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In gesellschaftlichen und gerade auch in politischen Debatten merkt man, dass die Fronten verhärtet sind, da jeder stur auf seiner Meinung beharrt. Yasmine M’Barek zeigt durch einen realpolitischen Ansatz auf, dass es auch anders gehen könnte.
Leider stellt sich beim Lesen von „Radikale Kompromisse“ heraus, dass dieser realpolitische Ansatz gar nicht Hauptthema des Buches ist. Zwar wird der Ansatz recht schnell erklärt – Idealisten haben Visionen, Stagnierende bzw. Konservative möchten, das alles so bleibt, wie es ist und die Realisten vermitteln zwischen beiden Positionen mit dem Ziel eines ergebnisorientierten Kompromisses für beide Lager. Allerdings wird erst im siebten der insgesamt neun Kapitel Realpolitik an den Beispielen von Bismarck, Brandt und Merkel wirklich näher erklärt.
Der Hauptanteil des Buches ist viel eher von folgender These geprägt: Idealisten – und nur die! - machen die Realpolitik kaputt. Sei es durch überzogene und unrealistische Forderungen, durch Aktionismus, der niemanden weiterbringt oder durch das Nichtakzeptieren anderer Meinungen außer der Eigenen – es wirkt so, als können Idealisten nichts richtig machen. Zudem hat man den Eindruck, als würde Yasmine M’Barek zwar Idealisten nicht mit politisch Linken gleichsetzen wollen, sie tut es aber mehr oder minder bewusst doch.
Die Ansätze, die Yasmine M’Barek aufwirft, mögen richtig sein – vieles, was sie anspricht, klingt auch wirklich gut, nimmt dann aber auch oft Wendungen, bei denen zumindest ich vehement widersprechen möchte. Ein Beispiel aus dem dritten Kapitel: Der Generationenkonflikt zwischen sogenannten „Boomern“ und „Millenials“ wird beklagt. Auch der Wunsch, die Alten miteinzubeziehen, ist nachvollziehbar. Aber dass die jungen Idealisten gegenüber den alten Konservativen in der Bringschuld sind, die Alten hingegen aber nicht gegenüber den Jungen, ist mir völlig unverständlich. Es ist bei einem Konflikt nie nur eine Seite Schuld und beide Parteien sollten in einem Konflikt aufeinander zugehen.
So klingt „Radikale Kompromisse“ leider an vielen Punkten wie eine persönliche Abrechnung mit dem Idealismus anstatt einem Plädoyer für den Realismus. Dass dieser stellenweise doch noch behandelt wird, rettet das Buch gerade noch auf eine durchschnittliche Bewertung.