Gerbrand Bakker - Der Umweg

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    Inhalt
    Agnes hat ihr Leben in Amsterdam aufgegeben und sich in ein kleines Bauernhaus in Wales zurück gezogen. Hier lebt sie mit den Möbeln und den Tieren der kürzlich verstorbenen Vorbesitzerin. Anfangs macht ihr das nichts aus. Sie fühlt sich wohl, schließt neue Bekanntschaften und entdeckt ihre Umgebung. Aber die anfängliche Euphorie hält nur kurz an. Als sie sich bei einer Wanderung an einem Steinkreis ausruht, wird sie von einem Dachs gebissen. Die Wunde entzündet sich und Agnes wird sich schmerzlich dessen bewusst, dass sie ganz alleine auf sich gestellt ist.


    Meine Meinung
    Was bringt jemand dazu, alles aufzugeben? Agnes lässt alles zurück: ihren Mann, ihre Eltern und auch ihre Arbeit. In ihrem neuen Zuhause fühlt sie sich sicher. Aber vor was? Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass Agnes auf der Flucht vor etwas war, dass ich nicht erkennen konnte. Auch sie hat anfangs erfolgreich verdrängt, was sie belastet. Erst durch den Biss des Dachses wird ihr bewusst, wie weit sie nicht nur von ihrer Vergangenheit weg ist, sondern auch von möglicher Hilfe.


    Zu ihrem Haus gehört auch eine Schar Gänse. Jede Nacht verschwindet eine, wahrscheinlich bedient sich ein Fuchs am gedeckten Gänsetisch. Mit jeder verschwundenen Gans wächst ihre Verzweiflung.


    Gerbrand Bakker erzählt die Geschichte aus der Sicht von Agnes, ihrem Mann und Bradwen, einem jungen Wanderer, der zufällig vorbeikommt. Ich kann verstehen, warum Agnes ihren Mann verlasen hat. Er wirkt dominant und kaltherzig. Bradwen ist das genaue Gegenteil. Bei ihm hat sie das Gefühl, ihn beschützen zu müssen. Aber in Wirklichkeit ist es anders herum.


    Der Umweg hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Gerbrand Bakkers Art zu schreiben, fasziniert mich. Er gibt nicht die gesamte Geschichte der Personen preis, sondern überlässt vieles der Fantasie des Lesers.
    5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe dieses Buch als Hörbuch gehört.


    Die Geschichte ist wirklich faszinierend: Eine Frau zieht sich in ein Cottage in Wales zurück. Erst nach und nach erfahren wir, wovor sie weggelaufen ist, woher sie kommt, was sie zurückgelassen hat. Und dann beginnt gewissermaßen ein Wettlauf mit der Zeit: ihre Familie macht sich auf die Suche nach ihr, bis schließlich ihr Ehemann ihre Adresse herausfindet und sich auf den Weg zu ihr macht. Gleichzeitig spitzt sich die Situation im Cottage zu: ein junger Mann taucht auf, einer der benachbarten Farmer beginnt, ihr auf die Pelle zu rücken, und ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide.


    Das Buch ist ruhig und fließend erzählt. Trotzdem schafft es eine Atmosphäre und Spannung, mit der man dem Bericht bis zum dramatischen Ende folgt.


    Leider kann ich das Hörbuch nicht empfehlen. Regina Lemnitz findet einen guten Ton für die Erzählerin und die Hauptfigur, wenngleich das auch nicht sehr flüssig dargeboten wird. Da fehlen längere Spannungsbögen in der Stimme. Besonders ärgerlich ist allerdings der ruppige und pseudomaskuline Ton, den sie für die männlichen Figuren wählt. Das ist auf Dauer wirklich nervtötend. Für das Buch würde ich vier Sterne vergeben, wegen der schwachen Leistung der Vorleserin leider aber insgeamt nur drei.


    3ratten

  • Meine zweite Meinung

    Eine Frau zieht in ein kleines Haus im walisischen Nirgendwo. Ihr Umzug aus der niederländischen Heimat wirkt wie eine Flucht. Sie lässt alles zurück, auch ihren Mann, dem sie von ihrem Umzug nichts erzählt hat. Ihr neues Leben ist einfach: das Haus, ein paar Gänse und weiter nichts, außer der kargen Landschaft. Sie folgt ihrem eigenen Rhythmus, schläft und isst wann ihr danach ist und nicht wann es die Uhr vorschreibt.


    Ähnlich wie die Frau, deren Namen ich erst spät erfahre, kommt auch die Geschichte mit wenig aus. Gerbrand Bakker beschränkt sich auf die wenigen Routinen und die Gedankenwelt der Protagonistin. Erst als sie langsam wieder beginnt, nicht nur für das Nötigste aus dem Haus zu gehen, sondern auch mit den Menschen die sie trifft zu interagieren, erfahre ich mehr über sie und die Erzählung bekommt mehr Facetten.


    Sie hat wenig Bekanntschaften: der Schäfer, der ihr Land nutzt und ihr sowohl unheimlich als auch unsympathisch ist, der Arzt, den sie wegen des Dachsbiss aufsucht und das Bäckerehepaar. Irgendwann kommt ein junger Wanderer vorbei und obwohl er weiterziehen will, bleibt er bei ihr.


    Wie schon beim ersten Mal hat mich Gerbrand Bakker direkt abgeholt und wie beim ersten Mal hat mir das Buch sehr gut gefallen.

    Die Art, wie er seine Protagonistin beschreibt, hat mich zu ihr hingezogen. Klar ist, dass sie nicht aus einer Laune heraus weggegangen ist. Aber die Gedanken daran verbietet sie sich lange, so dass ich vieles nur erahnen kann.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.