Hi!
Ich habe dieses schmale Büchlein von einem Kollegen nach einer Aufräumaktion geschenkt bekommen. Und das habe ich dazu zu sagen:
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Inhalt:
Kalle, der Arbeiter, und Ziffel, der Physiker, sind beide während des Zweiten Weltkrieges aus Deutschland und vor dem Faschismus geflüchtet. Sie begegnen sich zufällig in einer Kneipe (vermutlich in Schweden) und fangen ein Gespräch an. Sie merken, dass sie sich in vielem einig sind und es entsteht so etwas wie eine Freundschaft; die beiden treffen sich immer wieder, um miteinander zu reden und Bier zu trinken.
Meine Meinung:
«Flüchtlingsgespräche» ist eines der wenigen Bücher, die eigentlich gut sind, mir aber überhaupt nicht gefallen. Drum auch die tiefe Wertung.
Das fängt schon damit an, dass zwischen Kalle und Ziffel irgendwo Unterschiede bestehen sollten, die über den Beruf hinausgehen. Aber da sitzen sich ein Arbeiter und ein Physiker gegenüber, die sich intellektuell etwa auf gleicher Augenhöhe befinden und ein Zwiegespräch entsteht eigentlich nirgends, weil die beiden auch ziemlich deckungsgleiche Meinungen aufweisen. Ist ja schön und gut, aber wenig spannend. Da hätte man mehr draus machen können, als einen Monolog auf zwei Personen verteilen.
Was mich aber am meisten gestört hat, ist der unsägliche Zynismus. Ich bin ja sonst nicht von der Sorte, die sowas nicht erträgt oder auch selber mal den einen oder anderen Spruch von sich gibt. Aber was die beiden da verhandeln (und in welchem Ton) ist einfach zu viel des Guten. Ein Beispiel aus Kapitel sechs, in dem es um die Zivilbevölkerung im Krieg geht:
Ziffel: «Haben Sie gelesen, wie jetzt in Frankreich die Zivilbevölkerung dem totalen Krieg in die Quere gekommen ist? Sie hat alle Pläne der Heeresleitung über den Haufen geworfen, heisst es. Sie hat die militärischen Operationen gehindert, indem die Flüchtlingsströme die Strassen verstopft haben. (...) Die hungrigen Leut haben den Truppen die Essvorräte weggefressen, so dass sich die Zivilbevölkerung geradezu als eine Heuschreckenplage erwiesen hat.»
Und darauf folgt nicht etwa der Ausdruck des Empörens darüber, dass die Zivilbevölkerung hungrig und auf der Flucht ist, Kalle und Ziffel diskutieren das Problem, wie wenn es dabei um ein abstraktes Problem und nicht um reale Menschen ginge. Und das notabene von zweien, die selber vor dem Krieg geflohen sind! Ich fand solche Passagen furchtbar und mit ihnen fast das ganze Buch. Zu verbittert, zu zynisch das Ganze. Dass man nämlich in nüchternem Ton und eindrücklich, aber ohne zynisch zu werden, über den Wahnsinn des Krieges schreiben kann, hat beispielsweise Erich Maria Remarque mit seinem Buch «Im Westen nichts Neues» bewiesen. So was wäre eher angebracht gewesen und hätte dem ansonsten guten Buch Brechts, das auch einige sehr interessante Gedanken enthält und mir sprachlich sehr zugesagt hat, wesentlich besser getan. Schade drum.
4 von 10 Punkten
Lieber Gruss
Alfa Romea