Anja Pitzke - Morgen fangen wir an

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    Ella hat in ihrem Leben alles erreicht: sie hat einen Mann, der sie liebt, zwei wunderbare Söhne und ist eine erfolgreiche erfolgreiche Anwältin. Aber dann bekommt sie einen Anruf, der ihr Leben auf dem Kopf stellt: Luke, ihre erste große Liebe, ist todkrank und hat nur noch wenige Wochen zu leben. Auch wenn sie ihn seit fast dreißig Jahren nicht mehr gesehen hat, wirft sie der Anruf komplett aus der Bahn und öffnet die Tür zu einer Vergangenheit, von der sie glaubte, dass sie sie lange hinter sich gelassen hatte.


    Ellas und Lukes Geschichte wird in Rückblenden erzählt. Er war der große Bruder ihrer besten Freundin und irgendwann wurde daraus mehr. Aber es kommt mir auch so vor, als ob da noch viel war, über das sie nicht nachdenken wollte. Immer wieder gibt es in der Erinnerung Unstimmigkeiten was Lukes Verhalten betrifft. Je mehr sich Ella erinnert, desto mehr wird klar, dass die Vergangenheit nicht so rosig war, wie sie scheint.


    Ella und ihr älterer Bruder wachsen in einem Haus auf, in dem Leistung an erster Stelle steht. Dem Vater ist seine Stellung als Professor an der örtlichen Universität und das damit verbundene Ansehen wichtiger als die Familie. Die muss funktionieren und seine Erwartungen erfüllen. Dieser Leistungsdruck ist fast zu viel für Ale, deshalb tut ihr die Freundschaft zu Helene gut. Aber diese Freundschaft zu Helene war oft einseitig, Helene schob ihre angeblich beste Freundin jedes Mal zur Seite, wenn sie sich neu verliebte. Nur die Beziehung zu Luke gab ihr Halt. Ella wird klar, dass sie Luke noch einmal sehen will. Sie hat mit der gemeinsamen Zeit noch nicht abgeschlossen, zu viele Fragen sind noch offen. Von Helen bekommt sie die Telefonnummer, aber Luke will sie zunächst nicht sehen.


    Ich kann verstehen, dass Ella Luke noch einmal sehen will. Gerade dass will Luke nicht, aber sie akzeptiert seinen Wunsch nicht. Sie drängt sich förmlich in das er sich ohne sie eingerichtet hat. Je näher sie Luke wieder kommt, desto mehr verlässt sie ihre Familie. Die Reise in die Vergangenheit bringt sie dazu, ihre Gegenwart zu hinterfragen und zu erkennen, dass sie genau da angekommen war, wovon sie geflohen ist: in eine Beziehung, in der der Schein wichtiger ist als das Glück der Familienmitglieder.


    Ella war mir durch ihr Verhalten Luke gegenüber nicht sympathisch. Sie will unbedingt mit der Vergangenheit abschließen und setzt sich dabei über den Wunsch eines sterbenden Mannes nach Privatsphäre hinweg. Auch wenn sich die beiden wieder annähern und auch wenn ich ihre Motive verstehen kann, finde ich ihr Verhalten fast übergriffig. Auch Luke macht es mir schwer, ihn zu mögen. Die Autorin stellt ihn da als das schwarze Schaf in einer Familie, in der die kleine Schwester bevorzugt wird und der von seinem Vater immer klein gehalten wird. Damit rechtfertigt sie sein Verhalten und das ist mit ein bisschen zu einfach. Auch die anderen Charaktere waren mir nicht wirklich sympathisch und wirkten in ihrem Verhalten stellenweise so, als ob sie einem Drehbuch folgen würden.


    Berührt hat mich, wie die Autorin Lukes letzte Tage und seinen Umgang mit dem kommenden Tod beschrieben hat. Das hat sie sehr warmherzig und authentisch gemacht. Für mich war es der beste Teil des Buchs, wenn auch der schwerste. Auch die Art, wie sie Ellas Angst vor praktisch allem beschrieben hat, fand ich sehr gut. Für Ella war die Angst ein zottiges Tier, das in der Ecke lauert und die Zähne fletscht. Diesen Vergleich fand ich sehr gut. Ich hätte mir gewünscht, dass auch die Charaktere so beschrieben worden wären.

    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße

    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.