Ross Raisin - Unter der Wasserlinie

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.937 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

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    Inhalt
    Als Micks Frau nach langer Krankheit stirbt, zieht es ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Schließlich verlässt er sein Haus in Glasgow und geht nach London, um dort noch einmal neu anzufangen. Aber dieser neue Anfang gelingt ihm nicht.


    Bis jetzt
    Hattet ihr auch schon einmal das Gefühl, ein Buch weglegen zu müssen, weil es euch zu sehr berührt? So geht es mir mit diesem Buch. Micks Trauer kann ich fast mit den Händen greifen. Seine Frau ist erst vor zwei Wochen gestorben und er kann immer noch nicht begreifen, was ihm da eigentlich passiert ist. Wenn er ihr Lieblingsgericht im Tiefkühlfach findet, muss er weinen. Die Erinnerungen plagen ihn.


    Er versucht mit aller Kraft, die er noch hat, wieder an sein altes Leben anzuknüpfen. Aber es ist nicht leicht. Sein Chef hat ihm frei gegeben, so lange er will. Das ist nur ein beschönigender Ausdruck für Kündigung. Die Geschäfte gehen schlecht und Mick ist alt. Seine beiden Söhne sind wieder zurück in ihre eigenen Leben gegangen. Graig, der nicht mehr mit ihm redet, wohnt in der Nähe. Rob dagegen in Australien. mit dem einzigen Enkelkind. Und da ist noch die Familie seiner Frau, die Highlander, zu denen er auch kein gutes Verhältnis hat.


    Viele Fragen bleiben offen. Wie konnte es so weit kommen, dass sich die Familie so voneinander entfernt? Warum ist Cathys Familie so böse auf ihn? Wie kam es zu Cathys Krankheit- ich vermute, dass der Lungenkrebs durch Asbest ausgelöst wurde.


    Es fällt mir schwer, weiter zu lesen, weil mich die Geschichte so berührt. Ich weiß, dass sie nicht gut ausgehen wird und hoffe trotzdem, dass am Ende alles gut werden wird.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Mick verliert immer mehr den Boden unter den Füßen. Die Frau tot, die Familie weit verstreut, der Job weg und keine Freunde... er hat nichts mehr, an dem er sich festhalten kann. Vor den Erinnerungen im Haus flüchtet er in die Gartenlaube, aber bald fühlt er sich auch dort nicht mehr wohl. Er muss weg und das so weit, wie das Geld reicht. Das ist bis London. Ob er hier sein Glück findet?

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Nach einer kurzen Zeit in London, in der Mick eine Arbeit und Unterkunft hatte, landet er endgültig auf der Straße. Der Abstieg geht schnell, auch wenn er selbst nicht das Gefühl hat, so weit unten zu sein. Aber immer wieder kann man ihn durch die Augen der Menschen betrachten, die ihm auf der Straße begegnen. Egal wem er auffällt: jeder beschreibt ihn als ungepflegten, teilnahmslosen Penner. So schnell kann es also gehen dass man ganz unten ist, das ist sehr erschreckend.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine Meinung
    Unter der Wasserlinie zeigt dem Leser in leisen, aber eindringlichen Worten wie schnell man den Boden unter den Füßen verlieren kann. Ohne seine Frau und ohne Job findet Mick nicht mehr in ein geregeltes Leben zurück. Die Familie ist weit weg und die Freunde ziehen sich zurück. Sie sind hilflos angesichts seiner Trauer und wollen vielleicht auch nicht mit seinen Problemen belästigt zu werden. Als er nach London geht, fällt sein Verschwinden erst dann auf, als die Miete für sein Haus nicht mehr bezahlt wird.


    Auch in London kommt Mick nicht mehr auf die Beine. Er zieht sich immer mehr aus einem geregelten Leben zurück, bis er sich nicht mehr helfen lassen will. Er hat sich aufgegeben.


    Micks Geschichte hat mich traurig gemacht, weil sie so real ist. Allerdings hat sie auch Lücken, weil oft Ereignisse aus der Vergangenheit angesprochen, aber nicht erzählt werden. Vielleicht hätte ich mit etwas mehr Hintergrundwissen sein Verhalten besser verstehen können.
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das Buch klingt wirklich eindringlich!
    Alleine schon die Ausschnitte, die du uns mitgeteilt hast, zeigen sehr schön die Einsamkeit auf.
    Es ist wohl kein Buch, dass man lesen sollte, wenn man selbst niedergeschlagen ist - merken werde ich es mir aber! Danke! :smile:

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Es ist wohl kein Buch, dass man lesen sollte, wenn man selbst niedergeschlagen ist...


    Definitiv nicht. Dazu berührt das Thema zu sehr. Besonders die Gleichgültigkeit von Freunden und Bekannten hat mich traurig gemacht.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine zweite Meinung

    Micks Geschichte zeigt, wie einfach es ist, den Boden unter den Füssen zu verlieren. Auch wenn ihm nach dem Tod seiner Frau Familie und Freunde ihre Hilfe anbieten, kann er sie nicht annehmen. Er kann keinem sagen, wie es in ihm aussieht. Sein Lebensraum wird immer kleiner: zuerst kann er nicht mehr im Ehebett schlafen, dann nicht mehr im Schlafzimmer und schließlich nicht mehr im Haus. Irgendwann muss er raus aus der Stadt und landet in London. Dort kommt er zuerst wieder ein bisschen auf die Beine. Aber sobald ein Problem auftritt, kann er damit nicht umgehen und läuft davon. Irgendwann ist er ganz am Boden und das ist der Moment, in dem es ihm besser zu gehen scheint. Jetzt ist das Schlimmste passiert und es kann nicht mehr schlimmer kommen. Vielleicht wäre Micks Leben anders verlaufen, wenn er sich von Anfang an Hilfe gesucht hätte. Damals war er noch nicht bereit dazu. Auch im Lauf der Geschichte ist ihm immer wieder Hilfe angeboten worden, aber der richtige Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Ich wünsche ihm alles Gute, aber ich kann auch verstehen, wie schwer der erste Schritt für ihn sein muss.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.