Ulrich Nersinger - Die Arche Petri. Von großen und kleinen Tieren im Vatikan

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    Ulrich Nersinger: Die Arche Petri. Von großen und kleinen Tieren im Vatikan. Künzell 2015, Verlag Petra Kehl, Softcover, ISBN 978-3-930883-70-7, 96 Seiten, Format: 12,8 x 1,2 x 19,8 cm, EUR 8,90.


    Elefanten, Löwen, Gazellen und gefährliche Schlangen im Vatikan? Audienz für einen Schimmel? Bienen über dem Papst-Altar? Schnecken und Läuse im Dienste der Kirche? – Na, na, hier bindet uns doch jemand einen Bären auf! – Mitnichten! Vatikan-Kenner Ulrich Nersinger präsentiert uns hier eine Sammlung von Fakten, Geschichten und Anekdoten über große und kleine Tiere im Umfeld der Päpste.


    Gut, dass er zu jedem Papstnamen die Amtszeit dazuschreibt, sonst kämen die Leser, die (kirchen-)geschichtlich nicht so bewandert sind, böse ins Schleudern. Kreuz und quer geht’s durch die Jahrhunderte.


    Gefährliche Schlangen und geweihte Lämmer
    In der vorchristlichen Antike war der vatikanische Hügel keine besonders einladende Gegend sondern ein Sumpf voller Stechmücken. Schlangen gab’s ebenfalls. Von denen krochen auch in den 1930er Jahren noch welche herum, als Papst Pius XI. (1922-1939) den Fortschritt von Bauarbeiten beaufsichtigte. Man wollte die Tiere sogleich einfangen und töten, doch der Pontifex sprach sich dafür aus, die armen Geschöpfe am Leben zu lassen und meinte: „Um die wirklich gefährlichen Schlangen des Vatikans werde ich mich selber kümmern.“ (Seite 9)


    Der Sorte, die Pius meinte, ist nur sehr schwer beizukommen. Davon gibt’s dort bestimmt auch heute noch jede Menge.


    Wie eine modernisierte, unblutige Variante eines archaischen Tieropfers mutet die Weihe zweier Lämmer an, die alljährlich am 21. Januar, dem Gedenktag an die heilige Agnes, stattfindet. Die kleinen Schäflein sind von der Zeremonie in der Basilika meist weniger begeistert. Für die Gläubigen hat die Feier in der Kirche geradezu Volksfestcharakter.


    Ähnlichen Showcharakter hatte die feierliche Reiterprozession, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts immer am 28. Juni stattfand. [I „Das mächtige Königreich beider Sizilien machte sich auf, seinem Lehensherrn, dem Papst und Souverän des Kirchenstaates, den alljährlichen Tribut zu entrichten. (...) Ein weißes, schönes und gutes Pferd.“ [/I] (Seite 38). Das war so dressiert, dass es auf Befehl auf die Vorderbeine fiel und dadurch den Eindruck erweckte, es würde vor dem Papst niederknien. Was nach der Zeremonie mit dem edlen Schimmel geschah, ist ebenso pragmatisch wie schlitzohrig. Und nein, dem Pferd passiert nichts!


    Ein Elefant für Papst Leo X.
    Immer wieder haben Päpste von weltlichen Herrschern kostbare und exotische Tiere geschenkt bekommen. So fanden Pfauen und Fasane, Pharao-Hühner und Turteltauben, Enten und Papageien, Damhirsche und Rehe, Strauße, Pelikane und Gazellen ihren Weg in den Vatikan. Im Jahr 1514 brachte König Manuel I. von Portugal Papst Leo X. (1513-1521) sogar einen Elefanten. Das war natürlich die Attraktion schlechthin. Leider war dem Tier kein allzu langes Leben beschieden. Mit der artgerechten Haltung und der tiermedizinischen Versorgung war man damals vermutlich restlos überfordert.


    Und so tierlieb der inzwischen emeritierte Papst Bendikt XVI. (2003-2013) auch ist: Er war doch sehr erleichtert darüber, dass die Leute vom Zoologische Garten in Rom ihm das kleine Krokodil, das sie 2012 bei einer Generalaudienz dabei hatten, nicht schenken wollten. Er sollte das Tier lediglich bei seiner anstehenden Pastoralreise nach Kuba zurück in dessen Heimat bringen.


    Die Bienen der Barberini
    Dass Bienen den prachtvollen Baldachin über dem Papstaltar im Petersdom zieren, geht auf Papst Urban VIII. (1623-1644) und das Wappen seiner Familie (Barberini) zurück. Da wären jetzt Abbildungen toll gewesen. Wer sich noch nie eingehender mit dem Petersdom befasst hat, kann sich ohne Google-Recherche nicht so recht vorstellen, wovon der Autor hier spricht. Auch die „Geschichte mit der Nichte“, die Eingang in Gian Lorenzo Berninis künstlerische Gestaltung des Baldachins fand, habe ich erst nach längerer Suche im Internet entdeckt. Die Giulia-Barberini-Porträts sind, wenn ich das richtig sehe, in die Wappen der Säulen-Sockel eingearbeitet, direkt oberhalb der Bienen.


    Was leichter zu finden ist: Der Zeichentrick-Film für Kinder, BARBERBIENI, der in dem Buch Erwähnung findet. Da werden die Barberini-Bienen im Vatikan lebendig und helfen der jugendlichen Heldin bei der Aufklärung eines Kriminalfalls. Das kann man sich bei youtube ansehen.


    Man muss weder katholisch sein noch je den Vatikan besucht haben, um an dieser Mischung informativer, interessanter und skurriler Geschichten über Tiere und Päpste Gefallen zu finden. Es kann natürlich passieren, dass man auf den Ort des Geschehens neugierig wird. Ich würde jetzt gerne den Petersdom sehen.


    Der Autor
    Ulrich Nersinger, geb. 1957 studierte Philosophie und Theologie in Bonn, St. Augustin, Wien und Rom. Anschließend absolvierte er ein Studium am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie und bei der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Er ist Mitglied der „Pontificia Accademia Cultorum Martyrum“ und ist heute vorwiegend journalistisch und schriftstellerisch tätig.