Heute vor hundert Jahren ist der erste Band von Prousts "Auf der Suche der verlorenen Zeit" erschienen. Die interessante Publikationsgeschichte ist in der FAZ nachzulesen (noch nicht online).
Große Verleger haben das Werk abgelehnt, so musste Proust die 1250 Exemplare umfassende erste Auflage mit 1750 Francs selbst finanzieren. Bernard Grasset war unter diesen Bedingungen bereit, das Buch zu veröffentlichen. Auch wenn das Buch heute vor 100 Jahren erschien, stand als Erscheinungsjahr wohl aus Verkaufsgesichtspunkten "1914" im Buch. Trotz schlechter Kritiken verkaufte sich das Buch deutlich besser als erwartet, es musste nachgedruckt werden und aus Marketinggründen sprach man gleich von der 4. und 5. Auflage. Dies wiederum nutzte Proust um doch noch bei dem von ihm so geliebten Verlag Gallimard unterzukommen. Proust war aufgrund des schlampigen Buch-Satzes mit vielen Fehlern auch sehr unzufrieden mit diesem 1. Band.
Es ist übrigens eine Legende, dass André Gide den ersten Band von Proust seinerzeit ohne Hineinzuschauen abgelehnt habe. Luzius Keller weist nach, dass Gide etwa 10% des Werkes gelesen habe, sich aber über eine Beschreibung einer Haarfrisur dermaßen geärgert habe, dass er das Buch enttäusch beiseite gelegt habe. Man hat einen Antwortbrief gefunden, der aber nie an Proust abgeschickt wurde.
Der Fahnensatz des 2. Bandes lag schon bei Grasset als Proust eine Vertragsauflösung erreichte und zu Gallimard wechseln konnte. Aufgrund des 1. Weltkrieges blieb dieser Fahnensatz dann unkorrigiert liegen uund konnte vor wenigen Wochen vom privaten Sammler Reiner Speck, Präsident der Marcel-Proust-Gesellschaft, erworben werden. An diesem Wochenende gibt es für die Mitglieder der Gesellschaft eine Fest-Veranstaltung mit Lesungen aus allen Übersetzungen anlässlich des Erscheinen dieses ersten Bandes in Köln. Anschließend gibt es eine mehrwöchige Aussstellung, in dem man gesammelte Exponate besichtigen kann. Ich freue mich schon darauf.
Zur Literatur: Die französische Ausgabe des 1. Bandes gibt es kostenlos. Keller ist für Proust-Freunde lesenswert. Und auf Deutsch bleibt die "Frankfurter Ausgabe" das Maß aller Dinge.
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Gruß, Thomas