Was macht einen guten Krimi aus?

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  • Das U und E des deutschen Krimis


    wird in der FAZ von der Lektorin und Übersetzerin Lisa Kuppler beleuchtet:


    http://www.faz.net/aktuell/feu…dArticle=true#pageIndex_2


    Interessant darin folgender Satz:
    "Was fehlt – bei Kritikern wie Lesern – ist ein Verständnis für die Kriterien, formale wie inhaltliche, nach denen man Literatur beurteilt."


    Ein Beleg, dass dieses Verständnis gar bei Kritikern nicht vorhanden ist, bleibt die Autorin schuldig und eine Antwort, wie die Kriterien aussehen, bringt sie auch nicht.


    Also nur ein Artikel mit "Geschwafel" oder steckt da doch ein Fünkchen Wahrheit drin?


    Gruß, Thomas

  • Wenn man weiter liest, wundert man sich auch weiter:


    Zitat

    Was fehlt – bei Kritikern wie Lesern – ist ein Verständnis für die Kriterien, formale wie inhaltliche, nach denen man Literatur beurteilt. Was ist eigentlich gemeint mit dieser Latte, die man höher oder tiefer hängen kann, wenn man Bücher rezensiert? Als einziges populäres Genre hat der Krimi es geschafft, der Nischenexistenz des Genres zu entkommen. Krimis sind gesellschaftsfähig, schon lange. Und doch scheint es, als brauchte der Krimi eine Rechtfertigung, die über das Genre hinausgeht, um als Literatur anerkannt zu werden.


    Habe ich etwas verpasst:
    Ein Krimi ist automatisch "ernste Literatur"? :gruebel:


    Wobei ich dem Urteil über Fitzekbücher schon zustimmen muss - schon bei der Lektüre war ich immer enttäuscht:


    Zitat

    Viele der aktuellen deutschen Thriller – Sebastian Fitzek und Konsorten – sind moderne Heftchenromane im Hardcover-Format.


    Allgemein hasse ich es, Leuten vorschreiben zu wollen, was sie in ihrer Freizeit tun sollen! :grmpf:


    Die Unterscheidung in "E" und "U" finde ich persönlich ziemlich belämmert, besonders bei Musik.
    Das klingt doch so, als ob man das eine studieren möchte und das andere rein zur Unterhaltung liest oder hört; dabei lesen oder hören Leute in ihrer Freizeit doch strenggenommen NUR zur Unterhaltung, selbst wenn sie dabei den Anspruch haben, vielleicht noch etwas zu lernen oder ihre Wahrnehmung etwas zu verändern.


    Besonders bei der Musik finde ich diese Unterteilung schwachsinnig, weil man Musik in der Freizeit IMMER zur Unterhaltung hört (es sei denn, man hat als Hobby Musikanalyse). Der Geschmack des einen wird also geadelt, der des anderen sanft getadelt. :grmpf:


    Auch "ernste Literatur" kann man rein zum Vergnügen lesen. Man ist aber dann nicht "besser" als andere, die "Unterhaltungsliteratur" zum Vergnügen lesen!
    Diese snobistische Einstellung sollte endlich mal verschwinden, vielleicht gleich mit den Bezeichnungen "E" und "U".


    Ein guter Krimi ist mMn spannend, mit unvorhersehbarer Handlung und genügend Motivatoren, um weiter zu lesen. Außerdem lernt man ggf. noch etwas über verschiedene Themengebiete wie landestypische Eigenheiten, Geografie, Kriminalstik, Forensik oder so. Aber: Wenn das die einzige Motivation wäre, könnte man sich auch entsprechende Reiseführer oder Fachbücher kaufen.
    Das Gros der Leser wird Krimis kaufen, um unterhalten zu werden, genauso wie Thriller.
    Eine Schande ist das nicht und so sollte man es auch durch künstliche Unterteilungen in "E" und U" und "Krimi als ernste Literatur allein schon aufgrund des Genres" nicht behandeln!


    Immerhin ist das Lesen solcher Bücher für die meisten reiner Zeitvertreib.
    Nicht Aushängeschild für die eigene Tiefgründigkeit oder den eigenen "Anspruch".


    Zitat

    Was Literatur eigentlich soll – eine Erfahrung vermitteln, die komplex ist, faszinierend und widersprüchlich, und etwas von der Welt zeigen, das über einen Zeitungsartikel oder regionalen Reiseführer hinausgeht –, das schaffen nur wenige deutsche Krimis, und selten sind es die, die auf den Bestsellerlisten stehen.


    Es bleibt die Situation, dass sich Genreleser quasi vom zeitgenössischen deutschen Krimi verabschiedet haben, während deutsche Krimis florieren, die ohne Anspruch „nur zur Unterhaltung“ gelesen werden.


    Setzen, sechs!
    Was "Freizeit" und "Hobby" eigentlich ist, hat die Autorin hier wohl nicht ganz verstanden?
    Dafür verurteilt sie gleich das Gros der Leser deutscher Krimis, weil diese Leser angeblich "keinen Anspruch" an ihre Lektüre haben?!



    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Ich denke, das Problem erscheint schon im Titel "Ein guter Krimi ist ein Krimi, der sich gut verkauft." Diese Gewinnmaximierungsstrategie geht mir schon lange gehörig auf die ... Werkausgaben und Klassiker leiden noch mehr unter diesem Druck, aber heutzutage bekommt jeder sein Fett weg.
    Es gab mal Zeiten, da war die Buchpreisbindung dazu gedacht, daß auch Bücher abseits des Massengeschmacks und /oder mit aufwändiger Herstellung zu einem günstigen Preis unters unwillige Volk geworfen werden konnten.
    Nun wird überhaupt nur noch produziert, was maximalen Gewinn verspricht. Das Literatur eine Kunstform ist, inklusive Krimis, wird dabei gern übersehen. Aber irgendwelche teuren, sicherlich subventionierten Klecksereien hängen mittlerweile in jeder Versicherungsvertetung oder jedem Ärztewartezimmer. :grmpf: :grmpf: :grmpf:
    Sorry, das musste mal raus.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001