Boris Meyn – Die Schattenflotte

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    Inhalt: Das Jahr 1902 beginnt für Sören Bischop nicht gut. Noch auf der Trauerfeier für seine verstorbene Mutter erfährt er, daß sein Ziehsohn David wegen Totschlags verhaftet wurde. Davids Erinnerungen sind durch Alkohol getrübt, aber er ist sich sicher, daß er den Mann, einen jüdischen Auswanderer, nicht erschlagen hat. Er und seine Begleiter hätten sich nur mit diesem angelegt, weil er eine widerstrebende Frau hinter sich herzog. Mit ein bißchen Glück gelingt es Sören, den Namen des einzigen Zeugen herauszubekommen, aber als er diesen aufsuchen will, wird er zunächst von einem Unbekannten über den Haufen gerannt und muß dann feststellen, daß der Zeuge gerade zuvor aus dem Fenster gestürzt ist (oder gestürzt wurde?) und nun tot auf dem Straßenpflaster liegt. Sören bleiben aus dem Gepäck des Toten nur einige Papiere, die er mit seinem Freund Martin zusammen zu interpretieren versucht, aber es gibt zu viele Lücken. Und der Besitz dieser Papiere bringt Sören eine Menge Unannehmlichkeiten und Bedrohungen, während er parallel versucht, David zu entlasten: in sein Büro wird eingebrochen, er wird verfolgt und schließlich wird auch noch seine Frau Tilda entführt ...



    Meine Meinung: Ganz im Sinne der Vorgängerbände der Bischop-Reihe bilden auch hier zwei Verbrechen den Aufhänger für einen Blick nach Hamburg zu einer wichtigen Zeit. Besonders spannend war – neben der Frage ob und wie die beiden Toten zusammenhängen – das Puzzle um die Papiere, die Sören in die Finger gefallen sind. Zusammen mit Informationen, die ihm Martin Hellwege besorgt, lassen Sörens eigene Ermittlungen im Reederei-Umfeld, besonders bei seinem alten Schulkameraden Woermann, frühzeitig ahnen, daß hinter dem Papierkram mehr steckt als ein weiterer Dampfer fürs Auswanderergeschäft, zumal der Hapag-Chef Ballin auch keinen sauberen Eindruck hinterläßt. Die tatsächlichen Hintergründe waren in der zweiten Hälfte teils zu ahnen, teils überraschend und bestürzend, und es entbehrte nicht einmal einer gewissen Aktualität.


    Wieder gelingt es Boris Meyn, die Stadt sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Jahrhundertwende dem Leser präsent zu machen. Von den prachtvollen Bauten der Reedereien bis zur Arbeit der Nieter auf den Werften finden sich eine Fülle von Ansatzpunkten für weitere Beschäftigung mit Themen der Zeit. Dabei werden wie gewohnt historische Persönlichkeiten eingeflochten, von der Erwähnung eines jungen russischen Pianisten namens Rubinstein bis zum seekranken deutschen Kaiser, ohne daß diese deplaziert wirken, denn sie geben der Geschichte wunderbares Zeitkolorit. Da hohe Politik ins Spiel kommt, führen zwar auch Spuren aus Hamburg nach Berlin, aber der eigentliche Schauplatz bleibt die Hansestadt. Erfreulicherweise gibt es auch wieder einen schönen Bildteil in der Mitte, der die Geschichte gut illustriert, sowie den obligatorischen Epilog von Boris Meyn, in dem er Fakt und Fiktion voneinander trennt.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen