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J.R.R. Tolkien - Natur und Wesen von Mittelerde
Bei "Natur und Wesen von Mittelerde" handelt es sich um eine Sammlung von zuvor unveröffentlichten Tolkien-Texten, die diverse Themen aus Mittelerde behandeln, wie zum Beispiel die Zeitrechnung und das Altern der Elben, das Leben in Numenor etc. Herausgegeber ist dieses Mal jedoch nicht Tolkiens inzwischen leider verstorbener Sohn Christopher, sondern der Tolkienexperte Carl F. Hostetter, der auch Vorsitzender der Elvish Linguistic Fellowship und Herausgeber des Magazins "Vinyar Tengwar" ist, das sich mit der Erforschung von Tolkiens linguistischem Erbe befasst.
Tolkien hatte einen recht eigensinnigen Schaffensprozess - oftmals hat er Geschichten mehrfach überarbeitet und ältere Geschichten häufig auch revidiert, wenn sich durch spätere Geschichten eine Änderung der Chronologie ergab.
Und er hat alles - wirklich ALLES - genutzt, um seine Geschichten niederzuschreiben - Rechnungen, Verlagsmitteilungen, Rückseiten von Kalendern. Einen Hinweis hierzu findet man üblicherweise zu Beginn jedes Texts (allgemein sind alle Texte reich mit Einleitungen, Erläuterungen und Anmerkungen gespickt).
Ich erwähne das deshalb, weil aus den Texten unglaublich deutlich hervortritt, wie viel Mühe und Energie Tolkien in seine Werke gesteckt hat und wie sehr er auf eine zusammenpassende Chronologie bedacht war - das geht soweit, dass er sich Gedanken darüber machte, wie der Alterungsprozess der Elben ablaufen sollte, damit gewisse Ereignisse in Mittelerde zeitlich noch zusammenpassen (es sollen ja z.B. in den seltenen Fällen von Mensch-Elb-Verbindungen keine allzu großen Altersunterschiede auftreten, auch will man keine Kinder in Schlachten schicken etc.).
Relativ zu Beginn der Elbengeschichte setzt eine Art Völkerwanderung ein - hier sind Tolkiens Berechnungen dargestellt, wie das Bevölkerungswachstum in etwa ablaufen muss, damit zwischen erstem Auftreten der Elben und dem Beginn der Wanderung ausreichend Elben vorhanden sind, um die während der Wanderung erfolgenden Aufspaltungen möglich zu machen und dennoch mit ausreichender Anzahl an Elben das Ziel der Wanderung zu erreichen.
Das Extrembeispiel zu dieser Sorgfalt möchte ich einmal aus dem Text zitieren, in dem sich Tolkien mit der valinorischen Zeiteinteilung befasst (Anmerkung: Minime ist ein gewisser Bruchteil eines valischen Tages):
"Tolkien schrieb dann "tatsächlicher Wert" und berechnete den Bruchteil des Verhältnisses einer Minime zu Sonnensekunden auf etwa 360 Dezimalstellen, wobei er notierte, wo sich die Werte zu wiederholen begannen"
Das war der Moment, in dem ich einmal kurz innehalten und den Abschnitt nochmal lesen musste, weil ich es nicht fassen konnte.
Zusammengefasst ist Natur und Wesen von Mittelerde eine Textsammlung für die, die immer noch nicht genug von Tolkien haben. Die seine Grundüberlegungen zum Wesen von Mittelerde erfahren wollen.
Es ist stellenweise recht anstrengend, aber man lernt so viel über Tolkiens Welt. Und ich habe noch mehr Wertschätzung für Tolkien gewonnen, als ich vorher eh schon hatte.
Wenn ihr nach dem Silmarillion, dem Buch der verschollenen Geschichten und Nachrichten aus Mittelerde immer noch nicht genug von Tolkien habt, kann ich euch dieses Buch ans Herz legen. Für euch gilt meine Bewertung von 5/5 Ratten.
Sollte euch jedoch schon Der Herr der Ringe zu langatmig gewesen sein, kann ich euch nur eins raten:
"Flieht, ihr Narren!"
*SCNR*