Ulrika Rolfsdotter - Beuteherz

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 665 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sagota.

  • Krimi im tief verschneiten Schweden!


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Ihre demente Mutter ist der Grund, weshalb Sozialarbeiterin Annie Ljung nach Lockne zurückkehrt. Vor 18 Jahren ist sie nach Stockholm gezogen und hat sich geschworen, nie mehr in das Städtchen ihrer Kindheit und Jugendzeit zurückzukehren. Zu viel ist damals geschehen und die Schatten ihrer Vergangenheit verfolgen sie immer noch. Ihre Verwandten, Sven und Lillemor Bergstein, empfangen sie mit offenen Armen in Lockne. Annie ist kaum angekommen, verschwindet jedoch deren Tochter Saga und die junge Sozialarbeiterin sieht sich nicht nur mit ihrer dunklen Vergangenheit, sondern auch mit den Schatten der Gegenwart konfrontiert.


    In letzter Zeit habe ich etliche Bücher, die in Schweden handeln, gelesen. Auch die Geschichte in "Beuteherz" spielt sich in Schweden ab.

    Im tief verschneiten Schweden!

    Die Autorin hat es geschafft, sehr viel Atmosphäre in der Handlung mitschwingen zu lassen. Die Kälte, der Schnee und die Dunkelheit in dieser kargen Zeit sind hervorragend beschrieben. Dazu kommen immer wieder Schauergeschichten, die in Schweden kursieren und noch einmal mehr schwedisches Feeling erzeugen.

    Andeutungen, was in Annies Vergangenheit geschehen ist, ziehen sich durch das Buch und haben in mir sehr viel Spannung ausgelöst. Was ist so einschneidend, dass jemand dem Städtchen seiner Kindheit den Rücken kehrt und sich 18 Jahre lang weigert, dorthin zurückzukehren? Es müssen traumatische Geschehnisse sein, das merkt man relativ schnell. Denn Annie ist sehr überzeugend charakterisiert und man nimmt ihr ihre Gefühle ab.

    Ulrika Rolfsdottir hat nicht nur ein Händchen für überzeugende Figuren, sondern punktet auch mit einem locker zu lesenden Schreibstil. Die einfach gehaltene und chronologisch erzählte Handlung, in denen ruhig verlaufende Perspektiven die Geschichte gut lesen lassen, hat mich überzeugt. Eine Wohltat, denn statt hektisch wechselnde Perspektiven und Zeitebenen, setzt die Autorin auf Einfachheit. Dabei leidet die Story keineswegs! Im Gegenteil. Ich konnte mich dadurch sehr gut auf die Handlung konzentrieren.


    "Beuteherz" ist der erste Teil aus Lockne. Der zweite Teil ist schon in niederländischer Sprache erschienen. Nun warte ich ungeduldig auf die Uebersetzung ins Deutsche. In diesem ersten Buch hat die Frage, was geschah, bevor Annie Hals über Kopf nach Stockholm gezogen ist, enorm viel Spannung erzeugt. Diese Frage ist inzwischen beantwortet und ich hoffe, dass der zweite Teil trotzdem denselben Sog entwickelt.


    5ratten


    :tipp:

  • Schon aus Gründen der "Berufsehre" ist das sofort mal notiert worden ;)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Ich nicht.


    Das Buch habe ich mittlerweile zur Hälfte gelesen und es gefällt mir wirklich gut. Die Atmosphäre ist toll, der Fall spannend.

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Ich nicht.


    Das Buch habe ich mittlerweile zur Hälfte gelesen und es gefällt mir wirklich gut. Die Atmosphäre ist toll, der Fall spannend.

    Oh schon! Du gehst ja flott ran. Das freut mich, dass es dir gefällt!

  • Ich habe gestern zu Ende gelesen und kann mich insgesamt Igela 's Rezension absolut anschließen. Der klare Schreibstil und relativ kurze Sätze haben mir auch gefallen - und Neues von Annie Ljung werde ich definitiv ebenfalls lesen wollen!

    Einen Kritikpunkt habe ich, wo es ermittlungstechnische Unstimmigkeiten für mich gab, die sich mir regelrecht aufdrängten und eigentlich nicht zu Annies sonstigem Scharfsinn - und ihrer Kombinationsfähigkeit passten:


    Ansonsten fand ich die Handlung stimmig, vielschichtig in den Themen und sehr spannend!

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Flüchten oder Standhalten


    "Beuteherz" von Ulrika Rolfsdotter erschien (TB, 447 Seiten) im Heyne-Verlag (Penguinrandomhouse Gruppe). Übersetzt aus dem Schwedischen wurde der Kriminalroman von Sabine Thiele.

    Ich war auf den 1. Fall von Annie Ljung sehr gespannt, da sie (wie auch die Autorin) denselben Beruf hat wie ich). Nie zuvor habe ich einen Krimi gelesen, in dem eine (schwedische) Sozialarbeiterin/-pädagogin ermittelt und muss sagen, dass mir das Début der Autorin sehr gut gefallen hat!


    Inhalt:


    Als ihr Cousin Sven Bergsen Annie anruft, die sich in Stockholm seit einigen Jahren vor allem um misshandelte Frauen kümmert, kehrt sie in den Ort ihrer Kindheit und Jugend in Nordschweden zurück, in den sie niemals wieder fahren wollte: Lockne. Doch ihre demente Mutter braucht sie, auch wenn die Beziehung zu ihr schon länger eher schwierig ist. Es ist kurz vor Ostern und sie nimmt sich vor, nur einige wenige Tage zu bleiben. Mit Sven und seiner Frau Lillemor hat sie ein herzliches Verhältnis, dementsprechend freuen sich beide, dass Annie zu Besuch ist. Kurz darauf verschwindet ihre Nichte Saga, die ihr mit 17 Jahren zum Verwechseln ähnlich sieht, spurlos. Obwohl ihr Unwillen gegen diesen Ort, den sie in jungen Jahren verlassen musste, deutlich spürbar ist, lässt sie nun Sven und Lillemor nicht in dieser äußerst belastenden Situation alleine, da diese stets nach Birgitta, Annies Mutter schauen. Sie begegnet zwangsläufig Josef Hoffner, dessen Vater Sven im Suff bei einem Kartenspiel einen Wald abluchste, den Sven, der faktisch pleite ist, da der kleine Lebensmittelladen schon längst nicht mehr läuft, von Johan zurückhaben will. Nach einiger Zeit bilden sowohl die Dorfbewohner als auch die Polizei Suchtrupps, die jedoch in starkem Schneefall keine Ergebnisse zeigen. Die verzweifelten Eltern gehen nicht davon aus, dass Sara davongelaufen ist: Doch wo ist die Tochter zu finden - und ist sie noch am Leben in dieser Kälte?


    Meine Meinung:


    Ulrika Rolfsdotter ist ein Name, den ich mir zweifellos merken werde: Der Kriminalroman wirkt auf mich sehr authentisch und interessant, da Annie, die Hauptprotagonistin, die Stelle ihrer Freundin Helena in der Nähe von Lockne antritt (Elternzeitvertretung) und sehr menschlich reagiert, als ihre Nichte spurlos verschwindet: In ihrer Profession beim Jugendamt gibt sie der Polizei Informationen, die zum Auffinden von Sara hilfreich sein könnten. Sie besitzt kriminalistische Fähigkeiten, Scharfsinn und Intelligenz, trägt jedoch selbst ein Traumata in sich, das mit dem Ort Lockne zu tun hat und sich erst nach und nach dem Leser erschließt. Mir waren besonders Annie Ljung, Gunnar Edholm und Sven und Lillemor sympathisch; auch die Rolle der dementen Mutter Birgitta gab einem zu Denken: Was meinte sie mit "Hilf dem Mädchen?" Was wusste sie wirklich, die sich mit Sara, die in Birgittas Pflegeheim jobbte, sehr gut verstand? Und was hat es mit dem Gedicht von Sara auf sich, das Annie bei ihrer Mutter in einer Schublade findet?


    Die Autorin versteht es, von Beginn an Spannung aufkommen zu lassen, die sich im letzten Drittel noch steigert. Der Stil ist sehr atmosphärisch; die Kapitel kurz und die Sprache eingängig und schnörkellos; es sind kurze und prägnante Sätze, die den Spannungsbogen halten. Verdachtsmomente fallen auch auf diverse andere Figuren, die im Krimi auftauchen und der Plot ist nicht vorhersehbar. Allerdings habe ich einen Kritikpunkt: Trotz kriminalistischem Spürsinn von Annie gibt es für mich einen Stolperstein in ermittlungstechnischer Hinsicht, denn geübte KrimileserInnen (eins meiner Lieblingsgenres) werden hier evtl. vor Anna fündig und erkennen, vor wem man sich besser in Acht nehmen sollte. Da die Themen jedoch sehr vielschichtig sind (z.B. Schuldgefühle, Traumata, Demenz, Alkoholismus und Zerrütung von Familien, aber auch Freundschaft und die Arbeit sozialer Dienste bei Jugendämtern) und die Spannung absolut vorhanden war, hat mich dies nur am Rande gestört: Ich sehe auf jeden Fall Potential nach oben!


    Fazit:


    Ein starker, spannender, etwas feministischer Krimi aus Nordschweden, der mir aufgrund der Authentizität, der Klarheit im Stil und der Vielfalt der relevanten Themen sehr gut gefallen hat. Eine starke Frau, deren Profession Sozialpädagogin ist und die hier mit Intelligenz und Scharfsinn brilliert, begibt sich an den Ort, den sie nie wiedersehen wollte. Setzt sich schlussendlich mit ihrer eigenen Vergangenheit (und ihren Dämonen) auseinander. Sehr gerne empfehle ich "Beuteherz" und hoffe auf weitere Fälle für Annie Ljung!


    4ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)