Thomas Hüetlin - Berlin, 24. Juni 1922

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Das Datum im Titel des Buches wird mit dem Untertitel "Der Rathenaumord und der Beginn des rechten Terrors in Deutschland" genauer erläutert. Der Journalist Thomas Hüetlin beleuchtet in seiner "Reportage" (Angabe bei Amazon, Zitat aus der taz) den Weg zum Attentat auf Walter Rathenau unter mehreren Blickwinkeln, unter anderem geht er auf die Entstehung rechter Geheimorganisationen in der Frühphase der Weimarer Republik ein, aber auch auf den Hintergrund Rathenaus, um zu verdeutlichen, warum gerade er ein bedeutendes Ziel war.


    Ich hatte mit diesem Buch echte Probleme. Das Thema ist interessant und der Autor hat teilweise gut recherchiert und liefert auch einige interessante Details, aber die Struktur und vor allem die Sprache haben mich durchgängig sehr gestört. Ich hatte immer wieder den Eindruck, dass der Autor kein reines Sachbuch verfassen, sondern seinem Text auch eine gewisse literarische Qualität verleihen wollte, was aus meiner Sicht leider ziemlich daneben gegangen ist - die vielen sehr kurzen Sätze, die stakkatoartig aneinandergereiht werden, sind einfach nicht gut lesbar. In vielen Kapiteln sind auch die Absätze sehr kurz, bestehen teilweise nur aus einem Satz, und darunter leider die Stringenz des Textes massiv. Hinzu kommt die häufig fehlende Distanz zum historischen Geschehen, die sich dann auch in mangelnder Ausgewogenheit zeigt, die aber erst auf den zweiten Blick auffällt: es ist ja in Ordnung, dass der Autor eine Meinung hat, diese dann aber in einem vermeintlich neutralen Text zu verstecken und an ausgewählten Stellen wieder durchblitzen zu lassen halte ich für hochproblematisch - historisch interessierte und vorinformierte LeserInnen werden dies bemerken, wer nach einer ersten Information zum Thema sucht wird hier eventuell auf eine falsche Fährte gesetzt.


    Das letzte Kapitel, in dem der Autor Bezüge zum Lübcke-Mord und damit zur aktuellen Relevanz rechten Terrors herstellt, war für mich eindeutig der stärkste Teil des Buches und ich finde es extrem schade, dass nicht der gesamte Text in diesem Stil geschrieben wurde. Insgesamt bleibt bei mir der Eindruck zurück, dass hier jemand einfach zu viel wollte: historische Ereignisse erläutern, psychologische Hintergründe verdeutlichen, politische Entwicklungen nachvollziehen - und sich dazu noch als Schriftsteller profilieren. Dieses Buch kann ich niemandem weiterempfehlen.


    1ratten