Christina Baker Kline - Der Zug der Waisen

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    Worum es geht
    Als einzige Überlebende irischer Auswanderer wird die 9-jährige Niamh, deren Eltern und Geschwister bei einem Wohnungsbrand ums Leben kamen, mit vielen anderen elternlosen Kindern Ende der 1920-er Jahre von New York Richtung Westen verfrachtet. Hier sollen die Waisen liebevolle Aufnahme in einer neuen Familie finden, doch meist haben nur Babys so viel Glück. In den älteren Kindern werden oftmals nur billige Arbeitskräfte gesehen, und auch Niamh, die nicht einmal ihren irischen Namen behalten darf, kann erst in der dritten Pflegefamilie ein Stück ihrer verlorenen Kindheit zurückgewinnen.
    Die zweite Handlungsebene spielt in Spruce Harbor, Maine, im Jahre 2011. Die 17-jährige Molly hatte ebenfalls bereits mit mehreren Pflegefamilien Bekanntschaft gemacht. Nach einem Diebstahl muss sie 50 Sozialstunden ableisten, und gelangt deshalb in das Haus der über 90 Jahre alten Vivian Daly. Hier soll sie der alten Dame beim Entrümpeln ihres Dachbodens helfen. Jedes der in Kisten verpackten Erinnerungsstücke erzählt einen Teil von Vivians Kindheit, und im Rahmen eines Unterrichtsprojektes bringt Molly deren ganze berührende Lebensgeschichte ans Tageslicht.


    Meine Meinung
    Vom ersten Kapitel an bin ich der Handlung, deren beide Erzählebenen sich auf sehr raffinierte Art verknüpfen, mit großem Interesse gefolgt. Nur zu gut kann man sich die Ängste der armen Kinder vorstellen, die, einem ungewissen Schicksal ausgeliefert, fast wie auf einem Sklavenmarkt begutachtet, und meist nach dem Arbeitsbedarf in der neuen Familie ausgewählt werden. Schrecklich müssen auch die Verhältnisse gewesen sein, in denen sich die weniger Glücklichen von ihnen wiederfanden. Unhygienische Lebensbedingungen, harte Arbeit, gewürzt mit harten Worten, dafür aber oft nicht genug zu essen, all das gehörte zum traurigen Alltag dieser bedauernswerten Kinder.
    Gut gelungen fand ich die Darstellung der Lebensschicksale beider Frauen, die sich trotz der zeitlichen Differenz von über 70 Jahren und völlig anderen sozialen Gegebenheiten dennoch sehr ähnlich sind. Vor allem den Kapiteln aus Vivians Kindheit bin ich mit großer Anteilnahme, zeitweise sogar in atemloser Spannung gefolgt. Liebe und Geborgenheit in einer Familie sind gewiss für jedes Kind die unbedingt notwendigen Grundlagen für eine gesunde körperliche und seelische Entwicklung. Auch die freundliche Vivian dürfte durch ihre schwere Kindheit ein gewisses Defizit davongetragen haben, wie bei der Geburt ihrer Tochter deutlich wird.
    Trotz der konträren Zeiten, in denen sich Vivians und Mollys Leben abspielt, kann man dem Inhalt ohne Schwierigkeiten auch beim Zuhören folgen. Dazu trägt sicher auch der flüssige und ansprechende Stil der Autorin bei, die immer so lange bei der Geschichte einer ihrer beiden Protagonistinnen verweilt, dass man den roten Faden nie verliert. Erwähnenswert ist auch die angenehme Vortragsweise der beiden Sprecherinnen Beate Himmelstoß und Susanne Schroeder, deren Stimmen ganz vorzüglich zu ihren jeweiligen Rollen passen.
    Für diesen großartigen Roman gebe ich sehr gerne eine unbedingte Leseempfehlung und natürlich die volle Punktezahl.


    5ratten