Mirjam Pressler - Stolperschritte

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    Autorin: Mirjam Pressler

    Titel: Stolperschritte

    erstmals erschienen: 1981

    Seiten: 119

    Verlag: Ravensburger


    Klappentext laut Amazon:

    Wegen seiner Gehbehinderung dreht sich in Thomas‘ Familie alles um ihn. Niemand erkennt die verzweifelte Lage des jüngeren Bruders, der eines Tages Suizid begeht. Die Beziehung zwischen Thomas und seiner Mutter wird auf eine harte Probe gestellt.



    Meine Meinung:


    Triggerwarnung: Suizid, Gewalt innerhalb der Familie


    Manchmal gibt es Bücher über die man einfach etwas loswerden muss. Ich wollte eigentlich keine Rezension schreiben, aber tue es doch. Ich habe mich nämlich sehr über den Klappentext geärgert, der so sehr spoilert, dass er mir das Buch teils vermiest hat (zum Glück habe ich ihn erst gelesen, als ich schon halb durch war und nur zufällig auf die Rückseite des Buches schaute).

    Der Suizid von Thomas' Bruder Frieder passiert 35 (in Worten: fünfunddreißig) Seiten vor Schluss. Das heißt zum einen: Es ist überhaupt nicht mehr genug Zeit für die groß angekündigte Veränderung der Beziehungen innerhalb der Familie (davon abgesehen, dass Thomas und seine Mutter sich schon vorher hassen). Und zum anderen: In 70% des Buches geht es auch gar nicht darum, da die Haupthandlung vor diesem Vorfall vorher spielt.


    Inhaltlich hat mir das Buch gut gefallen. Ein typisches Jugend-Problembuch mit sehr menschlichen Charakteren, die alle auf die ein oder andere Weise ihr Päckchen zu tragen haben (Gehbehinderung, Schulprobleme, Affäre, Vernachlässigung, Gewalt in der Familie, Einsamkeit). Mitschülerin Susi bringt die Aussage des Buches auf den Punkt (S. 80): "Vielleicht ist jede Schwierigkeit schlimm und es gibt keine Unterschiede. Und sicher kann keiner vom anderen wissen, wie er leidet."


    Mir fehlt ein bisschen die psychologische Aufarbeitung nach Frieders Tod, der gerade einmal 11 Jahre alt wurde. Hierzu könnte man sicher ein ganzes eigenes Buch schreiben - dann quasi das Buch, das hier im Klappentext angekündigt wurde. Außerdem wird über die Ohrfeigen, die die Mutter an ihre Kinder und speziell Frieder austeilt, sowohl von den anderen Personen als auch von der Autorin immer sehr schnell hinweggegangen und dieses Verhalten kaum als problematisch und falsch thematisiert. Das mag auch daran liegen, dass das Buch erstmals 1981 erschienen ist. Offensichtlich wurde es später angepasst (auf dem Grabstein steht das Jahr 1995), aber vermutlich nicht inhaltlich überarbeitet.


    Insgesamt eine bewegende Geschichte mit kleineren Mängeln, die aber nachhallt und zum Nachdenken anregt.

    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Außerdem wird über die Ohrfeigen, die die Mutter an ihre Kinder und speziell Frieder austeilt, sowohl von den anderen Personen als auch von der Autorin immer sehr schnell hinweggegangen und dieses Verhalten kaum als problematisch und falsch thematisiert.

    In "Niklas Vogelpfeifer" hat der Vater ein Alkoholproblem. Weil er unter Alkoholeinfluss das Familienauto zu Schrott fährt, fehlt das Geld für das Fahrrad, das die Eltern Niklas zum Geburtstag versprochen hatten. Pressler schildert das völlig neutral und ohne Wertung. Sie beschreibt in ihren Büchern ungeschönt die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen in den 1970ern und 80ern. Damit konnten sich ihre Lesenden ein Stück weit mit den Protagonist:innen identifizieren, weil die ja auch nicht in einer idealen Welt lebten.