Jon Courtenay Grimwood - redRobe

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    Axl Borja ist ein Profikiller, der sich bei seinem letzten Auftrag hat erwischen lassen und deswegen, als Chance dem Todesurteil zu entgehen, vom mächtigen mexikanischen Kardinal Santo Ducque die Aufgabe erhält unter dem Deckmantel einer Flüchtlingsidentität nach Samsara, dem tibetanischen Flüchtlingshabitat, zu gehen, und dort den Papst und/oder das verschwundene Vermögen des Vatikans zu finden. Der Papst bzw. die Päpstin Joan ist eigentlich vor laufenden Kameras ermordet worden, aber auf Samsara befindet sich ihre Schwester und die von einem Priester dorthin verschleppt minderjährige Prostituierte Mai und irgendwo dort liegt auch das Geheimnis um Joans Tod und die Finanzen des Vatikans. Hätte Axl mal lieber auf seinen Colt gehört, dann wäre er jetzt nicht in dieser Situation, allerdings hätte wäre der Colt dann auch nicht wiedergeboren worden.


    Die Geschichte klingt reichlich verworren, aber das Schwierige war nicht so sehr den Handlungssträngen um die Personen zu folgen, sondern sich generell in der Welt von redRobe zurechtzufinden. Während in den beiden anderen Büchern von Grimwood, die ich bisher gelesen habe, stets zwei parallele Handlungen abliefen, von denen eine in einer Welt spielte, die sich kaum von der unseren unterschied und die andere in einer, die so technisch war und so weit von uns entfernt, dass die Unterscheide zwischen Science Fiction und Fantasy bereits wieder verschwammen, gibt es hier nur eine Welt. Einige Dinge dort kommen einem bekannt vor und zum Teil wirken die Entwicklungen auch sehr realistisch, aber es ist keine Welt in der man leben möchte. Es ist eine Welt, in der anscheinend sämtliche Entwicklungen in Politik, Weltwirtschaft, Religion in die negative Richtung verlaufen sind und das Leben für die Ärmeren noch härter geworden ist und Missbrauch, Gewalt und Tod für sie allgegenwärtig sind. Sämtliche technischen Entwicklungen kommen nicht der Allgemeinheit zugute, sondern dienen anscheinend nur dazu, Reich von Arm abzugrenzen und die Unerwünschten besser zu überwachen, zu unterdrücken und zu töten. PaxForce, die Eingreiftruppe der UN hat nichts (mehr) mit dem Friedensauftrag zu tun, den der Name impliziert, sondern ist einfach nur eine marodierende Söldnertruppe, die zum Vollzug ihrer Aufgaben auch vor Folter nicht zurückschreckt. Klone existieren, aber ihnen ist die Seele aberkannt, ihr Besitz ist zwar als Sklaverei verboten, aber stattdessen hat man sie einfach wie Abfall auf die Straße geworfen, wo ihnen nur übrig bleibt, sich selbst zu verkaufen.


    "redRobe" war mir insgesamt zu sehr SF in dem Sinne, dass Körperteile ausgetauscht und ersetzt werden können und Implantate und Drogen die Fähigkeiten der Menschen erweitern, ich bevorzuge Bücher, an denen sich der Zukunftsgedanke nicht so sehr an Äußerlichkeiten festmacht, sondern eher an den gesellschaftlichen Veränderungen, die hier nicht stark genug herauskamen, die ganze Welt erinnerte mich einfach nur an ein korruptes 3. Welt - Land. Grimwood hat einen interessanten Ansatz in Bezug auf die Religionen seiner Welt, er spickt die größtenteils buddhistisch-tibetanischen Motive mit einem Schuss Christentum, versäumt es aber leider daraus etwas zu machen, hier finden sich weder religiöse Konflikte, noch echte Verbindungen zwischen den Religionen. Die Personen, die Grimwood in seiner sehr brutalen Welt agieren lässt, waren leider ebenfalls nicht ganz so interessant, wie man vielleicht vermutet hätte, die faszinierendste "Person" war tatsächlich der Colt und manchmal hatte man auch das Gefühl, dass er der menschlichste von allen war. Das Ende des Buches war relativ offen, Grimwood gönnt seinen Figuren kein wirkliches Happy-End. Zwar sind zunächst alle, die bis zum Ende durchgehalten haben, außer Gefahr, aber an der miserablen Gesamtsituation hat sich eigentlich nichts geändert. Die Welt bleibt schlecht, daran ändern weder Kardinal, noch Papst oder Dalai Lama etwas.


    Neben der doch recht depressiven Grundhaltung hat mich die Sprache am meisten bei diesem Buch gestört. Zum einen, weil der Autor sehr viele selbst erdachte bzw. zusammengesetzte Ausdrücke benutzt, deren Sinn man sich zwar denken, die aber ungewohnt sind und den Lesefluss beeinträchtigen, zum anderen behagte mir die Sprache der Figuren nicht, denn auch wenn es zu der Stimmung des Buches irgendwie schon passte, kann ich persönlich durchaus auf den inflationären Gebrauch von "Fuck" (gefühlte mehrmals pro Seite) verzichten.


    Wäre das mein erster Roman von Grimwood gewesen, hätte ich danach vermutlich nichts mehr von ihm gelesen, so hake ich das Buch als Jugendsünde ab und erhoffe mir viel Freude an seiner Arabesk-Trilogie.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    PS- Bücher führen zu Büchern: Der Titel bezieht sich angeblich auf ein Werk des viktorianischen Schriftstellers Stanley J. Weyman: Under the Red Robe (über Kardinal Richelieu, der zur Zeit der Hugenottenkriege einen notorischen Spieler und Draufgänger vom Galgen holt, damit dieser einen Herzog unschädlich macht, der als Hugenottenführer verdächtigt wird.)