Judith W. Taschler - Roman ohne U

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    Judith W. Taschler erzählt in ihrem "Roman ohne U" eine kunstvoll verschachtelte Familiengeschichte mit verschiedenen Akteuren, die sich im Verlauf der Handlung immer weiter erschließt und auch mit unerwarteten Wendungen daherkommt, was den Roman ausgesprochen spannend macht.


    Die Protagonistin Katharina hat es nicht leicht mit ihren Ehemann Julius, der als Vertreter meistens unterwegs ist, während sie sich um die vier Kinder kümmert. Dabei war ihr Arthur, ihr Schwiegervater, schon immer eine große Hilfe, was das schwierige Verhältnis zwischen Vater und Sohn nicht einfacher gemacht hat. Katharina arbeitet als Biografin, sie schreibt Lebensläufe unterschiedlichster Menschen auf Bestellung auf. Als Stephanie sie bittet, die Lebensgeschichte ihres Onkels Thomas auf Grundlage eines Manuskripts und einer Tonaufnahme aufzuschreiben, gerät Katharinas Welt in mehrfacher Hinsicht ins Wanken, und dabei spielt Thomas eigene Geschichte, der "Roman ohne U", den der Kriegsheimkehrer nach über zwanzig Jahren in Sibirien aufgeschrieben hat, eine wichtige Rolle.


    Die Erzählperspektive wechselt von Anfang an zwischen den Figuren hin und her, was zu Beginn durchaus etwas verwirrend ist, wodurch die LeserInnen aber auch Einblicke in die Denk- und Handlungsweisen der verschiedenen Beteiligten haben. Sowohl die Ehe- und Familiengeschichte zwischen Julius und Katharina als auch die Ereignisse in Sibirien, die Thomas im Rückblick erzählt, werden dabei stückweise zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Das gelingt der Autorin durchaus kunstvoll bis hin zu einem Ende, dass man teils erwartet hat und einen doch überrascht, wobei es den Roman sinnvoll abrundet.


    Mir hat der Roman sehr gut gefallen, obwohl viele Ereignisse traurig, zum Teil auch wirklich grausam sind, sich aber passend in die Handlung einreihen. Dazu tragen auch die facettenreichen Figuren bei, die glaubwürdig geschildert werden. Ein lesenswerter Roman!


    5ratten

  • Das kann ich gerne erklären, ist kein Spoiler: Thomas wollte nie Müller werden, sondern immer gerne schreiben, obwohl er als Müllerssohn dann doch in der Mühle mitarbeiten muss, bis er als Soldat eingezogen wird. Deshalb hat seine Mutter ihm eine Schreibmaschine geschenkt, die der Vater bei einem Wutanfall beschädigt. Deshalb funktioniert das U nicht mehr richtig, und es ist für ihn schwierig, seine Geschichte aufzuschreiben, da viele Worte, die er dafür braucht, ein U beeinhalten:

    Zitat

    Die Schreibmaschine funktioniert noch einwandfrei. Nur das U macht Faxen. Damals, bei diesem Streit, als der Vater sie vom Tisch gefegt hat. Ist der Buchstabe beschädigt worden. Ich hoffe, er hält noch eine Weile.

    Ich brauche das U. Ohne U geht es nicht.

    Nicht einmal Russland könnte ich ohne U schreiben. Russland, das mich fast zwanzig Jahre lang verschluckt hat. Verschluckt könnte ich ohne U auch nicht schreiben. Uuuuuuuh! Heulen wie ein Wolf könnte ich auch nicht ohne U! [...] Nicht einmal deinen Namen könnte ich schreiben: Ludovica. (S. 45 f.)