Martin Wehrle – Ich arbeite in einem Irrenhaus

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 3.796 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Es ist vermutlich ein bisschen albern, bei einem Sachbuch Spoilermarkierungen einzufügen, aber vielleicht vermisst sie ja einer, wenn ich sie ausnahmsweise mal weglasse. ;) Den Text innerhalb der Markierungen kann man getrost mitlesen, muss es aber nicht tun.


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    Martin Wehrle: Ich arbeite in einem Irrenhaus – Vom ganz normalen Büroalltag. Mit großem Irrenhaus-Test, Illustrationen von Dirk Meissner, Berlin 2011, Econ/Ullstein Buchverlage GmbH, ISBN 978-3-430-20097-4, Softcover, 283 Seiten, Format: 13,5 x 20,5 x 3 cm, EUR 14,99 (D), EUR 15,50 (A)


    „Wo jeden Tag Berge an irrsinnigem Mist produziert werden, ist die Forke der Vernunft nur eine Kuchengabel, viel zu klein, um etwas auszurichten. Wer ein Irrenhaus als vernünftiger Mensch betritt, hat keine Garantie dafür, dass er es im selben Zustand wieder verlässt. Der Irrsinn färbt ab.“ (Seite 238/239)


    Karriereberater Martin Wehrle blickt seit Jahren täglich hinter die Fassaden deutscher Unternehmen. Was er da sieht und hört, ist oft der blanke Irrsinn. In seinem Buch zeigt er, dass dieser Wahnsinn Methode hat – und wie man ihm entkommen kann.


    Die 41 Paragraphen der Irrenhaus-Ordnung, die er aus dem Wahnsinn herausdestilliert hat, dürfte nahezu jeder abhängig Beschäftigte wissend abnicken. Und in manch einem der haarsträubenden Fallbeispiele erkennt man die eigene Realität wieder – oder die Klagelieder seiner Freunde und Verwandten.


    Einige Erklärungen hat man sich als erfahrener Arbeitnehmer schon selbst zusammengereimt und fühlt sich bestätigt, wenn ein anerkannter Fachmann zu ähnlichen Schlüssen kommt wie man selbst. Über andere Aspekte des Wahnsinns hat man sich noch gar keine Gedanken gemacht und bekommt hier wertvolle Denkanstöße.


    Wir lernen hier zum Beispiel, dass es – neben irren Einzeltätern – einen branchen- und einen firmeninternen Irrsinn gibt. Dem Branchenirrsinn entkommt man nur, wenn man sich beruflich vollkommen neu orientiert. Nur die Firma zu wechseln, bringt da nichts. Eine Bank ist eine Bank ist eine Bank.


    Der firmenspezifische Irrsinn dagegen ist von Haus zu Haus verschieden. Man muss einfach so lange suchen, bis man die Irren findet, zu denen man am besten passt. Wie das geht, verrät uns der Autor natürlich auch. Mit Hilfe des Internets ist das heute wesentlich einfacher zu bewerkstelligen als noch vor 20 Jahren. Man muss nur wissen, wie man seine Netzwerke dafür nutzen kann.


    Wenn man all das schon als Berufsanfänger gewusst hätte, wäre einem so mancher Griff ins Klo erspart geblieben!


    Dass man in kleinen Familienklitschen anders spinnt als in international agierenden Konzernen, hat man sich ja schon gedacht. Doch dass der Irrsinn in Phasen verläuft, wobei manche Beklopptheit vergeht und andere besteht, das dürfte nicht allgemein bekannt sein – und ist gut zu wissen. Es gibt also tatsächlich Spielarten des Firmenwahnsinns, die man aussitzen kann.


    Woher der ganze Firmenirrsinn kommt, wird deutlich, wenn man sich Wehrles Typologie der Firmenkulturen anschaut:



    Sind Mitarbeiter und Struktur nicht kompatibel, kann das nichts Gutes werden. Doch wie eine Firma tickt, lässt sich zum Glück schon im Vorfeld einigermaßen zuverlässig herausfinden. Sitzt der Insasse allerdings schon im falschen Irrenhaus und will sich nicht dauerhaft verbiegen, hilft nur noch der Wechsel in eine passendere Anstalt. Denn von innen heraus verändern lassen sich die Strukturen nicht ... zumindest nicht vom einfachen Mitarbeiter. Manche Un(te)rarten des Wahnsinns kann man mit etwas Glück und Kreativität unterlaufen, mehr aber auch nicht. Beispiele dafür liefert das Buch.


    Statt sich als Bewerber nur darauf zu konzentrieren, sich für den potenziellen Arbeitgeber so attraktiv wie möglich darzustellen, sollte man also auch darauf achten, wie die Firma ihrerseits auf einen wirkt. Egal, wie seriös und freundlich man sich dort geben mag: Irrsinn lässt sich nicht komplett unterm Deckel halten. Es gibt Warnzeichen! Man muss sie nur erkennen können.


    Darüber hinaus erfahren wir in dem Band, was beim Bewerbungsprozess alles schief gehen kann ... was man über Visionen und Imagepflege von Unternehmen wissen sollte ... die Wahrheit über Seminare und Fortbildungsmaßnahmen ... wie sich der XXL-Wahnsinn der Konzerne äußert ... welche entsetzlichen Auswirkungen Restrukturierungsmaßnahmen und Fusionen haben können – und noch viele andere nützliche Dinge mehr.


    Darüber, ob und wie sehr der eigene Arbeitgeber spinnt, gibt DER GROSSE IRRENHAUSTEST ab Seite 214 Auskunft. Und wer mittlerweile zu dem Schluss gekommen ist, dass er dringend die Anstalt wechseln muss, für den gibt es DAS GROSSE FRÜHWARNSYSTEM – 25 Tipps und Hinweise zur Erkennung und Meidung irrer Firmen ... damit man nicht vom Regen in die Traufe kommt. Auch wenn man heutzutage auf dem Arbeitsmarkt nicht besonders wählerisch sein kann: Einem unzumutbaren Irrenhaus sollte man wenn irgend möglich aus dem Weg gehen.


    Dieses ebenso informative wie unterhaltsame Buch tut nicht nur was für den Durchblick, es trainiert auch noch die Nackenmuskeln: Man ertappt sich dabei, beim Lesen abwechselnd kräftig zu nicken, weil man so vieles wiederkennt, und heftig den Kopf zu schütteln angesichts der beschriebenen Zustände.


    Bei den grotesken Fallbeispielen weiß man oft nicht, ob man laut loslachen, aus Mitleid weinen oder vor Wut schreien soll. Die Erlebnisse der „Insassen“ sind komisch und tragisch zugleich. Dummerweise sind es keine phantasievoll erdachten Abenteuer aus Absurdistan, sondern der ganz normale Wahnsinn in diversen Unternehmen. Da ist man schon froh und erleichtert, wenn beim Test herauskommt, dass der eigene Arbeitgeber nur zu den milde bis mäßig Meschuggenen gehört. Ein bisschen „Gagaismus“ findet man überall. Was Menschen machen, ist eben nie perfekt.


    Der Autor
    Martin Wehrle war Manager in einem Konzern und Chefredakteur, bevor er Business Coach und Bestsellerautor wurde. Heute leitet er die Karriereberater-Akademie in Hamburg.

  • Das klingt spannend, von dem Titel habe ich mich doch gleich angesprochen gefühlt. Danke für die Rezi, Vandam! Ich schätze mal, da finden sich noch mehr so spannende Sachen drin.

  • Hallo,


    die Rezi klingt ja wirklich superinteressant. Da habe ich doch gleich ein Geschenk...für meinen Chef :breitgrins: .


    LG
    Alexa


  • Der lernt dann gleich, wie er die passenden Irren für sein Irrenhaus rekrutieren kann. :breitgrins:


    Genau. Das machen er und ich nämlich zusammen :breitgrins: . Und im nachhinein ist festzustellen, dass unsere "Irren" wirklich gut zusammenpassen, jeder auf seine spezielle Art in einer sehr speziellen Firmenkultur. Ich bin schon sehr gespannt auf das Buch.


    LG
    Alexa


  • Das ist wohl wirklich das Geheimnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit ... dass die Meisen der einzelnen Leut im Chor zwitschern.


    Das kann ich mir gut vorstellen. Also ich habe irgendwie angefangen, mich hier den Meisen meiner Chefs anzupassen. Z.B. muss immer alles doppelt und dreifach gesagt werden und dann machen sie einen auf Sachen aufmerksam, die man eigentlich weiss, als wäre man blöd. Ich habe jetzt auch angefangen, alles schriftlich festzuhalten, damit ich es auch beweisen kann, dass sie gesagt haben, was sie gesagt haben... Früher (in der Lehre z.B.) hatte ich das nicht. Möglicherweise hängt es auch davon ab, was man gelernt hat?


    Woah, ich muss mir das Buch auch zutun. :breitgrins:

  • Das Buch zum heutigen Tag - Kollegin und ich kommen uns nämlich vor wie in der Anstalt :breitgrins:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich lese das Buch im Moment nebenher. In einem Rutsch wäre ein absoluter Overkill. :zwinker:


    Manche Anekdoten die der Herr Wehrle dort zum Besten gibt sind wirklich nicht zu fassen, manche traurig, manche halb amüsant ... ein bisschen Irrenhaus steckt wohl in jeder Firma scheint es mir. Für meinen Geschmack benutzt der Autor nur etwas zu häufig den Ausdruck "irre Firma" und ähnliches. Auch wenn der Titel lautet "Ich arbeite in einem Irrenhaus" ist mir das etwas zu reißerisch. Aber nun gut. ;) Amüsant aufbereitet ist das Buch jedenfalls.

  • Also, ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und einen Overkill hatte ich nicht. :zwinker: Obwohl man sich danach schon fragen kann, ob es in Deutschland nur irre Firmen gibt - dem ist Gott sei Dank ja nicht so.


    Die Beispiele, die Wehrle bringt, sind herrlich amüsant, aber ganz ehrlich, wenn ich so was in der Realität erleben müsste, würde mir das Lachen auch im Halse steckenbleiben. Den Irrenhaus-Test habe ich noch nicht gemacht, werde ich aber wahrscheinlich demnächst mit einer Kollegin tun.


    Die Tipps am Ende, wie man sich aus einem Irrenhaus befreien kann, fand ich dagegen nicht so hilfreich. Es ist eben nicht für jeden so einfach, sich woanders zu bewerben, sei es wegen mangelnder Flexibilität wegen Familie etc. oder weil die Branche einfach viel zu klein ist. Da hat es sich der Autor meiner Meinung nach zu einfach gemacht.


    Ansonsten kann ich dieses Buch nur empfehlen.

    Einmal editiert, zuletzt von Cuddles ()


  • Also, ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und einen Overkill hatte ich nicht. :zwinker:


    Ne ne, bei dem ganzen Wahnsinn brauchte ich schon regelmäßig Pausen. :breitgrins:


    Auch ganz praktisch fand ich die Sammelliste an Dingen, auf die man schon im Bewerbungsprozess achten sollte ... wobei man da - wenn man mal scharf nach denkt - auch auf die meisten Punkte selbst kommen könnte.



    Die Tipps am Ende, wie man sich aus einem Irrenhaus befreien kann, fand ich dagegen nicht so hilfreich. Es ist eben nicht für jeden so einfach, sich woanders zu bewerben, sei es wegen mangelnder Flexibilität wegen Familie etc. oder weil die Branche einfach viel zu klein ist. Da hat es sich der Autor meiner Meinung nach zu einfach.


    Das finde ich allerdings auch.


    Ansonsten gebe ich mal 4ratten. Unterhalten tut es und man lernt seine - nicht ganz so irre - Firma irgendwie noch mehr zu schätzen. :breitgrins:


  • Auch ganz praktisch fand ich die Sammelliste an Dingen, auf die man schon im Bewerbungsprozess achten sollte ... wobei man da - wenn man mal scharf nach denkt - auch auf die meisten Punkte selbst kommen könnte.


    Auch wenn man selbst drauf kommen könnte, fand ich die Liste ganz praktisch - ist doch schön, wenn ein anderer einem die Denkarbeit abgenommen hat. :zwinker:

  • Auch wenn man selbst drauf kommen könnte, fand ich die Liste ganz praktisch - ist doch schön, wenn ein anderer einem die Denkarbeit abgenommen hat. :zwinker:


    Natürlich, das war auch nicht direkt negativ gemeint. Ich dachte eher daran, dass ich bzgl. des Punkts mit dem Erscheinen der Stellenanzeigen (war sie vor Monaten schon einmal drin) mir ähnliche Gedanken gemacht habe.

  • Mir hat das Buch gut gefallen. In der einen oder anderen irrsinnigen Passage finden sich die meisten Arbeitnehmer sicher wieder.
    Lehrreich und sehr amüsant!


    4ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.