Madeleine Albright - Die Hölle und andere Reiseziele

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    Madeleine Albrights Buch "Die Hölle und andere Reiseziele" trägt den passenden Untertitel "Eine Autobiografie im 21. Jahrhundert" und sie weist dann auch direkt im Vorwort darauf hin, dass dies bereits ihr drittes autobiographisches Werk ist. Wobei es sich eigentlich nicht um ein stringentes Buch "aus einem Guss" handelt, sondern eher um eine Ansammlung autobiographischer Essays, die zwar grob chronologisch orientiert sind, in denen insgesamt aber zeitlich viel hin und her gesprungen wird zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Als Mitverfasser ist Bill Woodward genannt, wobei sein Anteil an dem Werk nicht klar erkennbar ist.


    Die Erinnerungen Albrights setzen mit ihrem Abschied als Außenministerin der USA unter Bill Clinton ein und beginnen mit ihren Überlegungen, was sie nun beruflich aus sich machen soll. Sie gründet eine Firma, hält Vorträge, knüpft an ihre Zeit als Professorin an einer Universität an und vieles mehr. Dass Albright eine außergewöhnliche Frau ist, die eine herausragende Karriere gemacht hat, ist klar, das müsste sie selbst nicht an allen Ecken und Enden betonen, denn dadurch erhalten viele ihrer Anekdoten doch etwas sehr Selbstgefälliges:

    Zitat

    Ich wollte auf gar keinen Fall ein Buch über meine Broschen schreiben, während Amerika zwei Kriege führte und ich meine gesamte Energie in Projekte gegen Armut und Völkermord und für die Stärkung der Demokratie investierte. Mein ganzes Leben lang war es mir wichtig gewesen, dass man mir mit Respekt zuhörte. Und nun, da ich erreicht hatte, dass meine Stimme etwas zählte, sollte ich diesen Erfolg gefährden? (S. 248)

    Dass sie anschließend doch über ihre Broschen schreibt gefährdet selbstverständlich weder ihr Ansehen noch die Qualität ihrer Aufzeichnungen, aber es ist leider auf die Dauer etwas anstrengend, ständig zu lesen, wen Mrs. Albright kennt, was sie weiß und schon immer wusste und wem sie gerne einen Rat geben würde oder gegeben hat, zumal sie es gar nicht nötig hätte, ihre Leistungen derart zu betonen:

    Zitat

    Anfang der 1990er Jahre, als auf dem Balkan die Konflikte zwischen den christlich-orthodoxen Serben, den römisch-katholischen Kroaten und den muslimischen Bosniern ausbrachen, forderte ich alle Seiten auf, den Fokus auf die Rechte des Einzelnen zu richten, nicht auf die jahrhundertealten Kränkungen ihrer jeweiligen Religionsgemeinschaft. (S. 153)

    Das klingt ein bißchen, als hätte Mrs. Albright den Balkan-Konflikt (der ja nun nicht nur religiöse Ursachen hatte) quasi im Alleingang lösen wollen. Sie schreibt dies in einem Kapitel, in dem sie grundsätzlich gegen radikale religiöse Haltungen eintritt, aber auch dafür, Menschen mit anderen Überzeugungen nicht grundsätzlich abzulehnen. Das ist doch an sich eine respektable Haltung, tritt aber duch diese Betonung der eigenen Verdienste leider etwas in den Hintergrund.


    Am stärksten sind die Kapitel, in denen sich Albright mit ihrer eigenen Familiengeschichte beschäftigt, etwa als sie das Tagebuch ihrer Großmutter mütterlicherseits entdeckt, die im Holocaust ermordet wurde. Hier tritt die öffentliche Person zurück und der Mensch Madeleine Albright wird sichtbar. Dies trifft ebenso auf die Textpassagen zu, in denen sie sich mit ihrem Verhältnis zu ihrem Geburtsland Tschechien auseinandersetzt.


    So komme ich für dieses bezogen auf die Themen und die Art, wie mich die einzelnen Kapitel angesprochen haben, ziemlich gemischte Buch auch zu einer durchwachsenen Bewertung. Madeleine Albright hat viele interessante Dinge zu erzählen, verliert sich aber immer wieder in der Betonung eigener Verdienste. Das ist schade, weil es unnötig und der Lesefreude teilweise ziemlich abträglich ist.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus: