nirvana verpufft. Es ist ein Buch ohne Höhepunkte, ein Vorspiel, aber kein folgendes Überraschungs- und Glücksgefühl. Der Haupttäter ist früh bekannt, und man fragt sich dann, warum die Autorin eigentlich weiterschreibt.
    Die Figuren sind wie öfters in Historischen Romanen festzustellen einfach zu klischeehaft. Ein junges Mädchen, dass es im "dunklen, finsteren" Mittelalter zur Leiterin eines Handelshauses schafft. Eine bitterböse Schwiegermutter. Böse Männer, etc.? Das Grundmodell ist also eher ein alter Hut, schon oft gelesen und gehört. Das ist schade, da es eigentlich selten Romane über Kaufhäuser in Flandern gibt.
    Das Ende ist als absoluter Schwachpunkt des Buches zu bezeichnen. Die Stellung des Täters wird nur indirekt beschrieben, nicht live, sondern nur angedeutet.


    Ich kann daher nur 3 "Leseratten"-Punkte vergeben. Es ist ein durchschnittliches Buch, nicht schlecht, aber auch nicht außerordentlich gut.


    Mit freundlichen Grüßen
    Historikus



    3ratten


  • Ich war schon so lange nicht mehr da, dass ich ich mehr weiß, mit man das mit den Ratten-Lesepunkten einstellt. Bitte um Hilfe! ;)


    Die sind oberhalb des Antwortkästchens unter dem Link [Mehr Smileys] versteckt. ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)