E. Annie Proulx: Das grüne Akkordeon
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Inhalt laut Klappentext:
Im Jahre 1890 fertigt ein Akkordeonbauer in seinem sizilianischen Heimatdorf sein Meisterwerk, ein kleines grünes Knopfakkordeon mit neunzehn polierten Perlmuttknöpfen und glänzendem Lack, und macht sich auf nach "La Merica", um dort sein Glück zu versuchen. Er landet in den Docks von New Orleans und kommt schnell unter die Räder. Sein Instrument aber überlebt, ein Schwarzer nimmt es auf seinem Brennholzkahn mit, den Mississippi hinauf.
So beginnt die Odyssee des grünen Akkordeons, die durch ganz Amerika führt - von Iowa nach Texas, von Maine nach Montana, und 1996 in Florida endet; es wird gestohlen, verkauft, verpfändet, verschenkt und begleitet die Nachfahren der verschiedenen Einwandererströme auf ihrer Suche nach einem besseren, einem lebenswerten Leben. Italiener, Mexikaner, Polen, Afrikaner, Deutsche, Norweger, Iren, Basken und Franzosen, alle wollen sie Teil einer amerikanischen Kultur werden, die ihnen ihre Sprache und Tradition, ihre Identität nimmt. Die Akkordeonmusik ist ihre letzte Verbindung zur Vergangenheit, Ausdruck ihrer Phantasien, ihrer Sorgen und ihrer Lebenslust - und beim Lesen meint man sie zu hören, die italienischen Liebeslieder, die deutschenVolkstänze, polnische Polkas, mexikanische Rancheros, Tango, Walzer, Chanson musette, klagende Cajun-Lieder, Swing, Zydeco und Blues...
Meine Meinung:
Der Anfang des Buches schildert eine Atmosphäre von Hoffnungslosigkeit, Gewalttätigkeit und Brutalität, die es mir schwergemacht hat, weiterzulesen. Der sizilianische Akkordeonbauer glaubt in Amerika sein Glück zu finden, er will eine Akkordeonwerkstatt eröffnen, doch er hat kaum das Auswandererschiff verlassen, als er Amerika bereits von seiner schlimmsten Seite kennenlernt: Er wird betrogen, muß ganz unten anfangen, gerät in Strukturen, die er nicht durchschaut und scheitert daran - schließlich fällt er einem Lynchmord zum Opfer.
Danach beginnt die Odyssee des Akkordeons quer durch Amerika, es geht von Hand zu Hand und kommt von Ort zu Ort. Wir begleiten es und bekommen schlaglichtartig Einblicke in das Leben der unterschiedlichsten Menschen unterschiedlichster Abstammung. Die meisten von ihnen sind Einwanderer oder ihre Nachkommen, sie führen ein hartes, glückloses und entbehrungsreiches Leben.
Ich liebe eigentlich solche Alltagsgeschichten sehr, ich mag die Bücher von E. Annie Proulx und bewundere ihre Wortgewalt, doch hier hat sie meiner Meinung nach den Bogen etwas überspannt. Allzuviele kuriose Details und Unfälle, allzu skurrile Geschehnisse durchziehen das Buch. Kaum einer lebt ein glückliches oder auch nur normales Leben. Alle sind von Problemen geplagt, sterben eines unnatürlichen Todes, oder sind Täter oder Opfer von Verbrechen (Originaltitel des Buches: "Accordion Crimes"). Einen sehr großen Raum nehmen auch Zusammenstöße und Probleme wegen der ethnischen Herkunft der Hauptpersonen (wohlgemerkt fast alle europäische Einwanderer) ein.
Die weiteren Lebensgeschichten der Personen, nachdem das Akkordeon sie verlassen hat, werden in kurzen Stichpunkten beschrieben, aus denen manchmal Sätze entstehen, die sich über eine halbe Seite erstrecken. Wenn das Akkordeon seinen Besitzer wechselt, tut sich jedesmal eine neue Lebenswelt mit neuen Personen auf. An den Kapitelanfängen mußte ich oftmals zurückblättern, weil ich mir so schnell gar nicht all die Namen und Verwandtschaftsbeziehungen merken konnte. Das Buch besteht sozusagen aus mehreren Kurzgeschichten, die jede für sich zwar interessant sind, die aber nur durch den Besitz des grünen Akkordeons locker verbunden werden. Anfangs wird das Akkordeon noch gespielt und die Musik spielt eine große Rolle im Leben der Personen, doch gegen Ende des Buches treten das Akkordeon und seine Musik zunehmend in den Hintergrund.
Fazit: "Das grüne Akkordeon" ist durchaus ein lesenswertes Buch über die Lebensumstände einfacher Leute im Amerika des 20. Jahrhunderts, insbesondere Einwanderer und ihrer direkten Nachkommen, es konnte mich aber leider nicht ganz so überzeugen wie die anderen Bücher, die ich von E. Annie Proulx gelesen habe ("Postkarten", "Schiffsmeldungen" und "Mitten in Amerika"), die mir inhaltlich und sprachlich sehr gut gefallen haben.
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Viele Grüße
Katja