Zu hören, dass Richard Phillotson es nicht bis zum Pfarrer gebracht hat, muss für Jude eine ziemliche Enttäuschung gewesen sein und vielleicht der erste Kratzer auf dem idealisierten Bild, das er sich im Kopf von Christminster gemacht hat. [...] Das Schreiben, mit dem Judes so lang gehegten Wunschträume zerstört wurden, tat mir in der Seele weh. Nicht einmal die Chance zu einem Vorstellungsgespräch oder Test zu bekommen, nachdem er jahre- bzw. jahrzehntelang darauf hingearbeitet hat, ist verdammt bitter. Ich bin gespannt, was jetzt aus seinen neuen Plänen wird.
Erstaunlich, dass er sich damit so schnell abspeisen lässt. Jahrelang hat er sich darauf vorbereitet, dort zu studieren, hat viel Zeit und Mühen investiert. Das zeigt deutlich, dass er wirklich dorthin möchte. Warum versucht er es nicht auf einem anderen Weg, gibt sich als reichen Sohn aus (gut, dazu bedarf es einer Grundausstattung an Kleidung und anderen persönlichen Dingen) oder versucht, einflussreiche Leute kennen zu lernen, die sich für ihn verwenden? Wenn man als Nobody solche ehrgeizigen Ziele hat, muss man mit Rückschlägen rechnen und darf nicht so schnell aufgeben. Er hätte es wenigstens versuchen sollen.
Bis einschl. Kap. VI, Teil 3
Jude zieht weiter nach Melchester, wo er Arbeit findet und wo sich auch Sue in einem Seminar aufhält. Nach einem zu langen Ausflug muss Sue bei Jude übernachten, was ihr natürlich großen Ärger einbringt. Die beiden sind aber auch naiv!
Sue hat aus ihrem Leben erzählt, das sehr unkonventionell verlief. Kein Wunder, dass sie bei ihren Verwandten nicht gut angeschrieben ist. Es gibt auch Aussprachen zwischen Jude, Sue und Phillotson. Täusche ich mich, oder erkennt man bei Sue leichte egoistische Züge? Sie ist betroffen (beileidigt?), dass Jude ihr nichts von seiner Heirat erzählt hat. Ob die beiden als Paar lange zusammen wären? Er ist so konservativ und sie so zwanglos und ihrer Zeit voraus.