Momentan vermute ich, dass mir der zweite Teil des Buches am besten gefallen wird. Ich bin schon gespannt, was Precht zu Ethik und Moral zu sagen hat!
Der zweite Teil des Buches, „Was soll ich tun?“ gefällt mir tatsächlich besser als der erste.
Rousseaus Irrtum – Brauchen wir andere Menschen?
Rousseau lastete der Zivilisation an, die wahre Natur des Menschen zu verderben und für unmoralische Handlungen verantwortlich zu sein. In der Einsamkeit sei der Mensch von Natur aus gut. Seine Theorie wurde später durch die Psychologie widerlegt, die herausfand, dass die Fähigkeit, Liebe und Mitgefühl zu schenken, ein wichtiger Baustein für Lebensglück ist.
Soweit, so einleuchtend. Das Kapitel dient wohl als Einleitung in diesen zweiten Teil des Buches, da es mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet. Was heißt überhaupt „gut“ sein? In den Kapiteln, die ich bisher gelesen habe, geht es um die Frage, was den Menschen dazu bringt, moralisch zu handeln. Aber wer bestimmt, was gut und böse ist? Das sind doch Wertungen. Eine Auseinandersetzung mit solchen Begriffen hätte für mich in die Einleitung gehört.
Das Schwert des Drachentöters – Warum sollen wir anderen helfen?
Die Primatenforschung belegt, dass selbst Affen altruistische Verhaltensweisen praktizieren. Der Mensch gilt als grundsätzlich moralfähig.
Andere Erkenntnisse liefert mir das Kapitel nicht, aber diese Einsicht finde ich schon mal ganz interessant.
Das Gesetz in mir – Warum soll ich gut sein?
Immanuel Kant entdeckt den kategorischen Imperativ. Damit verlässt er die Diskussion, ob der Mensch von Natur aus gut sei und beschäftigt sich mit der Theorie, warum der Mensch sich für „gutes“ Handeln entscheidet. Kant geht vom Gut-sein-wollen des Menschen aus, das dessen Handlungen leitet. Voraussetzung für sein Gedanken-Konstrukt ist der freie Wille.
Ich finde es faszinierend, wie im 18. Jahrhundert, ohne die heutigen Methoden der Hirnforschung, Gedankenkonstrukte aufgebaut werden, deren Fragestellungen auch heute noch handlungsleitend sein können. Die Hirnforschung hat, wie Precht im nächsten Kapitel zeigt, berechtigte Zweifel an der Willensfreiheit des Menschen angemeldet. Aber die Gedankenwelt, die solche Forschungen inspiriert, geht auf Kant zurück.
Das Libet-Experiment – Kann ich wollen, was ich will?
Zwischen der Entscheidung, eine Handlung auszuführen, und ihrer tatsächlichen Durchführung, liegt eine halbe Sekunde. Man entscheidend sich also für eine Handlung, bevor diese einem bewusst ist.
Damit wird die Vernunft, die jahrtausendelang in der Philosophie der Maßstab war, zur Spitze eines Eisbergs reduziert; eines Eisbergs, dessen riesiger, nicht-sichtbarer Bereich Vorbewusstsein, Unterbewusstsein oder das Unbewusste genannt wird. Gibt es Instinkte, die den Menschen zu „gutem“ Handeln antreiben?