Markus Breitscheidel - Abgezockt und totgepflegt

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 4.380 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bine1970.

  • Dieses Buch hat mich als Altenpflegerin natürlich sehr berührt.
    Leider ist es Alltag in deutschen Heimen dass Menschen sehr vernachlässigt werden, ich habe es oft erlebt und selbst tun müssen...
    Ich fange am 01.11. in einem Heim vom DRK an und hoffe dort einen guten Arbeitsplatz zu haben, mit fähigen Kollegen mit viel Herz und Verstand.

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    Abgezockt und totgepflegt - Alltag in deutschen Pflegeheimen von Markus Breitscheidel



    Inhalt:

    Markus Breitscheidel berichtet, was er während seiner Tätigkeit in verschiedenen Alters- und Pflegeheimen erlebte. Diese Erlebnisse sind meißtens geprägt durch Missstände, die in gefährliche Pflege und Geldmacherei übergehen. Von fünf der Heime, in denen er als Pflegehelfer tätig ist, ist nur ein Pflegeheim eines, wo es noch Menschenwürde für die pflegebedürftigen Personen gibt.



    Meine Meinung:

    Das Buch lag schon lange auf meinem Stapel ungelesener Bücher - bedingt durch mein Studium: Soziale Arbeit. Ich dachte ich hätte schon so viel von den Missständen in (Pflege-) Heimen gehört, dass ich nicht noch mehr Informationen bräuchte. Da hab ich mich getäuscht! Markus Breitscheidel reflektiert meiner Meinung nach sehr gekonnt seine Erlebnisse, ohne dabei andere Personen schlecht zu machen.
    Außerdem gibt es einige nützliche Informationskästchen, die unter anderem Themen wie Dekubitus, Gehälter der Pfleger und Burn-out näher erläutern.
    Dieses Buch sollte jeder Mensch lesen - schließlich wird jeder mal alt und möchte nicht einfach verwahrt werden. Ich weiß jetzt: ich werde meine Augen nicht davor schließen, sollte es meinen Eltern oder Angehörigen später einmal so schlecht in einer Fremdunterbringung gehen!
    So ein Buch war lange mal fällig.


    Daher von mir:
    5ratten

  • Habe ich auch mal gelesen (den Folgeband leider nicht) und kann zumindest die Richtung (ältere Menschen in Heimen sind auif jeden Fall keine "Kunden") aus Erfahrungen bzw. Beobachtungen in Heimen, in denen meine Greoßmutter und mein Großvater untergebracht waren bestätigen.


    Mein Großvater hatte beide Bein amputiert bekommen und landete dann im Heim.
    Meine Großmutter kam aber morgens um 8 Uhr und ging abends um 21 Uhr, versorgte ihn mit Zeitschriften, Essen und Trinken zusätzlich zu dem, was es im heim gab.
    Die Pfleger dort waren alle überfordert, es gab zahlreiche Geschichten sowohl meinen Großvater betreffend (Toilettengang war in der Mittagspause der Pfleger nicht möglich...) als auch andere Bewohner (einer lag ein paar Stunden nach Hilfe rufend im Nachbarzimmer, weil er nachts gestürtzt war und erst morgens jemand kam, obwohl mein Großvater klingelte.


    Das große Problem ist wohl wirklich, dass pflegebeürftige alte menschen überhaupt nicht mehr als Mensch, geschweige denn Klient, der etwas bezahlt, gesehen werden, sondern teilweise als lästiger Gegenstand, der gefälligst nicht zu stören hat.
    Menschen, die keinen regelmäßigen, längeren Besuch von "mündigen Bürgern" (eben Erwachsenen unter 60) bekamen, wurden gar nixht erst ernst genommen, sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim.


    Gab es Wünsche oder Beschwerden, die den Tagesablauf störten (Uhr aufziehen oder ablesen, z. B.) wurden Bewohner wohl öfters wie ungezogene Kinder gemaßregelt oder gleich angebölkt.


    Auch konnte man (z. B. als Betreuer oder Kind des Pflegebedürftigen) diesen einfach als dement erklären und somit jeglichen Protest für null und nichtig erklären oder den menschen einfach auf Diät setzen lassen, so dass er innerhalb eines halben Jahres von "mollig" auf "klapperdürr" abmagerte.


    Am schlimmsten empfand ich immer noch 2 Sachen, die nichts mit dem Pflegepersonal zu tun hatten:


    1. Man wird als Patient, eigentlich ja Bewohner, einfach mit irgendjemandem auf ein Zimmer gelegt.


    Das konnte ein Choleriker sein, der ständig rumschrie, droht und kommandierte oder eine ältere Frau (im Falle meiner anderen Großmutter), die zwar wohl noch denkrn, sich aber nicht mehr verständlich artikulieren konnte.
    Die Situation war wohl für beide schwer, da meine großmutter nicht so der einfühlsame Mensch war, der bereitgewesen wäre, an der Kommunikation zu arbeiten (ohnehin hatte sie selbst Probleme)


    2. Was bleibt am Ende eines Lebens übrig?
    Ein BETT als Privatraum, mehr nicht.
    Die meisten Pflegebedürftigen, die ich sah, lagen den ganzen Tag im Bett, angezogen, wohlgemerkt.
    Der Rest saß untätig auf Stühlen in Speiseraum oder vor dem Heim.
    Mehr gab es auch nicht zu tun, auch keinen Platz in den Zimmern für persönliche Gegenstände außer ein wenig (wirklich wenig) Kleidung.


    Jeder möge sich fragen, ob er so leben wollte/könnte, wohlgemerkt für die gesamte Rente (Betrag), so dass auch der kleinste "Luxus" wie Zigaretten, Süßigkeiten, ganz zu schweigen von Büchern :zwinker: hart kalkuliert werden musste oder schlichtweg sich nicht geleistet werden konnte.


    Und dann gehen 2800 DM (heute bestimmt so viele Euros) für ein Bett und täglich das Gefühl, sich für das Hiersein und die Mühen beim Pflegepersonsl zu entschuldigen drauf. (Meine Erfahrungen stammen aus den 90er Jahren).


    Hinzu kam, dass sich Besuch auch sehr schwer gestaltete, da die Besucher sich um das bett herum stellen mussten, da meist nur ein Stuhl, wenn überhaupt im Raum war.
    Und der Bettnachbar natürlich mithörte, von wegen Privatsphäre.


    Als Kind wollte ich immer möglichst schnell wieder weg, und hielt oft nicht mal die obligatorische halbe Stunde bei meinem Großvater aus.


    Wohlgemerkt, wirklich "schlimme" absichtliche Misshandlungen habe ich nicht erlebt, denke aber, dass jeder Häftling in einem deutschen Gefängnis besser lebt als die Menschen, die zumindest ich damals in Pflegeheimen erleben durfte.


    Und leider färbt ja die Behandlung der Umwelt auf die Wahrnehmung ab, so dass man wohl als Neuer (Besucher oder Pfleger) schnell auch nur noch nörgelnde Demente und keine Menschen mit normalen Bedürfnissen mehr sieht (was unter 60 als normale, vielleicht stressbedingte Vergesslichkeit gilt, ist über 60, je nach Wohlwollen der Umwelt, Demenz oder gleich "Alzheimer", da machen viele Laien auch keinen Unterschied. - Wer weiß noch, was er gestern zu Mittag gegessen hat,...wer nicht?!).


    LG von
    Susan

  • Ich lese diese Buch gerade und es geht mir ganz schön an die Nieren, da ich selbst Altenpflegerin bin, allerdings im ambulanten Dienst.


    Trotzdem ist mir der Alltag im Heim nicht unbekannt, da ich als Aushilfe tätig war.
    Allerdings habe ich solche Zustände wie Breitscheidel sie beschreibt, Gott sei Dank nicht erleben müssen.
    Ich empfand es jedoch schon Respektlos das in diesem Heim, in welchem ich aushalf, jeder Bewohner geduzt wurde.


    Inzwischen habe ich in diesem Heim gekündigt, da ich 1. dem Aushilfsbedarf gar nicht mehr gerecht werden kann und weil ich 2. nachdem ich dieses Buch angefangen hatte zu lesen [size=1](irgendwann im Frühjahr und dann wieder weggelegt)[/size] einfach Angst hatte irgendwann aus Zeitmangel genauso zu arbeiten und den älteren und bedürftigen Menschen nicht so zu behandeln wie es ihm zusteht, denn dafür ist wirklich kaum Zeit im Heim.


    EDIT
    Hier findet ihr noch meine Meinung zum Buch

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


    Einmal editiert, zuletzt von Bine1970 ()