Idé Oumarou – Le représentant

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  • ISBN: 2723606562


    Inhalt: Siddo verdient seinen Lebensunterhalt als Fährmann mit seiner Piroge. Die ist zwar alt und schon arg mitgenommen, aber dank seiner Stammkundschaft kommt er zurecht. Eines Tages wird er zu Monsieur le Représentant, dem Kreisvorsteher Karim, bestellt. Dieser berichtet ihm, daß in der Hauptstadt die Tourismusförderung ins Auge gefaßt wurde und er als Verantwortlicher vor Ort entsprechende Vorschläge zu unterbreiten habe. Ihm sei zu Ohren gekommen, daß Siddo sich in der Gegend gut auskenne und auch schon Besucher zu verschiedenen Attraktionen geleitet habe. In der Folge unternimmt Siddo mit Karim und dem Polizisten, dem „goum“ Touré zahlreiche Ausflüge in die Umgebung, und da er den guten Draht zu einem wichtigen Mann ausnutzen will, drängt er auch immer darauf, eine bessere Piroge zu brauchen, da Touristen in sein Klapperding nicht einsteigen würden. Mit finanzieller Unterstützung von Karim erwirbt er ein schöneres und besseres, wenn auch nicht neues Boot. Damit der Kaufpreis abbezahlt wird, ist Siddo aber verpflichtet, Aufträge von Karim auszuführen, die die Piroge ziemlich in Mitleidenschaft ziehen.


    Siddo kann sich dagegen kaum wehren, denn Karim und Touré haben ihm und seiner Frau Zéno den Posten des Tierheim-Wächters und die damit verbundene Dienstwohnung verschafft. Die Ansprüche von Karim und vor allem Touré nehmen aber mehr und mehr ausbeuterische Züge an, dazu kommen merkwürdige Begebenheiten, wie z. B. ein Fremder, der Vieh aus dem Tierheim kaufen wollte, das erst kurz vorher dort über den Zaun geworfen worden war. Siddo und Zéno überlegen, ob sie die Zauberin Tantibinta um Hilfe bitten sollen, die für ihre mächtigen Rachezauber bekannt ist. Dann wird auch noch falsche Anklage wegen Betrugs gegen Zéno erhoben und Siddo äußert in einem Gespräch mit dem Chef der „goums“ und Touré schwere Anschuldigungen gegen letzteren. Was macht denn eigentlich diese einzelne schwere, schwarze Wolke am Himmel dieses sonnigen Tages ...?



    Meine Meinung: Obwohl mir Siddo eigentlich sehr leid tat, wie er da in die Fänge von Leuten gerät, die um jeden Preis ihren eigenen Vorteil suchen, so habe ich mich doch beim Lesen auch wunderbar amüsiert. Oumarou wählt – wie ich annehme: bewußt – eine fiktive Stadt für seine Geschichte, wenngleich die porträtierten Gestalten einigermaßen typisch sein dürften: der junge Politiker, der schon mal für die Zeit „danach“ vorsorgen will (man weiß ja schließlich nie, was so passiert, der Vorgänger verlor seinen Posten auch recht plötzlich), der Wachsoldat, der sich auf dem falschen Platz und benachteiligt fühlt und beim Ausgleich nachhilft, der naive Helfer, der für die Ausführung der Geschäfte benötigt wird, als er lästig wird aber abserviert werden soll. Mir war bis zum Ende nicht im Detail klar, wie das Geschäft lief, und wie Touré und Karim miteinander verbandelt waren, aber das klärt sich zum Glück. Überhaupt ist das Ende einfach herrlich und das hat maßgeblich mit dieser dicken schwarzen Gewitterwolke zu tun!


    Die Erzählung selbst ist ziemlich geradeheraus, nur zweimal gibt es längere Rückblicke und beide gehen im Prinzip von Karim aus: einmal zur Darstellung seines Vorgängers und der Fettnäpfchen, in die dieser so tief getreten ist, daß er sein Amt verlor, und einmal zur Aufdeckung der Händel zwischen ihm und Touré. Abgesehen von einigen, wie ich vermute, spezifisch franko-afrikanischen Wörtern, an denen mein Wörterbuch scheiterte, die sich aber irgendwie aus dem Zusammenhang erschließen ließen, war auch das Sprachniveau nicht übermäßig kompliziert und in Verbindung mit der recht linearen Erzählweise auch mit meinen eingerosteten Kenntnissen recht gut zu lesen. Dies war der zweite Roman, den ich im Zuge der literarischen Afrika-Reise gelesen habe, in dem die Hexerei eine wichtige Rolle spielt. Es ist auf jeden Fall ein spannendes Thema, wie dergleichen offensichtlich immer noch wahrgenommen wird und welche große Bedeutung der Glaube daran hat, wenn es sich immer wieder – durchaus mit einiger Ernsthaftigkeit und ohne Herablassung – als Thema und Problemlösungsmechanismus in Romanen findet. Hoffentlich finde ich von der Sorte noch ein paar Bücher ...


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • :grmpf: Und wieso gibt's von dem Buch keine Übersetzung?


    Weil sich nur wenige Verlage die Mühe machen (können), für das schmale Segment an interessiertem Publikum solche Bücher zu übersetzen? Afrikanische Literatur ist sicher kein Kassenschlager und da konzentriert man sich wohl eher auf die bekannteren Namen, die ja deswegen auch noch lange nicht in riesigen Auflagen erscheinen ...