Maggie O'Farrell - This Must Be the Place/Hier muss es sein

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    Früher war Claudette Wells eine weltbekannte, erfolgreiche Schauspielerin, mittlerweile ist sie komplett aus der Öffentlichkeit abgetaucht und weder Presse noch Fans sind sicher, ob sie überhaupt noch am Leben ist. Aber ja, sie ist quicklebendig, zurückgezogen von der Welt in einem abgelegenen alten Haus in Donegal, Irland, wo sie ihre Privatsphäre mit allen Mitteln verteidigt, notfalls auch mit einer Schrotflinte.


    Daniel, ihr Ehemann, ist einige Jahre älter als sie, gebürtiger US-Amerikaner, geschiedener Vater zweier Kinder und hat Claudette kennengelernt, als er auf Spurensuche nach den Wurzeln seiner Familie im allgemeinen und der Urne seines Großvaters im besonderen in Irland unterwegs war. Claudettes Eigenheiten weiß er zu nehmen und die beiden sind durchaus glücklich in ihrer Einöde. Doch als Daniel eines Tages im Radio den Namen Nicola Janks hört, gerät alles ins Wanken.


    Denn offenbar ist Nicola, der er in seinen wilden jungen Jahren eine Zeitlang sehr nahe stand, schon lange tot - und Daniel hat Grund zu der Annahme, dass er ihren Tod mitverschuldet haben könnte. Er muss unbedingt herausfinden, was damals wirklich geschehen ist. Deshalb sucht er Kontakt zu Menschen aus seiner Vergangenheit und rührt dabei an vieles, was er längst vergessen oder verarbeitet geglaubt hat, aber auch jüngere Traumata kommen wieder hoch und bald fühlt sich Daniels Leben wie eine Abwärtsspirale an.


    Das Besondere an diesem Buch ist neben Maggie O'Farrells glasklarer, mitreißender Sprache auch die im positiven Sinne chaotische Erzählweise, denn was Daniel und Claudette erleben, wird nicht chronologisch geschildert und auch nicht ausschließlich aus ihrer Perspektive. Die Kapitel springen in der Chronologie und zwischen diversen Orten hin und her, und es kommen zahlreiche Erzählstimmen zu Wort. Neben Daniel und Claudette selbst sind das ihre Kinder, Freunde von früher oder auch entfernte Bekannte. Daraus setzt sich wie ein Mosaik ein vielschichtiges Bild der beiden Hauptfiguren und ihres Umfelds und Lebensweges zusammen, immer mehr, was zuvor Rätsel aufgab oder nur angedeutet wurde, enthüllt sich nach und nach.


    Mich hat das Buch sehr zu fesseln vermocht, weil O'Farrell ungeschönt auch über Hässliches schreibt, über menschliches Versagen, fatale Fehleinschätzungen und die manchmal lebenslang widerhallenden Auswirkungen davon, die einen in den unerwartetsten Momenten einholen können.


    Mit Claudettes Ex, einem übergriffigen Filmregisseur, der in Claudette hauptsächlich ein Werkzeug zum Erfolg sieht, hat sie einen der abstoßendsten Charaktere geschaffen, die mir in letzter Zeit untergekommen sind, aber selbst der bleibt mehrdimensional und glaubwürdig und kein platter Bösewicht. Und Claudette, Daniel und die anderen Erzähler sind sicherlich nicht immer sympathisch oder handeln klug und richtig, aber sie bleiben stets menschlich und nahbar, auch wenn man sie manchmal ohrfeigen möchte.


    Im letzten Viertel hatte ich die Befürchtung, die Handlung könne in zu viel Drama abdriften, was sich aber nicht bewahrheitet hat. Der Schluss gefiel mir sehr gut, da hat die Autorin für meine Begriffe genau den richtigen Ton getroffen und den richtigen Schlusspunkt gesetzt.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen