Judith Hawkes - Der kalte Hauch des Flieders

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 2.184 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ruby Tuesday.

  • (OT: Julians's house)

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    Das Buch:
    Sally und David Curtis sind kein gewöhnliches frisch verheiratetes Ehepaar. Dass die beiden ausgerechnet ein als Spukhaus verschrieenes Anwesen in Neuengland mieten, hat einen Grund: Die beiden sind Parapsychologen und wollen ihre eigene Untersuchung in dem Haus durchführen, dessen übernatürliche Erscheinungen schon seit mehr als 70 Jahren diverse Mieter vergrault haben.
    Doch schon bald läuft die wissenschaftliche Untersuchung aus dem Ruder: Sally verfügt seit ihrer Kindheit über besondere Fähigkeiten - sie kann bei Berührung von Gegenständen das "Echo" früherer Erinnerungen wahrnehmen - , die ihr aber selbst unheimlich sind und die sie bisher immer versucht hat zu unterdrücken.
    Die Erinnerungen, die mit dem Haus verbunden sind, in dem ein sittenstrenger Reverend mit seinen acht Kindern gelebt hat, sind allerdings so stark, dass Sally ihre Kräfte nicht mehr unter Kontrolle hat. Immer öfter verschwimmen die Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit...


    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch förmlich verschlungen und mich sehr über die doch eher durchwachsenen Rezensionen gewundert, die ich gefunden habe. Ich kann es mir nur so erklären, dass die Leser etwas anderes erwartet hatten - gruselige Geistererscheinungen und Horrorszenarien - und enttäuscht waren.
    Wer so etwas sucht, wird es in "Der kalte Hauch des Flieders" auch nicht finden. Dies ist eher ein ruhiges Buch, dass ohne Schockeffekte oder Blutvergießen auskommt. Die Spannung entsteht dadurch, dass man gemeinsam mit Sally und David Schritt für Schritt mehr über die traurige Vergangenheit des Hauses erfährt. Langsam fügen sich die Puzzlestücke zu einem Bild zusammen und man ist schon selbst davon überzeugt, dass es in dem Haus wirklich spuken muss - oder werden die mysteriösen Vorkommnisse doch nur von unterschwelligen Problematiken in der Ehe des jungen Paares verursacht?


    Die Geschichte ist in drei Abschnitte unterteilt, die je aus der Perspektive von David, Colin (ein älterer Bibliothekar, mit dem sich Sally rasch anfreundet) und Sally erzählt, was mir gut gefallen hat. Man bekommt z.B. ein Gespür für die unterschiedliche Motivation von Sally und David, sich auf das Projekt "Spukhaus" einzulassen.
    Colin mochte ich am liebsten von den drei Erzählstimmen. Gerade, dass er immer wieder in seine Erinnerungen versinkt und den Leser dabei mitnimmt auf eine kleine Zeitreise, hat mir besonders gut gefallen. Judith Hawkes gelingt es ohne seitenlange Beschreibungen, vor dem inneren Auge des Lesers ein Bild entstehen zu lassen, wie das Leben in dem kleinen Städtchen und in besagtem Haus vor 100, 70 oder 50 Jahren gewesen sein muss.
    Wer aber eine schnelle Auflösung und eine geradlinige Erzählweise sucht, wird hiervon wohl eher gelangweilt sein.
    Auch die Geschichte in der Vergangenheit

    hat mich sehr berührt; die Autorin spielt hier geschickt mit den Erwartungen des Lesers und deutet gängige Klischees an, die sie dann doch vermeidet.


    Das Ende lässt Spielraum für eigene Interpretationen, so dass sich der Leser selbst Gedanken machen muss, was nun wirklich passiert ist. Es werden auch nicht alle Fragen beantwortet,

    aber das macht für mich den Reiz des Buches mit aus.
    Wer eine leise Geschichte sucht, in der sich die Spannung langsam aufbaut, ist hier richtig. Wer als Jugendliche die sogenannten "Romantik-Thriller" von Ursula Isabel verschlungen hat (wie ich), ebenfalls. :breitgrins:
    Für ein Buch, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und dass mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird, vergebe ich
    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Wow, was für ein Buch - dachte ich. Bis etwa zur Hälfte. Bis dahin lag Spannung in der Luft, das Buch übte einen Sog auf mich aus mit einem raschen Einstieg in die Geschichte, der atmosphärischen Beschreibung und der malerischen Beschreibung der Einrichtung und insbesondere der Natur. Und dann …. Ja was dann? Man dreht sich im Kreis, die Handlung zieht sich unendlich in die Länge und da hilft auch der Perspektivwechsel nicht. Man merkt schon früh worauf es hinausläuft und wenn die letzten paar Zeilen nicht gewesen wären, wäre ich noch enttäuschter gewesen.


    Kein Zweifel: Das Haus und der Garten bieten so viel. Die Beschreibungen, der Grundriss und auch die kleinen Häppchen zwischendurch (eine Liste der ehemaligen Bewohner, eine Darstellung des Fragebogens, der an jene Leute geschickt wird und einige Berichte der Erlebnisse) machen Lust auf mehr. Und auch ruhige Geschichten sind nicht per se schlecht.


    Doch schon bald bekommt man den Eindruck, dass dafür einfach zu viel bei den Charakteren fehlt. Bis zum Schluss habe ich keine Entwicklung bemerken können und ebenso wenig waren mir einige Motive unklar. Ganz besonders schlimm finde ich die Darstellung der Protagonistin, auch wenn das nichts an meiner endgültigen Meinung ändert.

    Auch scheinen alle Figuren abseits der beiden Parapsychologen eher wie Statisten. Für einen bestimmten Zweck gebraucht, aber über sie selbst hätte ich gerne mehr erfahren, ganz besonders Rosanna wäre noch interessant geworden.


    Und auch wenn ich prinzipiell nichts an offenen Enden auszusetzen habe: Hier blieb einfach zu viel offen.

    Ich erwarte ja nicht, dass alles aufgelöst wird doch ein bisschen mehr hätte man dem Leser durchaus bieten können.


    Das Buch erinnerte mich teilweise an Der Besucher von Sarah Waters oder die Lockwood & Co-Reihe von Jonathan Stroud. Doch bei beiden bekommt man mehr geboten: Mehr Atmosphäre, mehr Grusel, mehr Entwicklung, mehr Auflösung, …


    Ganz knapp 3ratten

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • British_Soul: Weil ich von "Der kalte Hauch des Flieders/Julian's house" so angetan war, hab ich mir noch ein weiteres Buch der Autorin bestellt, "Aus dem Dunkel des Vergessens". Hab es nach den ersten Kapiteln wieder abgebrochen - sprachlich platt, viele Klischees, null Spannung oder Geheimnis... Entweder liegt es wieder auf dem SUB oder ich hab es gleich ins Tauschregal gestellt.


    An "Julian's house" hab ich nach wie vor gute Erinnerungen; gerade die Darstellung der seltsamen Beziehung des Pärchens hat mir dabei gut gefallen. Die beiden haben sich so intensiv auf die Untersuchung der eigenartigen Phänomene gestürzt anstatt auf die Merkwürdigkeiten in der eigenen Beziehung zu schauen und daran zu arbeiten - das fand ich sehr interessant und hab hier auch nicht unbedingt eine Weiterentwicklung oder Lösung erwartet. Deshalb hat mich auch das Ende nicht gestört