Hanns-Josef Ortheil - Lesehunger. Ein Bücher-Menu in 12 Gängen

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  • Die Sachen, die ich (quer)gelesen habe sind mir nicht besonders schwierig vorgekommen. Das waren "Mythen des Alltags", "Das semiologische Abenteuer" und "Ich habe das Theater immer sehr geliebt, und dennoch gehe ich fast nie mehr hin".
    Siehe z.B. folgendes Zitat aus letztgenanntem Buch, in dem es um Theaterkostüme geht: „Das Zeichen ist immer dann krank, wenn es schlecht, zu sehr oder zu wenig mit Bedeutung genährt wird. Unter den häufigsten Krankheiten erwähne ich: die Dürftigkeit des Zeichens (Wagnerheldinnen im Nachthemd), die Wörtlichkeit (Bacchantinnen, die durch Weintrauben gekennzeichnet werden), die Überladenheit (die Federn von Chanteclerc, einzeln nebeneinandergesetzt: Gesamtgewicht des Kostüms: einige hundert Kilo); die Nichtentsprechung ("historische" Kostüme, die gleicherweise für vage Epochen verwendet werden) und schließlich die Häufung und das innere Ungleichgewicht der Zeichen [...].“ (S. 287).
    Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass ich damals die schwierigen Stellen übersprungen habe. :breitgrins:


    Also, ich finde dein Zitat schwierig zu lesen. Was heißt "die Dürftigkeit des Zeichens", "das innere Ungleichgewicht der Zeichen"? Wer ist "Chanteclerc"? Mir ist das zu abstrakt und theoretisch.


    Gruß, Thomas

  • Auch ich verweise auf die Inhaltsangabe von Klassikerfreund.
    Es ist ein bisschen schwierig etwas zu einem Buch zu schreiben, dem zwei so schön geschriebene Rezensionen vorhergehen...
    Ich teile definitiv die positive Meinung zu diesem Buch.
    Die Idee Lesegewohnheiten in ein Büchermenü zu fassen, fand ich klasse und sie war es, die mich neugierig machte und weswegen ich dieses Buch kaufte. Der Leser durchwandert zusammen mit Ortheil und seinem(r) Gesprächspartner(in) die verschiedenen Räume in seinem Haus, wobei jeder Raum eine eigene Bibliothek besitzt. Natürlich sind die Bibliotheken nach verschiedenen Themen angeordnet. Auf dem Grundstück steht ein kleines, altes Weinberghäuschen und sogar hier ist eine kleine Bibliothek beherbergt und Ortheil nutzt diesen Platz zum Lesen. Die Vorstellung, dass es in diesem Haus vor Büchern nur so wimmeln muss, hat mich total begeistert und ich hätte mich über einige Fotos in dem Buch sehr gefreut. Mich würde es schon interessieren, wie es tatsächlich aussieht...
    Zu den vielen Autoren, die Ortheil in seinem 12-Gänge-Menü nennt, kann ich nur sagen, das ich dieses Buch ein zweites Mal lesen werde, allerdings in Gesellschaft von Block und Stift, um mir die vielen Anregungen raus zu schreiben, die mir dieses Buch geliefert hat. Bei vielen geht es mir wie MacOss, ich kenne sie nicht, oder hab noch nichts von ihnen gelesen, aber neugierig kann man ja sein und ich werde mir bestimmt den einen oder anderen Autoren mal ansehen.
    Die Geschichte von ihm und seiner Mutter, im neunten Gang, hat mich sehr berührt. Mir gefiel es, auch Einblicke in die Kindheit und den Werdegang von Ortheil zu bekommen.
    Alles in allem finde ich, das Buch gelungen und interessant zu lesen. Bei dem einen oder anderen wird bestimmt die Neugier auf diesen oder jenen Autor geweckt, so wie bei mir.


    Ich gebe : 4ratten

    Mein Patronus ist eine Büchereule

    Einmal editiert, zuletzt von simmilu ()

  • Ich habe zwar (bis jetzt 3) Bücher von Ortheil sehr gerne gelesen, muss aber gestehen, dass mich dieses hier genervt hat.
    Vielleicht liegt das auch an der Form des fiktiven "Interviews", bei der der Gesprächspartnerin (naturgemäß?) nur die Rolle der blassen Bewunderin zufällt und dem Autor die des Selbstdarstellenden auch bis in äußere Details?!
    Irgend jemand benutzte das Wort "Selbstbeweihräucherung" - genau so habe ich es auch empfunden.


    Ansonsten ist es natürlich interessant, zu erfahren, was jemand liest, dessen Bücher man gelesen hat.. :)

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    Die 12 Gänge sind zwölf Gespräche zwischen Ortheil und einer „Besucherin“, die ich als eine Art Journalistin wahrnehme, die aber allerdings hauptsächlich als eine Art Stichwortgeberin dient. Sie stellt zwar Fragen, diese gehen aber nicht in die Tiefe, sondern sind immer nur Anlass für einen längeren Monolog Ortheils. Diese Gespräche verteilen sich auf zwei Tage, die die beiden miteinander auf Ortheils großzügigem Grundstück verbringen, immer wieder Gesprächsplatz und häufig auch das Getränk wechselnd und dabei jedes Mal auch dem Gesprächsstoff eine neue Richtung gebend. Jeder der Gänge endet mit einer Auflistung der in diesem Kapitel erwähnten Bücher, das nimmt gerne eine halbe Seite ein.


    Die ersten Sätze fand ich so intellektuell selbstbeweihräuchernd, dass ich geseufzt habe und eigentlich gar nicht weiterlesen wollte. Ein paar Seiten später überwog, aber das Gefühl, dass er es nicht überheblich meint, sondern einfach tatsächlich so viel mehr über das Lesen mit allem Drumherum nachdenkt, dass das dabei herauskommt. Und er ist ein wahrer Buchliebhaber und Leser und liest wohl tatsächlich alles:

    Zitat

    [Bahnhofsbuchhandlungen] Dieses Sortiment aus allem Möglichen gefällt mir, all diese Ratgeber für den raschen Lesekonsum, die Bestseller, die neuesten Taschenbücher aller Art. Warum nicht? … denke ich, warum nicht auch so etwas einmal lesen?! Soll ich etwas zu einem Leser verkommen, der laufend nur mit kulturell abgesicherten Titeln unterwegs ist? Nein, auf keinen Fall, ich mag das uniformierte Lesen nicht, und erst recht mag ich Kanon-Bildungen nicht. Einen bestimmten Kanon lesend abzuarbeiten - das kann ja nur eine Tortur sein.


    Im Nachhinein und als Ganzes betrachtet, habe ich sein Geplauder dann zwar teilweise vorbei plätschern lassen, es aber insgesamt größtenteils genossen, auch wenn ich nicht glaube, dass ich seine Romane lesen werde.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus: