Ashley Audrain - Der Verdacht

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    Eine Familiengeschichte, die mich nachdenklich zurücklässt


    Blythe ist gerade mal 11 Jahre alt, als ihre Mutter Cecilie sie verlässt. Nun ist sie erwachsen, verheiratet mit Fox Connor und bekommt eine kleine Tochter – Violet. Sie nimmt sich vor, für ihre Kleine die Mutter zu sein, die sie nie hatte. Aber im Alltag angekommen, schafft Blythe es nicht, eine innige, tiefe und liebevolle Bindung zu ihrem Mädchen aufzubauen. Was Violet instinktiv zu spüren scheint und sie ihre Mutter ebenfalls ablehnt. Der einzige, der einen engen Draht zu ihr hat ist Vater Fox. Im Kindergarten beginnen die ersten Probleme. Violet reagiert aggressiv, feindselig und böse und verletzt Kinder sogar willentlich. Dann kommt ihr Bruder Sam zur Welt. Mit ihm ist alles anders. Ihm kann Blythe die Liebe und Zuwendung geben, die ihr bei Violet nie möglich war. Sie überschüttet ihren Kleinen mit Liebe. Doch dieses Glück wird durch ein Unglück zerstört. Kann der Verdacht, den Blythe hegt wirklich wahr sein?


    Die Geschichte wird von Blythe erzählt und liest sich fast wie ein Tagebuch. Durch Rückblicke in die Vergangenheit lerne ich auch ihre Großeltern Etta und Louis und ihre Eltern kennen. Die Frauen in der Familie haben alle kein gutes Verhältnis zu ihren Kindern, was sich von Generation zu Generation zu übertragen scheint.

    Es hat eine Weile gedauert, bis ich in der Geschichte angekommen bin. Aber dann hat sie mich richtig gepackt, schockiert und auch zweifeln lassen. Zweifeln an dem, wie Blythe ihre Tochter sieht. Hat ihr Mann Fox recht, wenn er meint, sie, Blythe, brauche eine Therapie? Oder doch eher Violet? Aber diese Frage stellt er sich nie.

    Mir gefällt die Geschichte aus zweierlei Gesichtspunkten. Blythe wird in ihrer Geschichte zu einer Frau, derer es bestimmt viele gibt. Nur wird das nicht thematisiert. Welche Frau gibt schon gerne zu, keine Muttergefühle, keine Bindung zu ihrem Kind aufbauen zu können. Für mich ist dies das erste Buch, das ich gelesen habe, wo das Thema durch Blythe und ihr Leben sehr gut dargestellt wird.

    In den meisten Büchern, die ich gelesen habe, gab es fast immer mehr Menschen, die ich sympathisch fand; nur wenige waren mir unsympathisch. Hier ist das anders herum. Es gibt nur sehr wenige Protagonisten und bis auf zwei Frauen, Mrs. Ellington eine Bekannte von Blythe, und Gemma, die neue Frau von Fox, haben sich die anderen, allen voran Fox und Blythe, nicht in mein Herz geschlichen. Das hat mich aber nicht weiter gestört, passt es doch ideal zur Geschichte. Besonders Blythe kommt durchgehend sehr authentisch rüber und ich konnte gut mit ihr mit fühlen.

    Die einzelnen Kapitel sind kurz und knackig, so dass die Geschichte sehr an Fahrt gewinnt und eine hohe Spannung hält. Es passiert andauernd irgendetwas und ich frage mich, ob ich bzw. Blythe das auch richtig aufnehmen. Hier und da haben mich die Geschehnisse an einen Thriller erinnert.


    Ashley Audrain konnte mich mit ihrem Debüt „Der Verdacht“ absolut überzeugen. Ein Tabuthema, das exzellent in eine Familiengeschichte eingewoben ist. Das mich schockiert, erschüttert, gefesselt und mitgenommen, aber auch sehr gut unterhalten hat. Ein Blick in die menschliche Psyche, der mich hat nachdenklich werden lassen. Eine Geschichte, die zeigt, was Verfehlungen in der Kindheit alles anrichten können. Eines meiner Lesehighlights. Absolut lesenswert!

    5ratten

  • toxische Kindheiten und ihre Folgen

    Vier Generationen von Frauen, allesamt eint ein gemeinsames Trauma, eine gestörte ja geradezu toxische Mutter-Tochter-Beziehung. Etta, Cecilia, Blythe und Violet haben von ihren Müttern weder Liebe noch Zuneigung kennengelernt sondern stets eine Distanziertheit und Lieblosigkeit, die teils in Gewalt oder gar „Folter“ ausartete. Doch im Mittelpunkt seht ihr die Beziehung von Blythe und ihrer Tochter Violet. Durch eine eher gewaltsame Geburt, verbindet Blythe ihre Tochter Violet eher mit Schmerzen als das es ihr gelingt sie mit Liebe zu überschütten. Und Violet nimmt diese Schwingungen bereits als Baby sehr deutlich war und mutiert zum Schreibaby und bringt Blythe damit an ihre Grenzen. Blythe´s Ehemann Fox bagatellisiert dies, Violet sich bei ihm wie ein Engel benimmt. Durch diese Überforderung geht Blythe zusehends dazu über ihre Tochter stundenlang schreien zu lassen und sich selbst dem Schreiben zu witmen, bis Fox eines Tages früher nachhause kommt und die Realität sieht. Je älter Violet wird, desto offensichtlicher wird Ablehnung zu Hass. Sie verletzt nicht nur sich selbst sondern auch ihre Mutter. Macht selbst vor anderen Kindern nicht halt. Als Blythe ein weiteres mal Mutter wird, diesmal eines Jungens, scheinen sich die Wogen zu glätten bis zu einem tragischen Ereignis, das nicht nur auf die Ehe von Blythe und Fox Auswirkungen hat.



    Die Autorin schafft es in sehr kurzen und sehr intensiven Kapiteln, den Leser durch einen packenden Schreibstil und einer Handlung zu fesseln, bei der man als Leser stetig zwischen Fassungslosigkeit und Faszination hin und her geworfen wird.



    Ist der Mensch oder ein Kind böse oder schlecht, weil es nie ausreichend Liebe erfahren hat oder wird ein Mensch bereits mit dieser Anlage geboren? Mit genau dieser These setzt sich die Autorin hier auseinander. Bewirkt eine über Generationen hinweg lieblose Erziehung, das gleiche bei der nächsten Generation? Können Kinder, wenn diese nicht aufgefangen werden, zu einer Gefahr für die Allgemeinheit werden? Als Leser ist man hin und hergerissen. Soll man Blythe glauben? Ist sie wirklich Opfer oder auch Täter. Kann Violet in jungen Jahren nicht nur ein solch selbstzerstöreisches Verhalten an den Tag legen sondern ist auch dazu fähig für andere zur Gefahr zu werden. Der Komplexität der Handlung ist es geschuldet, das man als Leser immer wieder diese Fragen wellst und am Ende noch ein paar mehr Fragezeichen hat.



    Dadurch dass man die Hauptfiguren durch viele Jahre begleitet und durch Rückblicke immer weiter in deren Geschichte eintauchen kann, kann man deren Verhalten gut nachvollziehen. Vor allem erfährt man sehr viel über Blythe, die selbst traumatisiert, und mit einem alles andere als einfachen Kind konfrontiert wird, an ihre persönliche Grenze getrieben wird und diese immer wieder verschoben wird, gerade weil der Konflikt zwischen ihr und ihrer Tochter Violet immer wieder eskaliert. Als ich das Buch zu ende gelesen hatte wusste ich wirklich nicht mehr ob eine der Figuren wirklich meine Sympathie verdient hatten.



    Fazit: Eine packende, faszinierende und gleichfalls schockierende Story, die einen einfach nicht mehr loslässt. Es tun sich Abgründe auf, die man erst versteht wenn man die ganze Geschichte kennt. Eine wirklich tolle Geschichte, die ich nicht mehr aus der Hand legen konnte. Klare Leseempfehlung.

    5ratten