Stephen King - Später

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 798 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Juva.

  • Stephen King - Später


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Ein weiterer überraschender und „anderer“ King, der mich sehr beeindruckt!


    Jamie Conklin ist eigentlich ein ganz normaler kleiner Junge, sieht man mal davon ab, dass er schon sehr früh lesen konnte und sich schnell nicht mehr mit Kinderbüchern abgab – und tote Menschen sehen kann. Nein, nicht wie im Film mit Bruce Willis, eher ein bisschen in Richtung „Pushing Daisies“. Die Toten müssen ihm die Wahrheit sagen, wenn er sie etwas fragt. Obwohl seine alleinerziehende Mutter lieber nicht über diese „Sache“ reden möchte, muss sie Jamies Gabe bald nutzen, um weiter für ihn sorgen zu können. Die einzige Person, die darüber Bescheid weiß, bringt Jamie in Gefahr …



    Jamie erzählt hier seine Geschichte selbst. Das mag ich sehr und es liest sich einfach immer so, als sei man persönlich derjenige, dem erzählt wird, niemand sonst. Das Spiel mit dem Wort „später“ ist typischer King-Humor, verleitet aber auch zum Nachdenken. King ist es gelungen, seinen Protagonisten im Laufe des Buches nicht nur älter und erwachsen werden zu lassen, sondern ihn selbst auch entsprechend erzählen – oder schreiben – zu lassen. Jamie wird erwachsener, reifer, „besser“. Als Leser ahnt man, dass dies wichtig sein wird. Und obwohl King wie so gerne auch hier immer wieder darauf hinweist, dass „dies eine Horrorstory“ ist, verliert sie nicht an Reiz und Thrill. Im Gegenteil – obwohl das eine oder andere auf der Hand liegt, hat mich der Autor mal wieder kalt erwischt. Wer subtilen Horror liebt, wird dieses Buch ebenso genial finden, wie ich. Für alle, die „Holzhammerthrill“ wollen, wird das Buch eher zahm daherkommen.



    Ja, für mich ist dies eins seiner besten Bücher. Das Mystische ist vorhanden, aber so gekonnt, dass man daran glauben mag, dass all dies wirklich geschehen könnte. Alles ist so realistisch und lebensnah, dass es umso heftiger trifft. Ich liebe es, wie King aus recht normalen Leben und Situationen etwas herausholen kann, das den Leser nicht ruhig schlafen lässt. Er öffnet Türen, die man nicht mehr ganz schließen kann. Und als wäre das nicht schon genial genug, findet man auch eine Menge schwarzen Humor.



    Seit ich Stephen King für mich entdeckt habe, mache ich alle seine Höhen und Tiefen mit ihm durch. Jedes seiner Bücher ist auf seine eigene Weise speziell. Nicht alle liegen auf meiner Wellenlänge, doch die der letzten Jahre – bis auf einzelne Ausnahmen – begeistern mich besonders. King schafft es immer wieder, mit neuen Ideen um die Ecke zu kommen. Da fragt man sich, ob er genial oder völlig irre ist! Oder um mit Kings Phantasie zu arbeiten: ob er Zugang zu einer höheren Macht hat!



    Auch wenn ein Cover sich gern mal mit anderen Auflagen ändert und nicht das Wichtigste an einem Buch ist, möchte ich es hier ausnahmsweise erwähnen. Es ist absolut gelungen und erzählt tatsächlich ein Stück der Story. Es gefällt mir sehr!



    Die Figuren sind wunderbar gezeichnet, es werden viele mehr oder weniger aktuelle Themen tief genug angeschnitten, dass man sie nicht übersehen kann. Wie immer verzichtet King auf „wundersame alles-ist-wieder-gut“-Zaubereien. Manche Dinge werden eben schlechter und nicht besser und man muss damit leben lernen. Die Ursachen und Wendungen sind so entsetzlich logisch und in sich stimmig, dass man leicht alles für möglich hält. Mich packt das total!



    Dass dieses Buch kein Nachwort vom Autor hat, fand ich erst schade, aber ich muss zugeben, genau das macht einen Teil der Wirkung des Buches aus. So bleibt Jamie der Erzähler und damit Autor der Geschichte. Und man fragt sich noch Tage nach der Lektüre, wie es Jamie weiter ergehen wird. Wer weiß, vielleicht werden wir hier in einigen Jahren eine Fortsetzung bekommen? Ganz im Stile von „The Shining“ vielleicht?



    Nun geht das Warten wieder los, auf das nächste Werk des Autors, der mich schon so viele Jahre begeistert, schockiert, überrascht und ängstigt. Fünf Sterne!




    ★★★★★

  • Zum Inhalt:


    "Jamie Conklin wächst in Manhattan auf und wirkt wie ein normaler neunjähriger Junge. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, aber er steht seiner Mutter Tia, einer Literaturagentin, sehr nahe. Die beiden haben ein Geheimnis: Jamie kann von klein auf die Geister kürzlich Verstorbener sehen und sogar mit ihnen reden. Und sie müssen alle seine Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Tia hat sich gerade aus großer finanzieller Not gekämpft, da stirbt ihr lukrativster Autor. Der langersehnte Abschlussband seiner großen Bestsellersaga bleibt leider unvollendet – wäre da nicht Jamies Gabe … Die beiden treten eine Reihe von unabsehbaren Ereignissen los, und schließlich geht es um, nun ja, Leben und Tod." (Quelle: penguinrandomhouse.de)


    Meine Meinung:


    In "Später" steht wieder ein Kind im Zentrum von Stephen King neuestem Werk. Wir begleiten Jamie Conklin auf seinen unheimlichen Begegnungen mit dem Tod, sowie ein Stück auf dem Weg seines Erwachsenwerdens.


    Seine Gabe, tote Menschen kurz nach ihrem Ableben zu sehen, ist Fluch und Segen zugleich. Denn es versuchen unter anderem Menschen, die ihm nahestehen, diese Gabe für sich zu nutzen.


    Aufgrund der Kürze des Buches, ist man auch schnell am Ende. Die umfangreicheren Bücher könnten oft etwas kürzer gehalten sein, hier ist meines Erachtens das Gegenteil der Fall, ich hätte gern noch den einen oder anderen Toten mit Jamie mehr gesehen, oder hätte ihn noch ein Stück auf seinem Weg begleitet.


    Die Figuren sind alle gut getroffen. Das Figurenensemble ist diesmal überschaubar, was eine spätere Zuordnung, wer wer ist, entbehrlich macht.


    Am Anfang fehlte mir ein wenig der Spannungsbogen, aber in der zweiten Hälfte wurde es besser.


    Grundsätzlich finde ich, es ist sicher nicht eines der spannendsten Bücher, aber Stephen King schafft es wieder, die Figuren nachvollziehbar und lebhaft zu gestalten.

    Auch die Beschreibung der Vorfälle, also was Jamies Gabe betrifft, hat Stephen King es auch geschafft, es so zu schreiben, dass man als Leser annehmen könnte, es könnte sich nach dem Tod tatsächlich so abspielen.


    Nur das Ende war mir dann im Vergleich zum restlichen Roman etwas zu übertrieben, aber gut, hier wollte Stephen King wohl noch einen großen Showdown setzen. Deshalb und für die eine oder andere offene Frage einen Punkt Abzug.


    Alles in allem ist "Später" ein kurzer, spannender und lesenswerter Roman, hinter dem sich der Meister nicht verstecken muss.


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von tigi86 ()

  • Zitat

    Vielleicht stellt man sich jetzt die Frage, die ich mir selbst damals nie gestellt habe: Wieso ich? Wieso Jamie Conklin? Seither habe ich mich das durchaus gefragt, aber ich kann es nicht beantworten. Ich kann nur raten. Ich glaube, es lag daran, dass ich anders war und dass es - das Es in der Hülle von Kenneth Therriault - mich deshalb hasste und mir schaden, ja mich sogar wenn möglich zerstören wollte. Man kann mich gern für verrückt halten, aber ich glaube, ich habe es irgendwie gekränkt. Aber es lag vielleicht noch an etwas anderem - vielleicht, ja, vielleicht hatte das Ritual von Chüd längst begonnen.

    Abgesehen davon, glaube ich, dass dieses Es nicht von mir ablassen konnte, nachdem es einmal angefangen hatte, mir auf den Pelz zu rücken.

    Wie schon gesagt, das sind nur Vermutungen. Es kann ganz andere Gründe gehabt haben, da dieses Es total unverständlich für mich war. Und total monströs. Wie gesagt, ist das hier eine Horrorstory. (S. 184 f.)

    Die Geschichte, die der Protagonist Jamie Conklin den LeserInnen in der Ich-Perspektive erzählt, beginnnt weit harmloser, als es hier angedeutet wird, auch wenn von Anfang an darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine Horrorstory handelt. Denn die Toten, die Jamie sehen und mit denen er sprechen kann, verschwinden nach einigen Tagen von allein ins Jenseits. Das ändert sich mit dem Auftreten des hier erwähnten Kenneth Therriault, der immer wieder auftaucht und Jamie damit wirklich in Angst versetzt.

    Dass dies eine ernste Bedrohung ist wird geübten King-LeserInnen durch die Anklänge an "Es" klar, letztendlich wird am Ende des Romans aber vor allem deutlich, dass eigentlich nicht die Toten, sondern die Lebenden, und wie sie miteinander umgehen, den wahren Horror erzeugen, der auch Jamie durch sein weiteres Leben begleiten wird.


    Mir hat der, für einen King ungewöhnlich kurze, Roman gut gefallen, was insbesondere mit dem sympathischen Protagonisten Jamie und dem toll gezeichneten Figurenensemble zusammenhängt. Über die Hinweise auf "Es" habe ich mich gefreut, weil dies einer meiner liebsten Stephen-King-Romane ist, und diese auch thematisch gut zu dieser etwas anderen Kindheitsgeschichte passen.


    5ratten