Beiträge von hilde

    Und obwohl Hornby ein sehr jugendlicher Autor ist,


    Nick Hornby ist laut Wikipedia 1957 geboren.



    ist "Juliet, naked" bestimmt auch eine Augen öffnende Lektüre für ältere Leser. Da Hornby sich hier an Themen gewagt hat, die einen vor allem später heimsuchen wird.


    Hüstel. Was sind für dich ältere Leser? Die Protagonistin Annie ist Ende dreißig. :winken:

    Ingrid Nolls Heldin Anja ist eine wie du und ich: Weder Staranwältin noch Hausmuttchen, sondern Lehrerin an einem Kleinstadtgymnasium. Auch ihre Träume vom Familienidyll mit Haus und Garten sind unprätentiös. Doch unter der Oberfläche brodelt es: Anja verlässt ihren Mann nach seinem Seitensprung. Als ihre Kollegin Birgit schwanger wird, kochen Anjas Frustrationen hoch und sie löst, ohne die Folgen absehen zu können, eine Welle von Ereignissen mit tragischem Ausgang aus.
    Anjas Widersprüche und Zweifel, ihre Schuldgefühle und Ängste schildert Ingrid Noll mit leiser Ironie und subtilem Witz. Inhaltlich fehlt mir ein wenig die Fantasie, immer wieder dreht sich alles um die Frage: Wer ist der Vater von Birgits Kind? Das ist doch recht eintönig, mich hätten auch weitere Facetten von Anjas Persönlichkeit interessiert.
    Die Figuren der Handlung wirken allerdings wie aus dem Leben gegriffen und sehr sympathisch, dazu tragen auch ganz „normale“ Alltagsbeschreibungen bei: Da werden auf dem Marktplatz Eisbecher geschlemmt, im heimischen Garten Sauerkirschen geerntet und auf dem Balkon wird im Bademantel Kaffee getrunken. Für mich ein dicker Pluspunkt in diesem Buch.
    4ratten

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    Klappentext:
    Irgendwann im 21.Jahrhundert: Der Staat will nur unser Bestes und hat Gesundheit zur höchsten Bürgerpflicht erhoben. Ein junger Mann bringt sich um, weil ihn das System eines Verbrechens beschuldigt. Seine Schwester will beweisen, dass er unschuldig ist. Und wird zur Gefahr.


    Meine Meinung:


    Gesundheit wird zur Religion erhoben, es regiert der „Gesunde Menschenverstand“: Diese Gesellschaftskritik regt in einer Welt, die das Nichtrauchen zum Dogma und Fitness zum Garant ewiger Jugend stilisiert, durchaus zum Nachdenken an. Wo beginnt die Selbstbestimmung, wenn nicht bei der Bestimmung über den eigenen Körper? Das Aufwerfen solcher Gedanken, die einen langen Nachklang haben, zeichnet diesen Roman aus.
    Sprachlich ist Juli Zeh für mich ein echter Genuss, hier zwei Bespiele:
    „Um frei zu sein, darf man den Tod nicht als Gegenteil des Lebens begreifen. Oder ist das Ende einer Angelschnur das Gegenteil der Angelschnur?“ (S. 94)
    „Ich entziehe jenem Idioten das Vertrauen, der das Schild am Eingang unserer Welt abmontiert hat, auf dem stand: Vorsicht! Leben kann zum Tod führen.“ (S. 187)


    Schade finde ich, dass der Aufbau des Romans der philosophischen Tiefe nicht standhält. Allzu platt werden hier die Gegensätze unangepasster Träumer (Moritz) und rationale Realistin (Mia) vorgeführt. Verstand und Gefühl scheinen Gegner zu sein – sorry, diese Denke sollte seit der Sturm und Drang – Epoche überwunden sein. Da hätte ich mir von Juli Zeh mehr erwartet und schwanke daher zwischen
    3ratten oder 4ratten

    Ihr habt schon recht mit Eurer Kritik. Aber: Meiner Meinung nach dennoch ein angenehmes Buch für einen trägen Sommernachmittag. Wie einfach könnte die Welt sein, wenn Sie nur aus Evas, Estelles, Judiths, Carolins und Kikis bestehen würde. Und wenn eine einzige Reise (Pilgern oder nicht, das lassen wir mal dahingestellt) zur alles entscheidenden Veränderung führen würde. Ach ja...
    Ab und zu brauch` ich sowas.



    LG
    hilde

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    Klappentext:
    Mutter verschwindet, Vater schlägt imposante Räder und verduftet, die kluge, auf einmal gar nicht mehr so kleine Charlotte bockt, grübelt, hält nach Verbündeten Ausschau und erkennt: Wie es einmal war, wird es nie wieder werden – schon weil es in Wirklichkeit noch nie so war.
    Eine fürchterliche, drum gern verdrängte Wahrheit, auf die Milena Mosers kunterbunte Romanfiguren wieder Willen stoßen, in den diversen Schulen des Lebens, in Grandhotels, Künstlerkolonien und Bürgerkreisen, am Computer, in aufrechten jungen wie in schrägen, hartgesottenen Seelen. Sollte die Wahrheitssuche etwa ein Fest sein, das Erwachsene nicht mehr feiern können?


    Meine Meinung:
    Die Verlogenheit, die hinter den bürgerlichen Fassaden steckt – Milena Moser enttarnt sie gekonnt, in diesem Roman ebenso wie in „Artischockenherz“ oder, abgeschwächt, in „Stutenbiss“. Nichts ist, wie es scheint, und die Erwachsenen glauben das, was sie glauben wollen; sie halten sich an Erklärungsmodelle, die es ihnen erlauben, die unbequeme Wahrheit auszublenden.
    Insofern ist es nur folgerichtig, dass die 14jährige Charlotte die Initiative ergreift, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Sie scheut sich nicht vor dem Schmerz, der damit einhergeht, aber sie erlebt auch das Glück echter Freundschaft und Zuneigung. Das Kunststück, aus der Sicht einer Jugendlichen zu schreiben, ohne anbiedernd zu klingen, ist Milena Moser gelungen. Ihre lakonische Erzählweise trifft meinen Geschmack.
    4ratten


    [size=6pt]EDIT: Amazonlink eingefügt. LG, Saltanah[/size]


    Es handelt von verlorener Zeit und Zeit, die einem noch bleibt. Es handelt von fanatischer Abhängigkeit und wie so vieles auch von der Suche nach dem Sinn im Leben.


    Dem kann ich mich nur anschließen!


    Annie ist seit 15 Jahren mit Duncan zusammen – und „die ungeheure Menge an Zeit, die sie für sich hatten, fühlte sich langsam dekadent an“ (S. 17, Ausgabe: KiWi Paperback, 2010). Ihr gemeinsames Leben verläuft leidenschaftslos, so richtig verliebt waren sie, Kinder haben sie keine, das Berufleben plätschert so vor sich, und im Privaten sind Annie und Duncan hauptsächlich damit beschäftigt, sich von den anderen Bewohnern ihrer Kleinstadt abzugrenzen.


    Tucker Crowe dagegen ist ein alternder Rockstar mit fünf Kindern aus vier Beziehungen, der nichts auf die Reihe bekommt. Seine aktuelle Beziehung ist gerade am Bröckeln, Musik macht er keine mehr, seine Kinder sind ihm entfremdet.

    Per Zufall lernen Annie und Tucker sich kennen, und die Begegnung bringt beider Leben ins Ungleichgewicht.
    Nick Hornby vermeidet Schwarz-Weiß-Malerei und schafft es, dass seine Figuren bei allen Macken und Widersprüchen, die das Leben eben mit sich bringt, dem Leser ans Herz wachsen. Man meint sie zu kennen: Sei es, dass beide sich fragen, wo denn die letzten 15 Jahre geblieben sind, sei es, dass Tuckers Lebensphilosophie (nachdem er aufgehört hat zu saufen), darin besteht, möglichst nicht nachzudenken, sei es, dass Annie, „weil sie geglaubt hatte, es müsse doch irgendwo eine Gegenwart geben“, sich ins Nachtleben stürzt und feststellt, dass alle „ständig in der Vergangenheit herumpaddeln“ (S. 200)


    Bei aller Melancholie vermittelt der Roman doch eine optimistische Grundhaltung. Tucker, der sein viermaliges Versagen als Vater eingesehen hat, baut eine tragfähige Beziehung zu seinem fünften Kind, Jackson, auf. Annie löst sich aus ihrer eingeengten Welt und traut sich selbst einen Neuanfang zu.
    5ratten


    LG
    hilde


    liest: Neue Vahr Süd von Sven Regener


    Frank ist immer noch beim Bund. Er hat dort schon Anschluss bei seinen Stubengenossen gefunden, jedoch wird immer wieder deutlisch, dass er nicht wirklich zum Bund passt. Auch nicht zu seinen Stubengenossen. Die Szene in der er in einer Kneiße seine Tageszahlt errechnet und sich gar nicht aus dem Konzept bringen lässt, war einfach zu köstlich.
    Nachdem ich in der letzten Woche nicht wirklich zum Lesen kam, hoffe ich diese Woche besser voran zu kommen.


    Kennst du auch den Vorgänger "Herr Lehmann"? Noch besser, wie ich finde!


    LG
    hilde

    Katharina Hagena - Der Geschmack von Apfelkernen


    Über dieses Buch gibt es hier ja schon einen Thread mit vorwiegend positiven Eindrücken. Denen kann ich mich leider nicht ganz anschließen. Gut gefallen hat mir der Schreibstil. Hagena gelingt es, eine träumerisch-melancholische Atmosphäre herzustellen, die dem Plot angemessen ist. Das ist gut gemacht, allerdings kommt es für mich etwas zu "gemacht" daher. Das Buch hat etwas Bemühtes, Gewollt-Künstlerisches, was ja in der deutschen Gegenwartsliteratur nichts Ungewöhnliches ist (siehe Katherina Hacker und leider auch, stellenweise, meine Lieblingsautoren Juli Zeh und John von Düffel).
    Gestört hat mich vor allem, dass ich den Inhalt banal fand. Kindheitserinnerungen und eine Liebesgeschichte, naja. Ich warte immer noch darauf, dass sich viel mehr deutsche Autoren der neueren deutschen Geschichte annehmen (siehe Tellkamp), das gäbe doch Stoff für Romane in Hülle und Fülle!


    LG
    hilde


    Einfach anmelden :zwinker: Finde es nicht schlimm, wenn man sich im nachhinein wieder abmeldet. Kann ja immer was dazwischen kommen, es soll hier alles ganz ohne Zwang sein.


    Wenn das so ist, melde ich mich auch mal an, und zwar mit:

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    Das möchte ich im Urlaub lesen, und ich hoffe sehr, dass ich es schaffe, etwas dazu zu schreiben, sobald wir zurückkommen (8.3.)


    LG
    hilde


    amazon-Link korrigiert. LG Aldawen

    Danke für die interessanten Rezis! Nachdem mir "Die Putzfraueninsel" und "Mein Vater und andere Betrüger" sehr gut, "Artischockenherz" ganz gut und "Stutenbiss" weniger gut gefallen haben, freue ich mich auf ein neues Werk von Milena Moser.


    LG
    hilde

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    Klappentext:
    Ein Schauspieler, Anfang 40, stellt fest, dass das Dramatische aus seinem Leben verschwunden ist. Zusammen mit seiner Frau Lisa genießt er die ruhiger gewordene Zeit. Aber beide müssen sich eingestehen, dass sie mit einem Kind noch glücklicher wären. Doch auf Kommando ist da nichts zu machen. Also lassen sie sich helfen - und das Dramatische kehrt in ihr Leben zurück.


    Meine Meinung:
    Der namenlose Ich-Erzähler, Schauspieler, erwartet mit seiner Frau zusammen ein Kind. Beide sind über 40, die Schwangerschaft haben sie der Fertilisationsmedizin zu verdanken. Eigentlich verläuft ihr Leben in ruhigen, überschaubaren Bahnen, aber jetzt erleben sie mit einem Mal wieder Spannung und Dramatik.
    In dieser Zeit trifft er einen Jugendfreund wieder, Hans-Christian. Die beiden leben ihre Leben in einer Art unausgesprochener Konkurrenz. Nun aber begegnet man sich ausgerechnet im Wartezimmer eines Urologen. Für den Protagonisten ist klar: Hans-Christian hat dasselbe Problem wie er, und nun befindet er sich selbst in einem Vorsprung: Erlebt er doch das, was sein alter Freund sich anscheinend sehnlichst wünscht.
    Er taucht tief ab in seine Vergangenheit, seine Geschichte wird wieder lebendig. Für ihn ging es lange Zeit darum, sich nicht festzulegen, in seinem Leben Möglichkeiten zu finden, aber keine Realitäten. Daher auch die Berufswahl, der Schauspieler lebt und spielt fiktive Rollen. Hans-Christian, der Staatsanwalt, hat sich dagegen für eine Laufbahn mit sehr reellen Problemen entschieden.
    In der Begegnung geht es dem Protagonisten darum, Hans-Christian zu beweisen, dass er nicht mehr der Spieler von einst ist. Auch vor sich selbst wird er nicht müde zu betonen, wie reif und erwachsen er geworden ist. Das alles erzählt John von Düffel mit einer ironischen Distanz, die den Leser nie zu nahe an die Hauptfigur heranführt, sondern einen Blick wie aus der Vogelperspektive erlaubt. Nicht umsonst ist von der „Truman-Show“ des Alltags die Rede. Immer wieder fragt man sich als Leser: Wem wird hier eigentlich gerade etwas vorgespielt? Am Schluss wird mit einem Paukenschlag gezeigt: Nichts ist wie es scheint, aber es bleibt nichts anderes übrig, als die Rolle weiterzuspielen.
    5ratten

    Meine Meinung:


    Charles Balanda ist 47, erfolgreicher Architekt, kreuzunglücklich, und merkt es nicht. Was er merkt, ist eine tiefe Müdigkeit, die ihn nicht schlafen lässt. Eine Gereiztheit, die ihn ungenießbar werden lässt. Von seiner Frau hat er sich entfremdet. Seine 14jährige Stieftochter Mathilde interessiert sich zunächst hauptsächlich für seine Brieftasche.


    Als Charles einen Brief erhält mit den Worten „Anouk ist tot“ wird eine Lawine in ihm ausgelöst. Zusammen mit dem Leser reist er in seine Vergangenheit. Bilder seiner Jugend werden wieder lebendig. Anouk, die Mutter seines Freundes Alexis, lebte ein für Charles faszinierendes Leben. Sie war unangepasst, unkonventionell und gefühlvoll. „Für Anouk bestand unser einziges Verdienst darin, weder tot noch krank zu sein, der Rest spielte nicht die geringste Rolle“ (S. 184).


    Charles verliebte sich in Anouk, aber mit seinem Studium und dem Aufbau seiner Karriere beschäftigt, verlor er den Kontakt zu ihr und schleichend auch zu sich selbst. Als ihm sein Unglück bewusst wird, kann er seine Ehe nicht mehr retten. Sich selbst aber schon.
    Charles beginnt, sich wieder zu spüren: Etwa in Gesprächen mit seiner – ebenfalls ernüchterten, aber glücklicherweise nicht desillusionierten – Schwester Claire, oder im Zusammensein mit seiner Stieftochter Mathilde, die es nicht schafft, ihre Verletzlichkeit dauerhaft hinter ihrer Coolness zu verstecken. Dann sind da Momente großer Vertrautheit und Nähe.


    Als Charles Kate kennenlernt, verliebt er sich nicht nur in sie, sondern auch in das Leben, das ihm hier in allen Facetten begegnet: Kate lebt mit vielen Kindern und Tieren zusammen auf einem halb verfallenen Bauernhof, und sie hat eine sehr bewegte Vergangenheit.


    Charles Geschichte ist wunderbar erzählt, in einer Sprache, die mich zum ganz langsamen Lesen gebracht hat, um ja nichts zu verpassen. Die Protagonisten sind gebrochene Menschen, die sich nur ganz allmählich aus ihrer Haut lösen und sich verändern können.
    Wie auch schon bei „Zusammen ist man weniger allein“ hat mich lediglich der Schluss etwas gestört, der mir doch zu märchenhaft daherkommt. Aber insgesamt ein Buch, das mich sicher noch länger beschäftigen wird.
    :tipp:
    @ Emily
    Dass Francks Restaurant hier wieder auftaucht, hat mich besonders gefreut!

    Vielen Dank für die Liste, Annabas.


    Vor einigen Jahren habe ich "Klausen" von Andreas Maier gelesen. Das Thema fand ich gut, es geht um die Beschränktheiten eines Kleinstädtchens, aber den Stil fand ich schwer zugänglich.


    Ich muss es einfach loswerden: 20 Autoren, und davon nur fünf Frauen...


    LG
    hilde

    Zitat

    Inseln der Seeligkeit - Was ist ein glückliches Leben?
    Von dieser Studie, wo man am glücklichsten lebt, habe ich auch schon mal gehört und auch wenn sie wohl nicht so recht wissenschaftlich begleitet wurde, finde ich das Ergebnis recht interessant. Glück kann man nun mal nicht kaufen!!!


    Ja, da würde ich Dir und Precht zustimmen, aber trotzdem finde ich das Kapitel eher nichtssagend (mal wieder). Geld macht nicht glücklich, wahres Glück finden wir in sozialen Beziehungen. Das vermittelt uns derzeit jeder zweite Hollywood-Film.
    Was mich darüber hinaus interessieren würde: Warum leben wir in westlichen Industriegesellschaften nicht nach dieser Devise? Precht spricht diesen Widerspruch an, aber die Auseinandersetzung damit bleibt er schuldig.


    Die Matrix-Maschine - Hat das Leben einen Sinn?
    Gähn. Die von Precht aufgeführten Antworten sind mir zu simpel. Aus der Sicht des Universums ist es bedeutungslos, ob es eine Erde gibt oder nicht. Man könnte sich also zunächst fragen: Hat eine solche Frage einen Sinn?


    So, jetzt habe ich mal wieder ganz schön herumgemäkelt. Sorry, aber ich bin von dem Buch enttäuscht. Die Postkartenweisheiten a la "Leben ist das, was den meisten Menschen passiert, während sie eifrig dabei sind, andere Pläne zu machen (S. 364) haben mir den Rest gegeben. Eure abschließende Meinung, foenig und Cyberangel, würde mich natürlich auch interessieren!


    LG
    hilde

    Do be do be do
    Was ist Freiheit?


    Ein Kapitel, das mich mal wieder genervt hat. Der Existenzialist als schwarzgekleideter Melancholiker, stets hin und her pendelnd, zwischen Cafes, Uni und Kino... Das ist doch ein Klischee!
    Für mich ist an Sartres Lebensführung vor allem interessant, dass er eben nicht nur ein Stubenhocker und Bücherwurm war, sondern sich unter dem Eindruck des 2. WK bewusst für ein politisch tätiges Leben entschieden hat. Übrigens zusammen mit Simone de Beauvoir, die nicht seine zeitweilige Geliebte, wie Precht schreibt, sondern quasi seine Frau war.
    Der Begriff der Freiheit führt also bei Sartre zu bewussten, verantwortungsvollen Entscheidungen und daraus resultierenden Handlungen. In diesem Sinne ist er frei für ein selbstbestimmtes Leben. Precht reduziert hier meiner Ansicht nach unzulässig, indem er Sartres Freiheitsbegriff nicht als ein Frei-Sein _für_, sondern als ein Frei-Sein _von_ etwas, nämlich von inneren und äußeren Zwängen, beschreibt.

    Die größte aller Vorstellungen - Gibt es Gott?
    Ehrlich gesagt konnte ich mit diesem Kapitel gar nichts anfangen. Den ontologischen Gottesbeweis konnte ich nicht nachvollziehen, aber dafür konnte ich die Kritik daran umso besser verstehen.
    Der neurotheologische Gottesbeweis konnte mich auch nicht überzeugen, aber ich fand es überraschend zu erfahren, dass man überhaupt auf diese Weise Gott beweisen möchte.
    Da empfinde ich den Theologen Bultmann schon wesentlich einleuchtender, wenn er sagt, dass es in der Natur der Sache liegt, dass Gott nicht erkannt werden kann! Der Glaube an Gott ist ein Geschenk, dass man erhält oder nicht. Also, entweder glaubt man an ihn oder nicht. Aber ich kann mir absolut keinen Weg vorstellen, wie man seine Existenz beweisen möchte...


    Dieses Kapitel fand ich wiederum viel interessanter als die vorhergehenden, von denen ich einige ehrlich gesagt übersprungen habe. Wenn es diese Leserunde nicht gäbe, hätte ich das Buch abgebrochen...
    Die These von Th. von Aquin, dass der ontologische Gottesbeweis lediglich beweist, dass unsere Vorstellung von Gott existiert, fand ich einleuchtend. Seine eigene "Beweis"-Führung, die die Existenz Gottes darin begründet sieht, dass das Universum irgendwann einen Anfang haben muss, kenne ich noch, natürlich laienhafter formuliert, aus dem Religionsunterricht meiner Kindheit. Hier sieht man, wie selbst dor grpößten Denker in ihrer Zeit gefangen sind: Heute haben wir dieses chronologisch-lineare Denken überwunden.

    Die Uhr des Erzdiakons - Hat die Natur einen Sinn?
    Ich habe mich eher gefragt, welchen Sinn dieses Kapitel hat. Scheinbar können wir Menschen (noch) keinen Sinn in der Natur erkennen oder wir sind uns nicht einig darüber. Jedenfalls mag ich solche schwammigen Aussagen nicht, wo man am Ende nicht schlauer ist als vorher. Das Kapitel hat mir leider nicht gefallen.


    Für mich liegt der Sinn dieses Kapitels darin, indirekte Gottesbeweise ad absurdum zu führen. Erdgeschichtliche Katastrophen haben mehrmals zu einem Massensterben von Lebewesen geführt. Wer wollte so zynisch sein und hier einen Schöpfer, Zerstörer und Wieder-Sdhöpfer annehmen?
    Precht bestärkt mich in meiner Haltung, dass die Vorstellung von Gott ein Konstrukt für den Menschen ist, der aufgrund seines begrenzten Verstands nicht in der Lage ist, sich die Zusammenhänge der Welt zu erklären. Ich als Atheist bin bescheidener: Ich erkenne meine Unwissenheit an.



    LG
    hilde


    Die Brücke ins Geisterreich - Was darf die Hirnforschung?
    Hier bin ich erstmal fasziniert, was wohl alles demnächst möglich sein kann. Für den Kampf gegen Krankheiten sehe ich viel positives Potenzial in der Hirnforschung. Interessant wird wohl der Umgang mit dem sogenannten "Hirndoping" sein. Für mich ist das ganze zum Glück noch sehr abstrakt, aber ich befürchte, dass es bald Realität ist. Aber ich mache mir auch Sorgen wie das menschliche Gehirn mit diesem Doping umgeht.


    Dieses Kapitel hat mich leider so gar nicht angesprochen. Ich fand, es wird mal wieder so vieles angerissen, dass ich mich am Ende gefragt habe: Was habe ich jetzt eigentlich gelesen?
    Interessant fand ich den Ansatz von Thomas Metzinger, der von Aufmerksamkeitsraub, z.b. durch Computerspiele, spricht und für Kinder eine Gegen-Initiative, etwa in Form von Meditationskursen, fordert. Über dieses Thema hätte ich gerne mehr gelesen, man könnte z. b über ein generelles Verbot von bestimmten Spielen für Kinder nachdenken, denn, wie die Hirnforschung zeigt: Sie manipulieren das Gehirn - also, was unterscheidet sie von bewusstseinveränderten Drogen?

    Hallo!


    Gerade habe ich „Literatur im Foyer“ auf 3Sat gesehen, diese Sendung kann ich nur empfehlen. Thea Dorn im Gespräch mit den Wirtschaftsexperten Roger de Weck (Schweiz) und Meinhard Miegel (Deutschland), die sich beide in ihren neuen Büchern kritisch mit unserem Wirtschaftssystem auseinandersetzen. Dabei geht es ihnen nicht nur um eine Kapitalismuskritik, sondern um die fundamentale Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Gesellschaft zukünftig funktionieren könnte.


    Roger de Weck bringt den Gedanken ein, dass wir momentan in einer historischen Umbruchsituation leben, ähnlich dem Ende feudalistischer Gesellschaftssysteme. 1000 Jahre lang gab es den Feudalismus, und 850 Jahre davon konnte sich niemand eine andere Gesellschaftsordnung vorstellen. Erst allmählich entstanden neue Ideen in den Köpfen, die schließlich zu tiefgreifenden Umwälzungen führten.


    Roger de Weck kommt so etwas optimistischer rüber als Meinhard Miegel, der sagt, wenn wir 150 Jahre Zeit hätten, wäre er gelassener, aber seiner Meinung nach müsste der Umschwung innerhalb der nächsten 20,30 Jahre stattfinden. Wir brauchen sehr schnell Ideen, wie wir mit endlichen Ressourcen, endlichen Flächen landwirtschaftlich nutzbaren Landes und dabei einer immer schneller wachsenden Erdbevölkerung umgehen. Bis etwa in die 1970er Jahre hatte die westliche Welt, sagt Miegel, quasi ein Monopol auf die Ausbeutung von Ressourcen und auf wirtschaftliches Wachstum. Jetzt aber drängen 1 Milliarde Chinesen auf einen Markt, der den Ansprüchen aller nicht mehr gewachsen ist.


    De Weck kritisiert auch die Erwartungshaltung an die Wirtschaft: 1,5% Wachstum bewerten wir als gering, aber es führt zu einer Vervierfachung des Wohlstands einer Gesellschaft innerhalb eines Jahrhunderts.


    Miegel möchte niemanden umerziehen oder an die Bescheidenheit aller appellieren. Sein Buch ist eine Warnung an alle, sich auf Situationen wie derzeit in Griechenland einzustellen und darauf vorbereitet zu sein, dass wir unseren gewohnten materiellen Wohlstand nicht aufrecht erhalten können.


    De Weck sieht den Ausweg aus der gegenwärtigen Misere in zunehmender Kooperation. Er traut den Bürgern vernünftiges, altruistisches Verhalten zu, jenseits der Theorien eines Adam Smith, der auf den Eigennutz eines jeden einzelnen setzte, der schließlich zum Gemeinwohl führen sollte.
    Beide Experten sind sich also darin einig, dass der Kapitalismus ausgedient habe. Ich finde es sehr interessant, unsere Zeit historisch zu betrachten und den Kapitalismus als Epoche zu sehen, die unter bestimmten Bedingungen (nur ein Teil der Welt lebt kapitalistisch und beutet andere Staaten aus) funktionierte, die aber weiterzuentwickeln ist. Vielleicht gingen Denker wie Adam Smith ganz selbstverständlich davon aus, dass ein großer Teil der Welt nicht am Wohlstand teilhaben würde und konnten so auf ihr System vertrauen. Jetzt aber sehen wir: Der Kapitalismus reguliert sich nicht von alleine, ohne Ethik funktioniert er als System nicht. Vielleicht liegt unsere Zukunft in einer sozialistisch-kapitalistischen Mischform. De Weck sieht bereits jetzt Beispiele für solche Mixturen: Die Banken brauchen staatliche Regulierungen, der Gesundheitsmarkt ist auf staatliche Gelder angewiesen.


    Mein persönliches Fazit: Wir brauchen wirklich neue Ideen, neue Visionen, die uns heute noch abstrus erscheinen mögen. Und diese werden wir nur bekommen, wenn wir in Bildung investieren, die Freiräume ermöglicht und die Phantasie und das Vorstellungsvermögen fördert.


    LG
    hilde


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