Tomas Tranströmer - Sämtliche Gedichte (1954 - 1996)

Es gibt 75 Antworten in diesem Thema, welches 22.059 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

  • Ich habe am Wochenende das Buch komplett gelesen, ohne noch weitere Zwischenstände zu vermelden. Ich mochte Tranströmers Gedichte insgesamt ganz gerne. Ein paar Dinge habe ich mir notiert und ein paar Gedichte mit Post-Its markiert und werde dann noch eine abschließende Meinung verfassen und dann macht sich das Buch wieder auf den Weg.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Während die Werke anderer Literaturnobelpreisträger noch in den Empfehlungsregalen der Buchläden stehen, ist der Schwede Tomas Tranströmer, der den Preis 2011 erhielt, schon wieder aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden. Lyrik scheint einfach nicht so populär und verkauft sich wohl auch nicht so gut. Schade eigentlich!


    Thematisch sind Tranströmers Gedichte recht vielfältig, auch wenn sich manche Vorlieben ausmachen lassen.Die Natur spielt zum Beispiel eine große Rolle, er scheint alles um sich herum genau wahrzunehmen. Sehr klar sind seine Beschreibungen, Schnörkel und Ausschmückungen gibt es da keine. Und mitten in der schönsten Landschaftsbeschreibung taucht auch immer wieder der Einfluss des Menschen auf, der Widerspruch zwischen unberührter Natur und Technik wird deutlich.


    Am Anfang hat mich das beim Lesen oft aus dem Konzept gebracht, ich bin über Begriffe und Passagen gestolpert, die die schönen Bilder der skandinavischen Landschaft in meinem Kopf kaputt machten. Doch nach und nach habe ich mich an seine Art zu schreiben gewöhnt. Sehr präzise bringt er oft auf den Punkt, für was andere viele Seiten brauchen. So zum Beispiel in "Nach jemandes Tod" von 1966:


    Zitat

    Noch immer ist es schön, sein Herz klopfen zu spüren.
    Doch oft fühlt sich der Schatten wirklicher an als der Körper


    Die Gedichte in dieser Sammlung wurden zwischen 1954 und 1996 geschrieben. Dadurch hat man das Gefühl, Tranströmer durch sein Leben zu begleiten. Oft thematisiert er seine Reisen oder zeitgeschichtliche Ereignisse, auch Musik und Kunst scheinen Einfluss zu haben. Man hat das Gefühl, den Autor auf seinem Lebensweg zu begleiten, obwohl man über ihn persönlich nichts weiß.


    In den späteren Gedichten spielt der Tod öfter eine Rolle, ich hatte teilweise auch das Gefühl, dass die Stimmung negativer wurde. Als Beispiel hier der Anfang des Gedichtes "April und Schweigen" aus dem Jahr 1996:


    Zitat

    Öde liegt der Frühling.
    Der samtdunkle Wassergraben
    kriecht neben mir
    ohne Spiegelbilder


    Das einzige, was leuchtet,
    sind gelbe Blumen.


    Gegen Ende gibt es auch immer mehr Texte, die weniger Gedicht, mehr Prosa sind. Hier fand ich persönlich es etwas schwierig, die Gedankengänge Tranströmers nachzuvollziehen, wobei ich auch allgemein sagen muss, dass mir kürzere Gedichte einfach persönlich besser gefallen.


    Insgesamt fand ich Tranströmers Gedichte durchaus lesenswert! 4ratten


    Zum Abschluss noch ein Teil eines meiner Lieblingsgedichte. "Schneeschmelze" (1962)

    Zitat


    Die Sonne war hoch überm Eis, auf der Stelle fliegend, sowohl warm wie kalt.
    Der Wind ging sachte voran, als schöbe er einen Kinderwagen vor sich her.


    Die Familien gingen aus, zum erstenmal seit langem sahen sie offenen Himme.
    Wir befanen uns im ersten Kapitel einer sehr starken Erzählung.

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  • Während die Werke anderer Literaturnobelpreisträger noch in den Empfehlungsregalen der Buchläden stehen, ist der Schwede Tomas Tranströmer, der den Preis 2011 erhielt, schon wieder aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden.


    Jetzt wo du es ansprichst: man hört wirklich nichts mehr von ihm. Merkwürdig eigentlich. :gruebel:



    Man hat das Gefühl, den Autor auf seinem Lebensweg zu begleiten, obwohl man über ihn persönlich nichts weiß.


    Eine tolle Zusammenfassung! Insgesamt hast du das Buch ja besser bewertet als ich, aber bisher hatten wir glaube ich alle den Eindruck, dass die späteren Gedichte teilweise schwieriger sind.


    Grüße von Annabas :winken:

  • Und was ich ganz vergessen habe: Danke Annabas, dass du das Buch als Wanderbuch zur Verfügung gestellt hast! Ich hätte es sonst vermutlich nicht gelesen. :knuddel:

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  • Es gibt übrigens Tomas Tranströmers Erzählungen auch ganz aktuell als Hörbuch. Die Stimme des Sprechers klingt sehr angenehm und als Bonus spricht Tomas Tranströmer auch selbst in schwedisch. (Viel kann ich noch nicht sagen, ich hab wirklich nur sehr kurz reingehört.)


    "Die Erinnerungen sehen mich"


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    Werde dies auch noch in den Hörbuch-Thread reinstellen, wenn ich es gehört habe, aber ich dachte vielleicht interessiert es Jemanden hier. Ich hoffe ja sehr, dass ich nächste Woche, wenn ich frei habe, endlich dazu komme weiter zu lesen.

    Liebe Grüße von Babsi

  • Hallo stefanie_j_h,


    danke für deine Eindrücke. Ich fand die Naturpassagen ja auch am schönsten - auch mit Einflüssen von Mensch und Technik. Die negativen Tendenzen am Ende habe ich auch so empfunden, ob es mit dem Alter zusammenhängt?


    Babsi: Danke für den Tipp - werd mal schauen ob ich es bei audible finde.


    Grüße
    schokotimmi


  • Hallo stefanie_j_h,


    danke für deine Eindrücke. Ich fand die Naturpassagen ja auch am schönsten - auch mit Einflüssen von Mensch und Technik. Die negativen Tendenzen am Ende habe ich auch so empfunden, ob es mit dem Alter zusammenhängt?


    Ich glaube auch, dass das mit dem Alter zusammenhängt. Irgendwann kommt wohl die Zeit, in der man sich mehr mit dem Tod auseinandersetzt und je älter man wird, desto mehr negative Erfahrungen macht man wohl auch.

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  • Ja, ist es! Ich hatte es im Februar an Breña geschickt und sie hatte auch irgendwo schon mal vermeldet, dass es bei ihr angekommen ist.

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  • Oh, Entschuldigung, das habe ich dann wohl übersehen. Ich wollte auch nicht drängeln. :smile:


  • Ja, ist es! Ich hatte es im Februar an Breña geschickt und sie hatte auch irgendwo schon mal vermeldet, dass es bei ihr angekommen ist.


    Wobei so ein Wanderbuch jetzt nicht so lange Zeit bei einer Person liegen sollte, andere warten auch noch darauf.


    Gruß, Thomas


  • Wobei so ein Wanderbuch jetzt nicht so lange Zeit bei einer Person liegen sollte, andere warten auch noch darauf.


    Im Moment warte nur noch ich darauf, und wenn ich es dringend und sofort lesen wollte, dann könnte ich es jederzeit von Breña bekommen, wir sehen uns schließlich oft genug.

  • Gestern habe ich den Band von Breña übernommen. Mal sehen, wie ich mit diesen Gedichten zurecht komme ...

  • Ich glaube, ich habe das meiste schon wieder vergessen. :gruebel:
    Hoffentlich fällt mir noch was ein, wenn ich hier deine Eindrücke lese.

  • Inzwischen bin ich auch durch, nachdem ich mir immer mal ein paar „Häppchen“ zu Gemüte geführt habe.


    Nicht alle Formen, mit denen Tranströmer zu verschiedenen Zeiten experimentiert hat, fand ich glücklich, so gefielen mir bspw. die Haikkus gar nicht, was aber auch an meiner bekannten Inkompatibilität mit deren Herkunftsregion zusammenhängen mag. Vor allem, wenn es um das Meer ging, gelangen Tranströmer immer wieder sehr schöne Bilder, die in meiner Vorstellung auch etwas auslösten und sogar zu meinen eigenen Bildern paßten. Leider waren diese nicht so zahlreich, wie ich es mir unter diesen Umständen gewünscht hätte. Viele andere Bilder funktionierten für mich überhaupt nicht, und streckenweise waren sie sogar derart schräg, daß ich mehr als einmal an Reinhard Mey und seinen Song Des Kaisers neue Kleider denken mußte, wo es heißt:
    „So könnte ich noch stunden-, ach was, tagelang erzähl'n
    (...)
    Vom Lyriker, der sich vor Lachen in die Hose macht,
    Weil alles glaubt, er habe sich bei seiner Lyrik was gedacht.“
    Alles in allem bestätigte der Band zum einen meine Lyrik-Unverträglichkeit und zum anderen meine Überzeugung, daß das Komitee von merkwürdigen Auswahlkriterien getrieben wird.


    Danke fürs Bereitstellen, Annabas. Ich muß morgen sowieso zur Post, dann schicke ich es Dir gleich zurück.

  • Ist wohlbehalten wieder angekommen. :winken:



    meine Überzeugung, daß das Komitee von merkwürdigen Auswahlkriterien getrieben wird.


    :lachen: