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Thomas More (oder auch Morus) - Lordkanzler, eines von vielen Opfer der Henker Heinrichs VIII., Heiliger. Viel mehr werden die meisten nicht über ihn wissen.
In dieser großartigen Biographie zeichnet Peter Ackroyd seinen Lebensweg minutiös nach. Thomas wächst als Sohn eines Richters in London auf, man lässt ihm hervorragende Bildung zuteil werden und erzieht ihn im christlichen Glauben. Er erweist sich als klug, begabt und redegewandt, studiert selbst Jura, macht Karriere, gründet eine Familie und schreibt nicht nur juristische Abhandlungen, sondern verfasst auch zahlreiche Schriften über Aspekte des Glaubens und unterhält einen regen Briefwechsel mit anderen großen Humanisten seiner Zeit wie Erasmus von Rotterdam.
Eines Tages wird man auch am Königshof auf seinen scharfen Verstand aufmerksam. Zunächst wird er vorwiegend in diplomatischen Missionen eingesetzt, später steigt er zum Lordkanzler Heinrichs VIII auf. In dieser Position wird ihm schließlich das Debakel um die Annullierung von Heinrichs erster Ehe mit Katharina von Aragon zum Verhängnis ...
Biographien schrecken mich oft ein wenig ab, ich fürchte meist, sie seien blutleer, voller staubiger Daten und Fakten und schwer verständlicher Originaldokumente, und setzten enormes Vorwissen voraus. Diese Befürchtungen sind hier völlig unbegründet. Fast schon romanhaft stellt Ackroyd Thomas More im Spiegel seiner Zeit dar, schildert seine Persönlichkeit, sein Umfeld, London im 15./16. Jahrhundert, die geschichtlichen Hintergründe. Die zahlreichen Originalzitate sind hervorragend ausgewählt, gut verständlich und schön in den Kontext eingebettet.
Es entsteht ein deutliches Bild eines Mannes, der stets seinem eigenen Gewissen und Empfinden gefolgt ist, dadurch einerseits standhaft, andererseits aber auch manchmal unnötig stur handelte. Das Buch ist keine verklärende Heiligengeschichte, sondern das Porträt eines Menschen aus Fleisch und Blut mit vielen Facetten - Vater, Sohn, Ehemann, Jurist, Politiker, Diplomat, Schriftsteller, Katholik.
Authentisch, glaubwürdig und sehr gut recherchiert - eine Empfehlung!
(Leider scheint es das Buch nicht auf deutsch zu geben, sehr schade.)