N. K. Jemisin - The fifth season/Zerrissene Erde (Broken Earth 1)

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    The fifth Season ist der erste Teil einer Trilogie. Die beiden anderen Teile sind The Obelisk Gate und The Stone Sky

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    Inhalt
    Essun ist verzweifelt. Ihr kleiner Sohn wurde ermordet, ihre Tochter entführt. Sie hat nur ein Ziel: den Mörder zu finden und ihre Tochter zu retten. Ihr läuft die Zeit davon, denn das Land ist zu einer tödlichen Falle geworden. Es regnet Asche vom Himmel und die Menschen werden von ihrem eigenen Herrscher ermordet. Aber nicht er hat Essuns Sohn ermordet, sondern der eigene Vater.


    Meine Meinung
    Let's start with the end of the world, why don't we?


    Mit diesem Satz beginnt Essun ihre Geschichte. Zuerst dachte ich, dass sie sich auf den Tod ihres Sohns und die Entführung ihrer Tochter bezieht. Dann wurde mir klar, dass sie wirklich das Ende der Welt meint. Die fünfte Jahreszeit steht bevor, in der es Asche vom Himmel regnet und die Menschen sterben weil sie keine Nahrung mehr finden.


    Essun erzählt, wie es zu all dem kommen konnte. Sie und ihre Kinder sind Oregenes, Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Sie werden teilweise gefürchtet, teilweise auch für besondere Zwecke eingesetzt. Der Vater, ein Still ohne besondere Fähigkeiten, konnte damit nicht umgehen als er es erkannte.


    Dann springt die Geschichte zu einem kleinen Mädchen, die von ihrer Familie an einen Guardian verkauft wurde, weil auch sie eine Orogene ist und zu einer Frau, die gemeinsam mit ihrem Gurdian durch das Land reist. Die drei Geschichten spielen zu unterschiedlichen Zeiten und doch hängen die Schicksale der drei zusammen.


    Es ist schwer, von dem Buch zu erzählen und nicht zu spoilern. Ich war vom ersten Satz an von Essuns Geschichte fasziniert. Das hat mich überrascht, denn normalerweise fühle ich mich in diesem Genre nicht Zuhause. Aber nachdem ich das letzte Kapitel gelesen habe, stand für mich fest: ich muss wissen, wie es mit Essun weitergeht.
    5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich höre gerade das Hörbuch und bin ungefähr beim ersten Drittel.



    Ich war vom ersten Satz an von Essuns Geschichte fasziniert.


    Mir ging es ähnlich, vor allem hat mich die ungewöhnliche Erzählperspektive in der 2. Person Singular sofort angesprochen. Das kannte ich so noch gar nicht und fand es überraschenderweise aber überhaupt nicht sperrig oder seltsam.


    Ich lese viel Fantasy, finde aber, dass das Buch durch seine Eigenheit eindeutig heraussticht.
    The fifth Season ist mein erstes von Jemisin, und ich finde, dass sie einen ganz eigenen Stil hat, den man nur schwer beschreiben kann. Am besten erlebt man es selbst :zwinker:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

    Einmal editiert, zuletzt von tári ()


  • The fifth Season ist mein erstes von Nemisin, und ich finde, dass sie einen ganz eigenen Stil hat, den man nur schwer beschreiben kann. Am besten erlebt man es selbst :zwinker:


    Da hast du recht :winken:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Da hast du recht :winken:


    Huch, da sind mir die Buchstaben im Namen der Autorin durcheinander gekommen :redface: :breitgrins:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Ich habe in meinen Listen überall V.K. Jemisin geschrieben und mich gewundert, dass ich die Autorin nirgends finden konnte :redface:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich bin mittlerweile mit dem ersten Buch fertig und habe gleich den zweiten Teil begonnen und ich kann eigentlich nur sagen, dass ich begeistert bin.


    N.K. Jemisin und vor allem ihre Inheritance Trilogy sind mir immer wieder mal als Empfehlungen begegnet, aber es hat nie ganz gereicht, dass ich eines der Bücher tatsächlich beginne. Vielleicht auch, weil der Klappentext selbst sehr ähnlich klingt zu vielen anderen Fantasy-Trilogien und trotz Empfehlung nicht herausgestochen ist.
    Bei The Broken Earth war das jetzt anders, schon der Klappentext ist ungewöhnlich und dass Jemisin gleich zweimal in Folge den Hugo Award für die ersten beiden Bücher gewonnen hat, hat natürlich auch geholfen.
    Etwas skeptisch war ich anfänglich ob des Fokus auf Geologie und Seismologie; Themen, die jetzt nicht gerade Go-tos sind für mich. Die Skepsis hat sich dann aber glücklicherweise in Interesse umgewandelt.


    Ich habe bereits erwähnt, dass Jemisin einen ganz eigenen und fesselnden Stil hat und auch die Welt, die sie in dieser Trilogie erschafft, ist beeindruckend. Man muss sich nur den Appendix ansehen, um zu erahnen, wie viel die Autorin hier ins Worldbuilding investiert hat. Die Welt, in der die Protagonistinnen leben, ist auch so völlig anders als unsere und trotzdem habe ich als Leserin ein Gefühl für die Geschichte und die Kultur bekommen und konnte die Handlungen und das Verhalten der Menschen immer besser verstehen. Die ersten ein bis zwei Stunden des Hörbuches waren aber durchaus nicht ganz einfach, denn ich musste mich in dieser Welt erst einmal zurecht finden.


    Was mir auch sehr gut gefallen hat, ist die Vielfalt der Figuren, die Jemisin in ihrem Werk erschafft. Sowohl Haupt- als auch Nebenfiguren kommen in allen möglichen Farben und Formen daher und genauso bunt gestaltet sich deren Beziehung zueinander. Gleichzeitig macht Jemisin aber auch kaum ein Drama um diese Sachverhalt und lässt auch ihre Figuren unaufgeregt damit umgehen.
    Natürlich könnte das auch daran liegen, dass Unterdrückung und "Rassismus" in dieser Welt auf einer ganz anderen Ebene stattfinden und das hebt noch einmal den Unterschied zu unserer Welt hervor.


    Ganz spannend fand ich im Anschluss an die Lektüre auch diese zwei Blogbeiträge (englisch) von Jemisin über den Prozess des Wordbuildings:
    The Big Idea
    Creating races
    Man kann beide Beiträge lesen, ohne den ersten Teil zu kennen. Es kommen leichte Spoiler über die Welt an sich vor, größere Spoiler sind markiert. Interessanter sind die Beiträge aber natürlich, wenn man sich schon ein bisschen auskennt.


    Übrigens finde ich nicht nur den ersten Satz toll, der zweite toppt das Ganze fast noch :zwinker:

    Zitat

    Let's start with the end of the world, why don't we? Get it over with and move on to more interesting things.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.


  • Ich bin mittlerweile mit dem ersten Buch fertig und habe gleich den zweiten Teil begonnen und ich kann eigentlich nur sagen, dass ich begeistert bin.


    Oh, da bin ich gespannt, was du darüber schreibst.



    Übrigens finde ich nicht nur den ersten Satz toll, der zweite toppt das Ganze fast noch :zwinker:


    Das stimmt auch wieder :winken:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hugo-Award Gewinnerin? Eine vielköpfige Fangemeinde? Auf der anderen Seite des großen Teiches stellt Jemisin eine Größe in der fantastischen Literatur dar, die nicht mehr wegzudenken ist. Bei uns ist sie weitestgehend unbekannt. Wegen dieser großen amerikanischen Popularität schlug ich die erste Seite mit Spannung und hoher Erwartung um.

    War ich begeistert? Nein. Ich war viel eher erschlagen von dem ganzen neuen Input, der dieser erste Band liefert. Ich fahnde gerade nach Adjektiven um dieses Buch zu beschreiben, und doch tue ich mich schwer mit dieser Aufgabe. Sperrig? Komplex? Ausladend? Genial? Kompliziert? Das stimmt alles mit meiner Gefühlslage überein, wenn ich an das Buch zurückdenke. Auch eine Empfehlung auszusprechen, ob positiv oder negativ, fällt mir sehr schwer. Ich kann es schlicht und einfach nicht – da sich jeder mit Jemisins Werk selbst auseinandersetzen und für sich selbst ein Urteil fällen sollte. Der Auftakt der Trilogie ist sehr speziell, auf seine Art aber auch wunderbar und faszinierend – für mich. Letztendlich ist es dem Buch gelungen mich zu packen und mitzunehmen und mich etappenweise wirklich zu begeistern.


    Wodrum geht’s eigentlich? Grob gesagt: Der Kontinent hat ein paar kleinere tektonische Problemchen, die immer wieder dazu führen, dass Städte wie Kartenhäuser in sich zusammenstürzen und mit Magma gefüllte, aschespuckende Krater sich in der Erde auftun. Kein Wunder, dass die Menschen dort ein wenig anders denken als in unseren Kulturkreisen. Die Kultur hat sich eigentlich rund um die Tektonik strukturiert und ist auf das Überleben ausgerichtet. Einerseits war es spannend, die Andersartigkeiten zu entdecken und mit der westlichen abzugleichen. Andererseits ermüdete es auch bisweilen, wenn ein kompliziertes Detail in den Raum geworfen wurde, dass erst später von Bedeutung war und auch erst an dem Punkt erklärt wurde. Genauso verhielt es sich mit dem Magiesystem. Plattentektonik beeinflussen? Erdbeben verursachen? Kein Problem. Schicken wir mal ein paar Orogenen aus dem Fulchrum hin. Die werden es schon richten. Mir standen zunächst einige Fragezeichen im Gesicht, die so schnell nicht weichen wollten – vergleichbar mit einem komplizierten Puzzle, bei dem der Kopf schon beim Rand anfängt zu rauchen, der Spieler aber in hohem Maße stolz auf sich ist, je mehr Teile aneinanderpassen. Ich begann in etwa in der Mitte, diesen Stolz zu spüren.


    Gleich zu Beginn ist auffällig, dass Jemisin eine sehr ungewöhnliche Kombination von Perspektiven wählt. Sie hat drei unterschiedliche Protagonisten, deren Schritte verfolgt. Zum einen die Damaya, die ihre Kräfte lernen muss zu zügeln, zum anderen Syenit, die ihre Zeit im Fulchrum schon hinter sich hat und nun Aufträge erfüllt. Und dann haben wir noch eine Protagonistin, die ein übergeordneter Erzähler direkt anspricht – es ist beinahe so, als würde der Erzähler in einem Fotoalbum blättern und sich gemeinsam mit der Figur an alte Tage erinnern. Für mich war die Erzählstruktur neu und gewöhnungsbedürftig, aber auch eine völlig andere Art, in eine Story einzusteigen. „Hey du, lass uns vom Ende der Welt reden.“ – verwirrend, aber nach einiger Zeit fand ich das auch sehr gut gemacht vom Storytelling her.


    Dadurch, dass immer wieder zwischen den drei Protagonisten hin und her geswitchet wird, wird ein hohes Maß an Komplexität aufgebaut und ich für meinen Teil merkte auch nach einigen Seiten, dass ich gespannt auf das nächste Kapitel war. Was mag Essun in der Zwischenzeit geschehen sein? Und was ist mit Damaya? Zu Beginn hatte ich wirklich meine Probleme mit dem Buch, vor allen Dingen da der Stil von N.K. Jemisin gewollt sperrig ist. Er wirkt durchdacht, aber ich habe meine Zeit gebraucht, ehe ich wirklich drin war und Querverbindungen knüpfen konnte und ehe ich meine Verbindung zu den Charakteren aufgebaut hatte. Dafür ist nämlich auch Geduld vonnöten.

    Im Stil bleiben vor allen Dingen die tiefgehenden Erklärungen von Jemisin im Bereich Plattentektonik und das darin verwobene magische System hängen. Man spürt, dass dahinter wirklich tiefgründige Recherche steckt. Und dass sie die Magie, die ohne Zauberei und Lichteffekte auskommt, so gekonnt darin verankert, finde ich wirklich genial. Sie stellt jedoch solchen Erklärungen auch eine geballte Ladung Action entgegen. Manchmal kam es mir so vor, dass eine Passage ihre Längen hatte, und dann wurde ich gefangen genommen von einem Erdbeben oder von einem Kampf – vollkommen überrumpelt wäre wohl der bessere Ausdruck. Auch an Geheimnissen sparte die Autorin nicht – ich sehe sie in meinem Geist händereibend vorm PC sitzen.


    Jemisin schafft in „Zerrissene Erde“ eine düstere Welt – aber je weiter ich in dem Buch vorgedrungen bin, desto mehr wurde ich emotional mitgerissen. Sie spielt mit einer zunächst kühlen Betrachtung der Charaktere – deshalb kommen die Emotionen auch nur durch eine Eiswand beim Leser an. Aber irgendwann durchbricht er diese und ich fand mich plötzlich ganz verwirrt wieder, wie ich weinte, lachte und anfeuerte – und bei mir dachte: „Moment – fandest du das Buch nicht emotionslos?“.


    Eine Beurteilung fällt mir unglaublich schwer. Der erste Teil der Trilogie stieg in meiner Achtung während des Lesens von „mies“ über „faszinierend“ zu „genial“ – und ich glaube, dass wollte N.K. Jemisin erreichen. Ich gebe keine Empfehlung. Mit dem Buch muss sich jeder Leser selbst auseinandersetzen – da es eben kein Mainstream ist, in keiner Art der Betrachtung – und zudem jede Art von Schreibregel bricht.

    Ich betrachte es nunmehr als stark geschrieben, unheimlich kraftvoll und auf eine andere, entrückte Art emotional.

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • gagamaus darf ich mal Mäuschen spielen? Wie weit bist du denn? Wie gefällt es dir bisher? ;)

    Ich hatte angefangen und tat mich etwas schwer. Und da ich noch zwei andere Bücher lesen musste, hab ich es zur Seite gelegt. Aber seit gestern bin ich wieder dran und jetzt hat mich der Lesesog erfasst. Alos eigentlich ab dem Zeitpunkt als Essrun am Tor steht um die Stadt zu verlassen. ;)


    Ich habe mich tatsächlich erst damit schwergetan, dass der eine Handlungsstrang in der Du-Form ist. (Da gibt es ein Buch, welches ich ganz fürchterlich fand und dass die ganze Zeit nur in dieser Form erzählt.)

    Aber hier ist es ja erstens nur ein Strang und zweitens gefällt er mir jetzt zunehmend besser.

    Und etwas gewöhnungsbedürftig finde ich auch, dass einige Begriffe hier ganz fremde Namen haben. Also z.B. Stadt heißt Gem und das Fühlen heißt mentasten. U.ä. Da habe ich erst gedacht, es wären alles ganz andere fremde Dinge bis mir klar wurde, dass das nur andere fremde Begriffe sind.


    Klasse finde ich den Strang mit Syenit. Irgendwie erinnert das ein bisschen an die Nornenabschnitte im letzten Williams, finde ich. ;)


    Wie gefällt es Dir denn? Ich werde es sicher in den nächsten zwei Tagen durch haben.

    :lesen:





  • gagamaus ich war allen voran wirklich fasziniert - aber bei mir ging die Faszination etwa ab der Hälfte los, als plötzlich lose Bausteine zusammen passten xD und ich langsam mit den Begriffen arbeiten konnte.


    Hab ja meine Rezi schon geschrieben *siehe oben*


    Am Ende konnte ich nicht anders, als die Begeisterung von populären amerikanischen Autoren zu teilen. XD

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • Manche Bücher bedürfen nicht vieler Worte, wenn ich eine Rezension schreibe. Da ist mein Urteil klar und eindeutig – egal ob positiv oder negativ. Bei manchen muss ich den ein oder anderen Punkt bemängeln, aber auch das ist meist nicht schwierig. Und dann gibt es Bücher wie „Zerrissene Erde“ die lassen mich im wahrsten Sinne des Wortes zerrissen zurück und ich habe den Wunsch mit meiner Rezension auch auszudrücken, was mich beschäftigt.


    Um es dem Buch gleichzutun – ja, was solls? Das Ende vorneweg.

    Ich empfehle das Buch und rate jedem Fantasy-Fan dazu, es zu lesen.


    Der Hugo-Award ist ein Prädikat. Dieses sagt aber vor allem etwas darüber aus, wie innovativ und neu und wie durchdacht ein Fantasy-Werk ist und muss nicht zwangsläufig heißen, dass ein Roman besonders gut lesbar, besonders spannend oder massentauglich ist. Der Hugo erregt also meine Aufmerksamkeit – aber ich versuche, meine Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben.


    Der Einstieg in „Zerrissene Erde“ verlangt große Aufmerksamkeit und Geduld, denn man wird tatsächlich in eine vollkommen neue Welt gestoßen. Es handelt sich nicht einfach um eine Dystopie sondern für mich war es tatsächlich wie ein neuer Planet. Vater Erde ist es, der sinnbildlich in den Tiefen haust und versucht, die Menschen durch Vulkanausbrüche und Erdbeben und daraus resultierende Umweltkatastrophen zu vernichten. Unter den normalen Menschen gibt es immer wieder Ortogenen, die nicht nur spüren, was sich im Erdboden tut, sondern die mit unglaublichen Kräften das Erdinnere verändern können und die magische Stärke aus allem Lebenden ziehen und dies totbringend gegen ihre Feinde verwenden können. Da vor allem Kinder diese Kräfte aber oft reflexartig verwenden und damit sozusagen aus Versehen Unglück und Tod verursachen können, fürchten die Menschen Ortogene und Eltern töten ihre Kinder oder verkaufen sie. Eine staatliche Behörde sammelt diese Kinder ein und steckt sie in harte Ausbildungslager, wo sie gedrillt und geformt werden, um der Gesellschaft mit ihren Kräften als Abwehrschilde eben gegen Erdbeben und ähnliches zu helfen.


    Nicht nur das Setting ist neu, auch viele Begriffe werden verwendet, die man so noch nirgends gehört hat und es dauert eine ganze Weile, bis man sie alle versteht. Auch ist lange nicht erkennbar, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Drei unterschiedliche Erzählstränge offenbaren immer wieder neue Kleinigkeiten und werfen neue Fragen auf. Außerdem beginnt die Story auch noch mit dem Strang, der in der zweiten Person erzählt wird, was mir eigentlich so gar nicht gefällt.


    Aber ich habe mich auf all das eingelassen, weil mir auch von Anfang an klar war, dass das Buch etwas Besonderes ist. Der Erzählstil ist manchmal flapsig und rau, manchmal fast lyrisch und wunderschön. Die Psychologie der Figuren spielt eine sehr große Rolle und da alle Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller Ortogenen sind, erfährt man sehr viel darüber, wie sie Denken und Empfinden, wie sie von der Gesellschaft gefürchtet, verfolgt und ausgenutzt werden, wie sie ihre Mächte einsetzen und wie sie versuchen, für sich den richtigen Weg zu finden.


    Immer wieder hat die Autorin mich mit Szenen begeistert und der Plot ist ausgefeilt und es macht Spaß, die vielen Rätsel nach und nach zu entdecken. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass es zwei, drei Längen für mich hatte, in denen mir die Beschreibungen etwas zu ausführlich und die Handlung nicht straff genug war. Dennoch nie ein Grund, das Buch wegzulegen. Dafür war es viel zu spannend zu erfahren, wohin die Reise geht.


    Mein Fazit also nochmals: Ein ungewöhnliches Buch, stark und aus der Masse herausragend. Mit ein paar kleinen Schwächen aber auch ein paar tollen, ungewöhnlichen und neuen Ideen und Darstellern, die mich mit ihrer Kraft und Authentizität gefangen genommen haben. Dicke Leseempfehlung.


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen:





  • Wir befinden uns in einer düsteren Welt, die an Zyklen von Zerstörung und Wiederaufbau gewohnt ist und für diese wiederkehrenden Naturkatastrophen sogar eine eigene Bezeichnung, "season", eingeführt hat. Vor dieser unwirtlichen Kulisse verfolgen wir drei Handlungsstränge:


    Essun ist verzweifelt. Ihr Ehemann hat ihren kleinen Sohn getötet und ist nun spurlos verschwunden, ebenso ihre Tochter. Sie verlässt ihr Zuhause und begibt sich auf eine Reise ins Ungewisse. Schon beim Aufbruch liegt eine Vorahnung von drohendem Unheil in der Luft, und tatsächlich sieht sie sich unterwegs mit zahlreichen Gefahren konfrontiert und kann sich nie sicher sein, wem sie vertrauen kann.


    Damaya wird aus einem lieblosen Elternhaus geholt, wo sie als "Orogene" mit der Fähigkeit, mit den Kräften der Natur in Kontakt zu treten und diese zu beeinflussen, von der eigenen Familie gefürchtet ist. Zunächst glaubt sie, sie würde verkauft, doch dann erfährt sie, dass sie im Fulcrum eine reguläre Ausbildung erhalten soll, um ihre besonderen Fähigkeiten in geordnete Bahnen zu lenken. Das ist zwar eine ungeahnte Chance für Damaya, die zuletzt von ihren Eltern im Stall eingesperrt wurde, doch wirklich glücklich ist sie im Fulcrum nicht, wo sie stets Außenseiterin bleibt.


    Syenite bricht mit einem höchstrangigen Mit-Orogene zu einer Hilfsmission auf und hat gleichzeitig den Auftrag, sich von ihm schwängern zu lassen, um Nachwuchs von bester Qualität sicherzustellen. Sehr begeistert sind sie davon beide nicht, und doch entsteht eine gewisse Bindung zwischen den beiden, nachdem sie einige schwierige Situationen gemeinsam gemeistert haben.


    N. K. Jemisin entwirft im Auftaktband zu ihrer Broken-Earth-Trilogie eine komplexe, düstere Welt, die wie eine pessimistische Zukunftsvision unserer Erde in einigen hundert Jahren anmutet, in der man sich fatalistisch mit periodisch wiederkehrender Zerstörung abgefunden hat und auf die nächste solche Phase stets vorbereitet ist.


    Die Trilogie spielt zwar in einer erfundenen Welt, legt den Finger aber in zahlreiche Wunden der heutigen irdischen Gesellschaft wie Rassismus, Ungleichheit, Ausbeutung, Zerstörung der Natur und Klimawandel, ohne dass es lehrerhaft und bemüht wirkt. In der Klassengesellschaft des Buches herrscht die Vorstellung vom idealen Menschen vor, die umso verbreiteter ist, je höher die Klasse, und geprägt von unverhohlener Diskriminierung gegenüber den Orogenes bis hin zum Lynchmord. Es scheint auf den ersten Blick völlig unverständlich, warum man den Orogenes mit solchem Misstrauen begegnet, statt sich ihre Fähigkeiten zunutze zu machen - doch Diversität funktioniert in unserer eigenen Welt ja leider auch nur sehr bedingt.


    Jemisin lässt sich Zeit, Personen und Gegebenheiten wie Geographie und das Magiesystem der Orogenes vorzustellen, was auf den ersten etwa 100 Seiten mehr Fragen aufwirft als beantwortet (vor allem, wenn man wie ich das Glossar im Anhang erst am Schluss entdeckt :breitgrins: ).


    Doch auch wenn zunächst die Fragezeichen über dem Kopf der Leser*innen kreisen, entwickelt das Buch schnell eine große Faszination, denn es ist hochspannend, einfallsreich und gespickt mit beißendem, düsterem Humor. Typische Motive aus Dystopien und Fantasyepen sind zwar deutlich erkennbar, aber was uns hier serviert wird, ist nicht der x-te fade Abklatsch, sondern eine moderne, frische Neuinterpretation, sehr am Puls der Zeit.


    Der Schluss ist ein ziemlich fieser Cliffhanger und macht sofort Lust auf Teil 2, den ich auch bereits bestellt habe.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Der Schluss ist ein ziemlich fieser Cliffhanger und macht sofort Lust auf Teil 2, den ich auch bereits bestellt habe.

    Ich freue mich auch schon auf den nächsten Teil und habe ihn in der Bib schon vorbestellt. Eigentlich hätte ich ihn im September schon bekommen sollen, aber ich habe noch keine Nachricht bekommen, dass ich es abholen kann. Vielleicht sollte ich einfach mal nachhaken.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.