Stephanie und Ralf de Jong - Schriftwechsel

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 1.776 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Stephanie und Ralf de Jong: Schriftwechsel. Schrift sehen, verstehen, wählen und vermitteln. 340 Seiten + 20 Seiten Anhang. Herman Schmidt Verlag, 89 EUR.


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    Das großformatige, fadengebundene Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil werden auf 135 Seiten die theoretischen Hintergründe zu Schriften vermittelt. Man beginnt damit, welche Merkmale eine Schrift kennzeichnen. Im Prinzip sind es drei Merkmale, durch die sich jede Schrift charakterisieren lässt: 1. Das sogenannte Kontrastmodell, welches das Verhältnis von dünnster zu dickster Strichstärke beinhaltet. Üblicherweise gibt hier es drei Typen von Schriften. Schriften, deren Verhältnis zwischen dünner und dicker Linie bei 1:1 liegt (wie bei den modernen serifenlosen Schriften wie Arial), die üblichen Buchschriften wie Garamond oder Bembo, deren Verhältnis etwa bei 1:2 liegt, und Schriften, deren Verhältnis bei etwa 1:3 liegt, die man auch in Büchern findet, aber eben auch für Plakate etc. Verwendung finden. Interessant ist die vermittelte Erkenntnis, dass sich diese drei Kontrastmodelle auf drei verschiedene Schreibfedern historisch zurückführen lassen, die Schnurzugfeder, die Wechselzugfeder (auch Bandzugfeder genannt) und die Spitzfeder. Das zweite Merkmal einer Schrift sind die Zeichenformen, die unterschiedlich offen / geschlossen gestaltet werden können und das dritte Merkmal ist die Form der Serifen (Endstriche) einer Schrift. All dies trägt zur unterschiedlichen Lesbarkeit einer Schrift bei. Das Schriftbild ergibt dann eine gewisse „Farbe“, hat einen „Rhythmus“ und weist eine unterschiedliche starke „Zeilenbildung“ auf. All dies wird durch Beispiele überzeugend illustriert, auch wenn manche Ausführungen etwas zu knapp geraten sind. Im theoretischen Teil werden weitere Themen behandelt, wie zum Beispiel die Schriftklassifikation nach DIN, strukturelle, inhaltliche und ökonomische Auswahlkriterien bei einer Schriftwahl, der digitale Zeichensatz, die Schrifteinrichtung sowie der Aufbau einer Schriftbibliothek. Die meisten dieser Themen sind auch für den interessierten Laien durchaus mit Gewinn zu lesen. Bei den Auswahlkriterien einer Schrift hätte man sich aber doch deutlich ausführlichere Erläuterungen mit mehr Beispielen gewünscht. Bei den technischen Kapiteln zum Digitalsatz wird nicht jeder Begriff gut definiert eingeführt.


    Im zweiten Teil werden auf je einer Doppelseite 50 Lieblingsschriften vorgestellt. Auf der linken Seite gibt es jeweils Erläuterungen zu den Vor- und Nachteilen der Schrift, wobei der Text dann immer im vorgestellten Schriftsatz gesetzt wurde. Es ist interessant zu sehen, wie stark das Lesegefühl bei auf den ersten Blick kaum unterscheidbaren Schriften variiert. Auf der rechten Seite ist dann jeweils der Zeichensatz in einem großen Font abgebildet. Es wäre hier wünschenswert gewesen, wenn die Autoren jede dieser Schriften in ihre eigene zuvor eingeführte Schriftklassifikation eingeordnet hätten, nun muss der Leser dies selbst vornehmen. Ein kurzer Abriss zum Leben des Schriftdesigners wäre ebenfalls von Interesse gewesen.


    Im dritten Teil werden auf den nächsten 100 Seiten 200 weitere Lieblingsschriften der Autoren kurz vorgestellt, in dem fortlaufend der Beginn des Romans Garamonds Lehrmeister in der jeweiligen Schrift gesetzt wird. Eine Charakterisierung findet hier dann nur kurz in der blau gesetzten Randspalte statt. Diese Randspalte wird für Fußnoten und Bemerkungen aller Art auch in den anderen beiden Teilen ausgiebig genutzt.


    Im Anhang findet man ausführliche Literaturhinweise, Bezugsquellen zu den Schriften sowie eine Übersicht über alle behandelten Schriften. Die Gestaltung des Buches ist natürlich, wie es sich für "Schriftgelehrte" gehört, vorbildlich.


    4ratten


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Die meisten dieser Themen sind auch für den interessierten Laien durchaus mit Gewinn zu lesen.


    Zu den Laien zähle ich mich auch, wobei dieses Buch angesichts des Preises kaum den Weg zu mir finden wird. Hast du eventuell noch ein paar erschwinglichere Buchtipps, falls du dich auf diesem Gebiet besser auskennst? Mich würde vor allem interessieren, ob und wie sich heutige Schriften aus der Geschichte weiterentwickelt haben.


    Grüße
    Doris

  • Leider nein. Die Entwicklung der Schriften aus der Geschichte wird im besprochenen Band auch nicht direkt behandelt. Es werden natürlich viele Schriften vorgestellt, die auf historische Vorbilder zurückgehen bzw. diesen entsprechen, es wird jedoch auch deutlich, dass man diese für den Digitalsatz neu interpretieren muss, da ein mechanisch gedruckter Buchstabe einen anderen "Stempel" benötigt als für den Digitaldruck. D.h. eine hier vorgestellte Schrift Garamond oder Bodoni ist immer die heutige Interpretation.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Schade. Wahrscheinlich sind die Schriften noch zu modern, um ausführlicher untersucht zu werden. Irgendwann wird sich hoffentlich jemand des Themas annehmen.


    Grüße
    Doris


    Es gibt sicherlich dazu Bücher, nur umfasst mein Bücherschrank in Sachen Typografie gerade mal 3 Titel. Der dritte Titel könnte durchaus Relevantes enthalten, aber ich muss ihn erst mal zwischen den Regalen finden. :smile:


    Gruß, Thomas