G. K. Chesterton - The Napoleon of Notting Hill

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.924 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Liafu.

  • (Normalerweise hätte ich auf einen Thread zu diesem Buch verzichtet, weil ich das Gefühl habe, dass mir einfach nichts Brauchbares dazu einfällt, aber da es nun mal auf der SLW-Liste steht...)


    Am Anfang des Buches wird der Leser in die Welt und deren politische Situation eingeführt:


    Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat sich, allen Fortschrittsprognosen hundert Jahre zuvor zum Trotz, in gewisser Weise kaum etwas verändert, zumindest in technischer Hinsicht. Man bewegt sich noch immer mit Pferdekutschen fort, die Straßen werden noch immer mit Gaslampen beleuchtet.


    Die Menschen haben schon lange den Glauben an Revolutionen verloren und setzen stattdessen auf langsame, aber sicher Evolution, daher gibt es auch keine Armee mehr, sondern nur noch ein Minimum an Polizei und das eigentlich auch nur, weil niemand Lust hat sich ihrer zu entledigen. Es existieren auch praktisch keine unterschiedlichen Staaten mehr, sondern nur noch eine große Zivilisation. Die erbliche Monarchie wurde abgeschafft, aber eine Demokratie gibt es ebenfalls nicht, stattdessen werden nun ganz normale Männer nach dem Rotationsprinzip als König eingesetzt, aber eigentlich interessiert es auch keinen, was der König so tut.


    Die Atmosphäre ist trist, grau, „mechanisch“, wie es der Autor nennt. Da fällt es schon auf, wenn plötzlich ein Mann in grüner Uniform die Straße entlang kommt. (Und besonders, wenn dieser dann auch noch ein Stück von einem gelben Senf-Werbeplakat abschneidet und es sich an die Uniform steckt und sich zu guter Letzt, weil er nirgendwo etwas Rotes finden kann, in die Handfläche Sticht.)


    Außerdem macht der Leser Bekanntschaft mit Auberon Quin, einem ganz normalen Büroangestellten, mit einem ganz normalen gleichförmigen Leben, der jeden Morgen zusammen mit zwei Kollegen zur Arbeit geht. Bis zu dem Morgen, an dem er sich um ein paar Sekunden verspätet. Anstatt sich seinen Kollegen bemerkbar zu machen, geht er jedoch einfach hinter ihnen her – und plötzlich sehen die Hinterseiten ihrer Gehröcke für ihn aus wie rückwärts gehende Drachen. Von da an nimmt er nichts und niemanden mehr ernst.


    Und ausgerechnet dieser Auberon Quin wird nun zum nächsten König ernannt. (Seine erste Amtshandlung ist es, seinen Mantel verkehrt herum anzuziehen.)


    Als der neu ernannte König am Abend nach seiner Ernennung bei einem Spaziergang in Notting Hill auf einen Jungen mit Papierhut und Holzschwert trifft, hat er plötzlich eine Idee: Er will alte Traditionen wieder aufleben lassen, London in einzelne Bezirke, - Kensington, Chelsea, etc. – einteilen, sie mit Stadtmauern und, Flaggen, Wappen und bis an die Zähne bewaffneten Stadtwachen ausstatten, um einen gewissen „Lokalpatriotismus“ wiederherzustellen.


    Natürlich nimmt ihn niemand wirklich ernst – außer Adam Wayne, dem Jungen, dem der König seine Inspiration verdankt und der nun, 10 Jahre später, „High Provost“ (Vorsteher? Kanzler?) von Notting Hill ist. Und als es gilt, die Häuser in einer kleinen Straße im Notting Hill gegen den Abriss zu verteidigen, kommt es zum Krieg.


    Das Vorwort von Martin Gardner hatte mich wirklich neugierig auf das Buch gemacht und ich wollte es wirklich mögen – aber so ganz hat das leider nicht funktioniert. Die ersten vier Bücher (The Napoleon of Notting Hill ist in fünf Bücher unterteilt) haben bei mir einen Eindruck hinterlassen, der mich ein wenig an so manche Schullektüre erinnerte: Es ließ sich lesen, ich musste mich nicht zum weitermachen zwingen, es konnte mich aber auch nicht richtig fesseln – ich fand es weder besonders schlecht noch besonders gut aber eigentlich auch nicht mittelmäßig. (Hat das jetzt wer verstanden? Nein? Egal.) Erst das letzte Buch, das in gewisser Weise eine Umkehrung der vorherigen ist und besonders das letzte Kapitel, das mir sehr gut gefallen hat, konnten den Gesamteindruck dann doch noch ins Positive hinüberretten.


    Sprachlich fand ich das Buch recht ansprechend, auch ist es insgesamt durchaus humorvoll geschrieben, konnte mich jedoch nur gelegentlich zum Schmunzeln bringen – irgendwie war der Humor nicht immer so ganz meins.


    Die Hauptfiguren Adam Wayne und Auberon Quin sind beide „ein wenig“ verrückt und außerdem zwei Seiten einer Medaille – der eine, für den die ganze Welt ein einziger Witz ist und der andere der mangels Humor diesen Witz nicht sieht und alles für bahre Münze nimmt – ein Träumer und doch wieder nicht. Besonders berührt hat mich das Schicksal beider Figuren nicht - aber im Endeffekt stehen sie wohl auch eher für zwei verschieden Ideen, als für Charaktere, mit denen man mitfiebert.


    Das ganze lässt sich als netter, ja, was eigentlich – Phantastik-Roman? – lesen, aber es stecken sicherlich auch einige Gedanken zu Politik, Kolonisation, Krieg, Religion(?),... dahinter.




    P. S.: Falls sonst noch jemand das Buch gelesen haben sollte: Ich lese immer wieder, z. B. auch im Klappentext, dass das Buch im Jahr 1984 spielt. Aber wird das im Buch tatsächlich so genau angegeben? Habe ich das komplett überlesen?



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  • Danke für die Rezi!
    Auch wenn ich sagen muß, daß ich danach nicht so genau weiß, was ich von dem Buch eigentlich halten soll. :confused:
    Auf jeden Fall liegt es auf meinem SuB ziemlich weit oben und ich werde demnächst auch meine Meinung schreiben :smile:

    viele Grüße<br />Tirah

  • Auch wenn ich sagen muß, daß ich danach nicht so genau weiß, was ich von dem Buch eigentlich halten soll.

    Kein Wunder, ich weiß es ja selbst nicht so recht. a050.gif (Und hätte eben normalerweise auch auf eine Rezi verzichtet.)


    Jedenfalls bin ich schon gespannt auf deine Meinung. :winken: