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Klappentext (englische Ausgabe):
Toru Okada's cat has disappeared and this has unsettled his wife, who is herself growing more distant every day. Then there are the increasingly explicit telephone calls he has started receiving. This title examines how the tidy suburban realities of Okada's life, spent cooking, listening to jazz and drinking beer, are turned inside out.
Klappentext (deutsche Ausgabe):
In Japan nennen ihn konservative Kritiker und Schriftstellerkollegen "batakusai - nach Butter stinkender Wessi", die anderen halten ihn für den Literaturnobelpreisträger der Zukunft. Haruki Murakami polarisiert mit seinen Geschichten und Romanen. Wie seine Helden entzieht er sich der anonymen Masse. Seine Romanfiguren werden in der japanischen Gesellschaft, in der angepasstes Verhalten von existentieller Bedeutung ist, als einsame Wölfe gebrandmarkt. Der 30-jährige Toru Okada in "Mister Aufziehvogel" steigt aus einer Anwaltskanzlei aus und gerät bei der Suche nach seinem Kater mitten in Tokio in eine Traumwelt, in der ihn erotische Verlockungen, aber auch bösartige Intrigen erwarten. Der Brunnen, der Toru den Einstieg in die geheimnisvolle Unterwelt gewährt, ist Zugang zu Vergangenem und Verdrängtem.
Meine Meinung:
Wirklich gerecht werden dem Buch weder der englische noch der deutsche Klappentext, aber ich weiß ja selbst kaum, wie ich diese Rezension anfangen soll.
Erst sind es nur merkwürdige Kleinigkeiten, die den Alltag des arbeitslosen Ich-Erzählers Toru Okada stören, wie das spurlose Verschwinden seines Katers, die anonymen Anrufe einer Fremden, die ihn zu kennen behauptet, oder die seltsamen Anwandlungen seiner Frau Kumiko. Bald jedoch häufen sich die mysteriösen Begebenheiten - Toru Okada begegnet einer skurrilen Gestalt nach der anderen, Träume gewinnen die Qualität von tatsächlich Erlebtem, während er in der realen Welt wie durch einen Kokon isoliert umher tappt. Eine ganze Reihe von Rätseln tut sich auf, wovon manche ihren Ursprung in der Gegenwart haben, andere ein paar Jahre in der Vergangenheit, und manche sogar im zweiten Weltkrieg, während der Kämpfe der Japaner auf dem Festland.
Hier liegt meiner Meinung nach auch der einzige kleine Schwachpunkt des Buches: nach einem starken ersten Teil hängen in der Mitte über einen zu langen Zeitraum zu viele unbeantwortete Fragen in der Luft, sodass ich als Leserin etwas ungeduldig wurde. Teils in Briefen, teils in Erzählungen von anderen Figuren werden die Erlebnisse des Protagonisten durch Rückblenden unterbrochen, in denen man Parallelen und Anspielungen zur Gegenwart entdeckt - jedoch werden dadurch kaum Fragen beantwortet, sondern eher neue aufgeworfen á la: "Ah, ach so ... aber was hat das denn nun wieder zu bedeuten?"
Das Buch ist gespickt mit Metaphern und Symbolen, die bestimmt jede Menge Stoff für Sekundärliteratur liefern würden - ab und zu hätte ich mir auch genau die gewünscht, oder zumindest eine begleitende Leserunde, um manche Dinge zu diskutieren oder Eindrücke aufzuarbeiten.
Im hinteren Teil nimmt das Buch dann jedoch wieder an Fahrt auf, die Zusammenhänge werden greifbarer, und ganz am Ende wird dann doch einiges aufgeklärt. Abgesehen von der Stagnation beziehungsweise dem Sich-im-Kreis-drehen im Mittelteil (was ich jedoch für vom Autor beabsichtigt halte, da es eigentlich genau die Situation des Protagonisten zu diesem Zeitpunkt widerspiegelt), kann ich auch nur Positives sagen.
Wer den Schreibstil Haruki Murakamis kennt, kann sich auf die gewohnt präzise, klare, auf das Wesentliche reduzierte Sprache freuen. Er beschreibt nicht mehr und nicht weniger als notwendig, um beim Leser mit geringstem Aufwand ein konkretes Bild oder eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Ich bin mir nicht sicher, ob der Vergleich angebracht ist, aber beim Lesen dachte ich mehrmals: für mich schreibt Murakami so, wie Schiele malte - minimaler Pinselstrich für maximalen Effekt.
Allerdings habe ich die englische, direkt aus dem Japanischen übersetzte Version gelesen - die deutsche soll wiederum nur eine Übertragung aus dem Englischen und etwas hölzern geraten sein. Gut möglich, dass der Stil dadurch etwas von seiner Schönheit eingebüßt hat (wie andere Rezensionen im Internet vermuten lassen) ...
Alle Charaktere, denen im Laufe der Geschichte mehr Raum eingeräumt wird, scheinen in irgendeiner Weise - nunja, eine Schraube locker zu haben. Manche wecken dennoch Sympathien, andere deswegen - wieder andere stoßen einen ab, und manche entziehen sich sowieso alldem.
Die Atmosphäre würde ich als hypnotisch bezeichnen - wie die verschiedenen Realitäten miteinander verschmelzen, wie es immer schwieriger wird auseinanderzuhalten: Was passiert tatsächlich? Was ist Traum? Was ist Vision? Oder: Was ist wo real? ... all das zog mich völlig in seinen Bann. Man muss sich darauf einlassen, die Kontrolle aufzugeben und sich einfach von der Geschichte tragen zu lassen.
Was nicht unerwähnt bleiben sollte, sind die teilweise sehr drastischen Gewaltszenen. Sie sind nicht unnötig (ich glaube, nichts in diesem Buch ist unnötig, ich habe nur manches nicht auf Anhieb verstanden) - aber der Roman hält schon einiges an Brutalität für den Leser bereit. Auch die erotischen Szenen sind sehr anschaulich geraten, allerdings wirkt die Bildhaftigkeit hier naturgemäß um einiges angenehmer.
Ich würde gerne noch auf manches detaillierter eingehen, aber ich komme sowieso schon vom Hundertsten ins Tausendsten und es fällt mir wirklich schwer, meine Eindrücke wenigstens halbwegs in eine logische, verständliche Form zu bringen.
Was jedoch auch damit zusammenhängen könnte, dass der Roman Wörter wie "Logik" oder "Verständlichkeit" sowieso ziemlich ungewohnt interpretiert ...
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