Ha Jin - Verrückt

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    Originaltitel: The Crazed
    Übersetzung aus dem Englischen: Susanne Hornfleck


    Im Frühjahr 1989 erleidet Professor Yang einen Schlaganfall. Er ist bis dahin ein angesehener Literaturprofessor an der Universität in der chinesischen Provinzstadt Shanning. Sein bester Student und gleichzeitig zukünftiger Schwiegersohn Jian wird auf Grund Personalmangels verpflichtet ihn jeweils einen halben Tag zu pflegen. Jian, der sich gerade für die Aufnahmeprüfung zur Uni in Beijing vorbereitet, kommt dieser Bitte nach. Die Aufgabe entpuppt sich jedoch als sehr delikate Angelegenheit, denn Herr Yang scheint seinen Verstand verloren zu haben. Im Schlaf oder Delirium redet er über erotische Begebenheiten, singt Revolutionslieder, zitiert Gedichte und stellt sein Leben in Frage. Damit bringt er auch Jians Welt ins Wanken. Sind es nur Träume, Wahnsinn oder gar die Wahrheit. Jedenfalls muss Jian die Entscheidung seines Lebens treffen. Nimmt er den geplanten Weg oder verzichtet er auf die Prüfung und verliert damit auch seine Verlobte.
    Während Jian darüber nachdenkt, beginnen am Platz des Himmlischen Friedens die Studentenproteste.


    Der Autor Ha Jin hat China bereits 1985 verlassen und ist in die USA emigriert. Er hat diesen Roman als Außenstehender zu den Ereignissen des Jahres 1989 geschrieben. Neue Erkenntnisse diesbezüglich bietet dieses Buch nicht. Interessant ist jedoch der Blickwinkel, in dem sich Ha Jin der Thematik Totalitarismus und Kommunismus in China nähert.


    Etwa Dreiviertel der Geschichte nehmen die konfusen Äußerungen von Professor Yang ein. Anfangs ist man als Leser genauso verwirrt wie Jian. Je mehr der Professor in seinem Wahn von sich gibt und Jian seine Gedanken und Fragen dazu äußert, setzt sich das Puzzle zusammen. Die Teile aus dem persönlichen Erleben des Professors zeichnen ein Bild aus der Vergangenheit mit den Auswirkungen der Kulturrevolution, der Bedeutung des Individuums und dem Funktionieren des Systems an sich.


    Nebenbei sind auch immer wieder die Lebensbedingungen aber auch der Beginn der Studentenproteste in Beijing in das Drumherum eingebunden. Irgendwie läßt sich daher schon halbwegs voraussehen, daß die Handlungsstränge irgendwann zusammenlaufen und wie Jians Entscheidungen bezüglich seines Lebensweges ausfallen. Ab diesem Punkt verläuft die Handlung rasend schnell und relativ oberflächlich im Gegensatz zum Anfang der Geschichte. Alles wird nur noch kurz aufgelöst und abgehandelt. Überraschend sind lediglich noch die tatsächlichen Beweggründe Jians sich den Protesten in Beijing anzuschließen, die sich aber mit dem abrupten Ende des Romans wieder relativieren und in erwartete Bahnen gelenkt werden.


    Fazit:
    Der Roman bietet einen guten Überblick zu einzelnen Aspekten des alltäglichen Lebens in China, in mancher Hinsicht vielleicht zu viel. Es wird vieles einfach nur oberflächlich angeschnitten. Als störend empfinde ich dieses typische Schwarz-Weiß-Denken, denn hier gilt der Böse ist wirklich böse und der Gute ist der tragische Held und Nordamerika ist das Traumreich schlechthin.


    3ratten