[SF-Thriller] Charlie Huston - Die Plage

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    Originaltitel: Sleepless


    „Die Plage“ ist genretechnisch nicht ganz leicht einzuordnen: Zum einen gibt es eine ganz gewöhnliche Krimihandlung mit der Suche nach einem Verbrecher, Gefahr für den Ermittler etc. Andererseits spielt das Ganze aber in einer Welt in der nahen Zukunft, die durch eine Seuche aus der Bahn geworfen wurde und in der fast nur noch das Recht des Stärkeren bzw. Reicheren gilt. Die titelgebende Plage ist die der Schlaflosigkeit: in der Endphase ist für die Erkrankten keinerlei Schlaf mehr möglich, auch nicht durch Medikamente jeglicher Art. Und wie man aus Versuchen weiß, führt fortdauernder Schlafentzug letztendlich zum Wahnsinn. Am Ende steht unausweichlich der Tod und das macht die Erkrankten und ihre Freunde und Verwandten gleichermaßen skrupellos und verzweifelt. Da für mich das Szenario den stärkeren Eindruck machte, habe ich mich entschlossen, das Buch in der Science Fiction-Abteilung zu platzieren, auch wenn Heyne es als Thriller verkauft.


    Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven, teilweise in der dritten, teilweise in der ersten Person erzählt, wodurch häufig bei einem neuen Absatz zunächst unklar bleibt, welche der Hauptfiguren wir gerade begleiten. Dazu kommt, dass es zu Beginn keine Hintergrundinformationen gibt, sondern der Leser die Figuren, ihre Motive und Positionen, erst im Laufe der Geschichte kennenlernt. Echte Nähe baut man so nicht zu den Figuren auf. Die Krimihandlung wirkte ebenfalls zunächst verwirrend, auch, weil die Hauptfiguren völlig unterschiedliche Motive hatten und über verschiedenes Wissen verfügten, was dem einen ein Rätsel war, wusste der andere längst etc. Und während sich die Gefahren zuspitzten, rückte die Aufdeckung in kriminalistischer Hinsicht immer stärker in den Hintergrund, es ging nicht mehr darum, irgendjemandem Bericht zu erstatten, die Wahrheit interessiert kaum jemanden, sondern nur noch um die eigene Sturheit und Verbissenheit.


    Der medizinische Hintergrund wird im Laufe der Geschichte aufgedeckt und wirkt zumindest für mich als Laien schlüssig. Viel bedrückender und unheimlicher als die Krankheit selber, sind aber die gesellschaftlichen Folgen. Man mag nicht glauben, wie schnell eine Zivilisation zerbricht und doch wirken die Gewaltausbrüche, die Maßnahmen der Polizei oder Nationalgarde, die Gefühlskälte, in der jeder nur an sich und vielleicht noch seine nahen Verwandten denkt, unangenehm realistisch. Man kann sich leider nur zu gut vorstellen, dass die Welt sich genauso entwickeln würde, wenn nur einige wenige unserer Grundvoraussetzungen für das zivilisierte Zusammenleben nicht mehr vorhanden wären oder unwichtig würden. Insofern fand ich das Buch wirklich unangenehm zu lesen, es war mir zu „echt“, dafür kann ich dem Autor aber natürlich eigentlich keine Vorwürfe machen.


    4ratten