Nadine Gordimer - Eine Stadt der Toten, eine Stadt der Lebenden

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    Das Buch enthält zehn Erzählungen, die mit 15-30 Seiten eher kurz sind. Lediglich die letzte Erzählung ist mit gut 130 Seiten umfangreicher. Ein gemeinsames Thema gibt es nicht, eher eine gemeinsame Stimmung. Einige Erzählungen haben einen politischen Kontext, diese sind oft im afrikanischen Umfeld verortet. In manchen geht es um Beziehungen, in anderen geht es um gesellschaftliche Beobachtungen. Alle haben eine gewisse Schwere gemeinsam. Ich hatte zwischendurch das Bild im Kopf, dass Gordimer ihren Erzählungen bzw. stellvertretend den Protagonisten darin ein metaphorisches Gewicht anlegt, gegen das sie ankämpfen müssen.


    Eine Erzählung (Sünden des dritten Alters) handelt zum Beispiel von einem Paar. Direkt zu Anfang wird eingeordnet, dass es keine Angehörigen gibt und sie nur einander haben und nicht mehr in ihrer ursprünglichen Heimat leben. Das wäre für mich ausreichend für ein Setting. Gordimer erwähnt jedoch, nahezu beiläufig, “eine Nummer war auf sein Handgelenk eingebrannt” und ihre Hände “hatten kein Zeichen von dem Wühlen - frostig und blutig - nach gefrorenen Rüben”. Das sind starke Bilder, die sofort zahlreiche Assoziationen beschwören, allerdings haben diese Details für den weiteren Verlauf der Geschichte keinerlei Relevanz. Das mit wenigen Worten geschaffene intensive Gefühl verpuffte einfach und der Rest der Erzählung wirkte ziemlich belanglos.

    Einen eventuell persönlichen Bezug zur Geschichte ihrer Eltern kann ich nur vermuten. Vielleicht trifft dies auf den Anfang zu, der deswegen so stark ist, und verliert sich bei der eigentlichen Geschichte.


    Eine andere Erzählung (Unheilbar) dreht sich um eine Protagonistin mit schwerer Krankheit. Die ersten Seiten habe ich mit einem dicken Kloß im Hals gelesen, bevor die letzten Zeilen diese Stimmung für mich zerstörten, weil Gordimer eine Wendung einbaut. Eine Wendung, die vermutlich eine dramatische Steigerung darstellen sollte, für mich allerdings die vorher kunstvoll aufgebaute Stimmung plump zerstört hat.


    Einige Erzählung fand ich nichtssagend, im schlimmsten Fall wurden sie beendet, wenn es gerade interessant zu werden versprach. Die politischen Komponenten sind im historischen Kontext sicherlich richtungsweisend. Mit der zeitlichen und kulturellen Distanz, mit der ich diese Erzählungen gelesen habe, ging jedoch viel Relevanz verloren. Gordimers Blick auf zwischenmenschliche Interaktion oder Charaktere hat mir keinen Zugang geboten.


    Sprachlich verstecken sich ein paar Perlen zwischen den Seiten, allerdings habe ich keine Erzählung durchgängig als übermäßig ausgefeilt wahrgenommen.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Sprachlich verstecken sich ein paar Perlen zwischen den Seiten, allerdings habe ich keine Erzählung durchgängig als übermäßig ausgefeilt wahrgenommen.

    Wer hat die Erzählungen denn übersetzt? Manchmal liegt sowas ja auch an der Übertragung ins Deutsche, die ja immer auch ein Kind ihrer Zeit bzw. ihres Verfassers ist. Als abschreckendes Beispiel habe ich da Heinrich Bölls bräsige Übersetzung vom "Fänger im Roggen" aus den Sechzigern vor Augen, die wohl der Grund dafür war, dass ich nie so recht warm geworden bin mit dem Buch. Erst die Neuübersetzung von Eike Schönfeld vor ein paar Jahren, die sprachlich wesentlich näher am Original sein soll und die mir gut gefallen hat, hat mir das Buch näher gebracht.

  • Guter Hinweis, MacOss , danke.


    Die Erzählungen erschienen erstmals 1984 und wurden für die deutsche Ausgabe 1987 von Inken Bohn aus dem Englischen übersetzt. Mit diesem Namen verbinde ich allerdings nichts... Und auch das Internet gibt bei einer kurzen Suche nichts her, auch keine Hinweise auf andere Übersetzungen. Ob das Buch mich mit einer anderen Übersetzung - oder im Original - sprachlich mehr mitgenommen hätte, kann ich somit nicht beurteilen. Vermutlich nicht, denn Inhalt und Aufbau blieben unverändert.


    Salinger habe ich im Englischunterricht gelesen und sehr gemocht. Den wollte ich schon lange mal wieder gelesen haben.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges