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Tilda verbringt ihr Leben zwischen ihrer trostlosen Wohnung, der Supermarktkasse und der Universität. Fast ihre gesamte Zeit ist verplant und die wenigen freien Stunden verbringt sie im Schwimmbad. Nur im Wasser ist sie wirklich frei von ihren Sorgen und Verpflichtungen. Tilda wirkt reifer als ihre Jahre, obwohl ich nicht erfahren habe, wie alt sie genau ist. Die Verantwortung, die sie für ihre kleine Schwester und ihre alkoholkranke Mutter tragen muss, hat sie schnell erwachsen werden lassen.
Die Last dieser Verantwortung lässt sie Dinge und Menschen mit Abstand sehen. Bei der Arbeit im Supermarkt versucht sie, an den Waren auf dem Band das Leben ihrer Kunden zu erraten. Im Schwimmbad sieht sie nicht die anderen Schwimmer, sondern nur deren Beine unter Wasser. Lange Zeit wirkt es auf mich so, als ob für Ida nur sie, ihre Schwester und die Mutter die einzigen Menschen sind.
Das ist verständlich, denn sie hat schon lange die Mutterrolle für ihre kleine Schwester übernommen. Die Mutter steckt in einer Spirale aus Depressionen und Alkohol und es gibt nur wenige gute Phasen. Noch ist Ida zu klein, um mit der Mutter alleine zu bleiben, deshalb bleibt Tilda bei ihr, auch wenn sie manchmal am liebsten weit weg wäre.
Dann nimmt sie auf einmal einen anderen Schwimmer wahr, oder besser: seine Art, durchs Wasser zu gleiten. An ihm ist etwas Gefährliches, weil es etwas Bekanntes ist, das sie an die Vergangenheit erinnert. An das Ereignis damals will sie sich nicht erinnern.
Im Lauf der Handlung lässt Tilda die Erinnerungen zu. Der Grund dafür ist Viktor, der Schwimmer, der ihr aufgefallen ist. Tilda war mit seinem jüngeren Bruder befreundet, der bei einem Autounfall ums Leben kam. Diese Freundschaft steht am Anfang zwischen ihnen, denn wie immer lässt Tilda nicht zu, dass ihr jemand zu nahekommt. Aber Viktor schafft es Stück für Stück für Stück, die Mauer einzureißen, die Tilda um sich errichtet hat.
Caroline Weil schafft es, die Charaktere mit wenigen Worten zu beschreiben. Ihre Sprache ist klar, sie verzichtet auf Unnötiges. Trotzdem kann Tilda gut verstehen, wie sie sich im Wasser fühlt. Dort ist sie für sich alleine, denn das Waser lässt die Kommunikation mit den anderen Menschen im Becken nicht zu. Es ist ein sicherer Platz und das Schwimmen mit den gleichförmigen Bewegungen hat etwas Meditatives. Allerdings bin ich nicht dahintergekommen, warum es ausgerechnet 22 Bahnen sein müssen. 20 Bahnen wären 1000Meter, aber hinter den Grund der beiden Extrabahnen bin ich nicht gekommen.
Rein von der Beschreibung her habe ich mir Tilda anders vorgestellt. Beim Lesen habe ich gemerkt, dass hinter ihr viel mehr steckt, als die Beschreibung vermuten lässt. Auch wenn ihre Lebensumstände nicht immer schön sind, ist ihre Geschichte nicht traurig. Es ist die Geschichte einer jungen Frau mit einer starken Persönlichkeit, in deren Zukunft ich positiv sehe.
Liebe Grüße
Kirsten