Beiträge von Doris

    Joseph Sheridan Le Fanu

    Onkel Silas oder Das verhängnisvolle Erbe

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    Auf den Iren Joseph Sheridan Le Fanu (1814 – 1873) wurde ich nach der Lektüre von Dracula aufmerksam, da Le Fanus Roman Carmilla als Inspiration für Dracula gilt. Carmilla war erwartungsgemäß eine unheimliche Geschichte, während Onkel Silas nach meinem Empfinden nur marginal Berührungspunkte mit einem Schauerroman hat.

    In dem 1864 veröffentlichten Buch spielt neben Onkel Silas dessen junge Nichte Maud die Hauptrolle. Sie wird nach dem Tod ihres Vaters zur reichen Erbin und zum Mündel des zwielichtigen Onkels. Er wird mit einem vor vielen Jahren begangenen Mord in Verbindung gebracht und hat sich mit Spielschulden an den Rand des Ruins gebracht. Maud wäre mit ihrem großen Erbe die perfekte Frau für Silas‘ Sohn und könnte deren Familienbesitz retten. Die junge Frau ist noch nicht volljährig und muss sich den Entscheidungen des Onkels fügen, auch wenn er in einigen Belangen nur psychischen Druck ausüben kann. Im Umfeld der Familie bewegen sich mehrere seltsame Gestalten, die mehr oder weniger Einfluss haben, und deren Verstrickung in die familiären Entwicklungen lange nebulös bleibt. Für die unerfahrene Maud ist nicht immer erkennbar, wer ihr wohlgesinnt ist und wer nicht.

    Der ungeklärte Mordfall und die gangsterhafte Erscheinung einiger Protagonisten verleihen der Handlung eher den Anstrich eines Krimis als eines Schauerromans. Richtig unheimlich ist eigentlich nur Mauds Gouvernante, die offensichtlich sehr egoistische Ziele verfolgt und ihrem Schützling nur Angst einflößt. Während bei ihr sofort klar ist, dass sie unlautere Absichten verfolgt, bleiben die Motive manch anderer Beteiligter lange Zeit im Dunkeln und sorgen für Spannung.

    Sprachlich war das Buch anfangs eine Herausforderung, weil es mitunter zu aufgebläht formuliert ist. Gerade das wird aber nach der Gewöhnungsphase zum Vorteil, weil Landschaft und Charaktere sehr atmosphärisch und plastisch geschildert werden und mit der Zeit eine ganz eigene Stimmung entwickeln.

    4ratten

    Ich habe mir schon überlegt, was dein SUB alles hergibt

    Bist ein Schatz :)

    Ich bin leider nicht so gut im Um-die-Ecke-Denken, deshalb habe ich bei den letzten zwei oder drei Monatsrunden nicht mitgemacht. Wenn mir etwas nicht direkt ins Auge springt, habe ich derzeit nicht den Nerv, eine plausible Erklärung herzuleiten.

    Mein Buch ist auf Englisch, wird also etwas Zeit in Anspruch nehmen, aber es ist trotzdem gut möglich, dass ich später noch eines anmelde.

    Kirsten, da hast du ein Thema nach meinem Geschmack ausgewählt :banane:

    Lange Suche war nicht erforderlich, und es passt sogar ein SLW-Buch:

    "Last Man Off" von Matt Lewis. Untertitel: "A True Story of Desaster and Survival on the Antarctic Seas."


    Wie man auf dem Cover erkennt, gibt es da buchstäblich High Water und damit sicher auch Hell.


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    Eines vorweg: Den Inhalt werde ich jetzt nicht nochmal wiedergeben, da er im ersten Beitrag oben schon ausführlich geschildert wird.


    Für mich war es das zweite Mal, dass ich das Buch las. Damit nicht alles gleich erscheint, habe ich mich an die Originalfassung gewagt, um die Geschichte noch ein bisschen authentischer zu erleben. Die Steigerung von Celies Ausdrucksweise, die mir beim ersten Lesen schon gefiel, ist hier gut nachvollziehbar. Es zeigt sehr gut, welche intellekte Entwicklung sie erlebt hat. Aus einer Frau, die von Kindheit an nur unterdrückt und ausgenutzt wurde, wird eine wenn auch etwas zurückhaltende Persönlichkeit, die endlich Raum bekommt, sich in mehrfacher Hinsicht zu entfalten. Celie entdeckt, dass sie Rechte hat, dass sie um ihrer selbst willen geliebt wird und dass sie Möglichkeiten hat, unabhängig zu sein und für sich selbst zu sorgen. Gerade das ist aber auch ein bisschen der Schwachpunkt des Romans. Je weiter die

    Geschichte voranschreitet, desto größer werden die Zeitsprünge. Das schafft den Eindruck, als würde Celie alles zu einfach in den Schoß fallen, besonders ihre berufliche Laufbahn.


    Die Erzählung ist in Briefform gehalten und wechselt zwischen Briefen von Celie und ihrer Schwester Nettie. Die Erlebnisse von Nettie sind eng mit dem Leben von Celie verknüpft und von daher wichtig für den Ablauf. Die Ausführlichkeit der Ereignisse in Afrika allerdings war mir des öfteren aber doch zu ausschweifend.


    Alice Walker zeigt in ihrem Buch, wie nachdrücklich und teilweise schon systematisch Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterdrückt wurden, besonders, wenn sie wie Celie farbig sind und aus einer der untersten Gesellschaftsschicht kommen. Dabei spricht die Autorin gleich mehrere Themen an: Unterdrückung von sozial Schwächeren, selbst innerhalb von Familien, Homosexualität, Missbrauch von Frauen und ihre finanzielle Abhängigkeit. Mit dem Sprung nach Afrika zu Celies Schwester werden auch noch weitere Themen wie z. B. Genitalverstümmelung angerissen. Aus heutiger Sicht ist erschreckend, wie aktuell einige dieser Probleme immer noch sind.


    Ich beurteile nicht mehr ganz so wohlwollend wie bei meiner ersten Lektüre, aber immer noch mit

    4ratten

    Ein klein wenig schade finde ich, dass Ulli quasi der typische Transmann ist (wobei es den ja eigentlich gar nicht gibt, denn jeder Mensch ist ein Unikum): Er wollte schon als kleines Kind lieber mit den anderen Jungs auf Bäume klettern und lieber Fußball spielen als mit Puppen und galt eben überall als burschikos.

    Ich überlege gerade, was dich daran stören könnte. Wie hätte es man es anders darstellen können?



    Ich muss auch gerade über meine eigenen Zeilen von oben schmunzeln:


    Doch als Ulli mit fünfzehn zur Konfirmation einen Jungenanzug möchte, macht sich die Mutter langsam Sorgen

    Meine Große hatte letztes Jahr Konfirmation und wollte einen Jungenanzug tragen. Für mich war das kein Grund, mir Sorgen zu machen. Letztlich sind wir dann beide im Anzug im Partnerlook gegangen. Wir sahen aus wie die Blues Brothers, bloß ohne Krawatte.

    Das ist meine Horror-Vision: Nach der Geburt bekommen Babys einen Microchip hinter das Ohr implantiert und die ganze Welt steht einem offen. Einkäufe werden direkt vom Konto abgebucht, Identität braucht keinen Pass-Nachweis mehr, Internet rund um die Uhr und immer dabei ......

    In irgendeiner Form wird das bestimmt mal kommen. Für mich hat der tägliche Umgang mit anderen Menschen viel an Anziehungskraft verloren, seit so vieles online oder mit Apps geregelt wird, anstatt miteinander zu reden.


    Eine Zeit lang habe ich meine Kinder deswegen bedauert, aber die leben ganz gut damit - sie kennen es ja nicht anders und vermissen es deshalb nicht. Und so wird es später auch mal sein: Da ist deine Vision Realität, aber normal für kommende Generationen.

    Noch ein kurzes Fazit:


    Als Tatsachenbericht möchte ich 438 Tage nicht bezeichnen, denn ich bezweifle den Ablauf dieses Erlebnisses nach wie vor. Es ist unbestritten, dass José Alvarenga 438 Tage verschollen war, aber es gibt keine Zeugen dafür, dass sich wirklich alles so abspielte wie von ihm beschrieben. Manches ist einfach so anders verlaufen als bei vergleichbaren Schiffbrüchigen, dass es schon fast an ein Wunder grenzt, was ihm alles gelang.


    Der auf die Nacherzählung von extremen und lebensgefährlichen Erlebnissen spezialisierte Autor Jonathan Franklin ist Fernsehkommentator und Journalist, vielleicht hängt deshalb schon mehr als nur ein Hauch von Sensationsjournalismus über seinem Bericht. Technische Details werden zum Großteil ausgespart, was natürlich auch dem Umstand geschuldet sein mag, dass Alvarenga keine Möglichkeit zum Führen eines Logbuches hatte, aber das Buch ist generell so geschrieben, dass man sich ungewollt auf der Mitleidsschiene wiederfindet und sprachlos vor Bewunderung vergisst, sich übere den Wahrheitsgehalt Gedanken zu machen. Mit dieser Empfindung stehe ich nicht alleine da, es gibt hierzu mehrere interessante Artikel


    Somit also ein unterhaltsamer Bericht, so lange man ihn nicht allzu kritisch hinterfragt. Sich diesbezüglich aufdrängende Fragen werden leider nicht ausführlich beantwortet. Man kann Alvarenga nun glauben oder nicht, aber Franklin als Autor, der neutral bleiben sollte, wenn er eine fremde Geschichte erzählt, drängt die Leserschaft zu deutlich in eine Ecke. Und ich kann mir nicht helfen - ich sehe dahinter weniger die Absicht aufzuklären als vielmehr den Blick auf die Verkaufszahlen.


    2ratten

    Von Manfred Spitzer habe ich in dem Zusammenhang mit Internetnutzung schon mehr gelesen. Ein wichtiges Thema! Schade nur, dass sich damit wahrscheinlich hauptsächlich Menschen beschäftigen, die ihren Internetkonsum schon bewusst beobachten. Nach meiner Erfahrung kümmern sich die wirklich gefährdeten User kaum um die Gefahren einer übermäßigen Nutzung.

    Hugo Boris - Die Polizisten

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    Kurz vor Feierabend bekommen die Polizisten Virginie, Érik und Aristide den Auftrag, einen tadschikischen Flüchtling zur Abschiebung zum Pariser Flughafen Charles de Gaulles zu eskortieren. Im Wagen entdeckt Virginie in den amtlichen Unterlagen, dass dem Mann in seiner Heimat der Tod droht. Die Abschiebung wurde offensichtlich wegen eines Missverständnisses beschlossen. Diese Erkenntnis stürzt zunächst Virginie, dann auch ihre beiden Kollegen in einen Gewissenskonflikt. Vom Standpunkt der Menschlichkeit aus betrachtet können sie den Tadschiken unmöglich seinem Schicksal überlassen, aber ihn nicht abzuliefern würde eine Missachtung ihrer Dienstpflicht bedeuten. Ihnen bleibt nur wenig Zeit, eine Entscheidung zu treffen.

    Abgesehen von Rückblenden in die Vergangenheit erstreckt sich die Zeitspanne der Handlung nur über wenige Stunden. Eigentlich ist es nicht mehr als eine Momentaufnahme aus dem Leben dreier Polizisten. Deshalb zeigt sie sehr eindrücklich, wie schnell manche Entscheidungen getroffen werden müssen und wie groß der Druck und der Zwiespalt sind, in dem die Beamten stecken. Sie sind verpflichtet, zum Wohl vieler das Wohl einzelner hinten anzustellen. Doch Polizisten sind auch nur Menschen, die nicht immer hinter den Befehlen stehen, die sie ausführen müssen.

    Sprachlich ist das Buch eher sachlich gehalten, lässt aber Platz für Empathie, weil neben der Frage nach den individuellen moralischen Grundsätzen auch das Privatleben der drei Beamten thematisiert wird. Im Fall von Virginie steht eine schwerwiegende persönliche Entscheidung an – ebenfalls über das Leben eines Menschen - die vielleicht auch Einfluss darauf hat, wie weit sie es sich als Polizistin leisten kann, den eigentlich nicht existenten Spielraum für Eigeninitiative auszureizen. In Fall des Flüchtlings sieht sie sich aus humanitären Gründen als verantwortlich für den Schwächeren, aber im Privaten setzt sie ganz andere Maßstäbe an, ohne dass es ihr bewusst ist.

    Guter Stoff zum Nachdenken, besonders in Hinsicht auf die Polizisten, die man als Normalbürger oft nicht richtig einschätzen kann. Sie machen ihre Arbeit, aber das bedeutet nicht, dass sie selbst jede Entscheidung von oben auch als richtig betrachten.

    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Inzwischen bin ich fertig mit dem Buch. Über Alvarengas Empfang auf den Marschall-Inseln wird noch ausführlicher berichtet, außerdem gibt es auch einige Fotos, auf denen der Schiffbrüchige gar nicht so schlecht aussieht (ein bisschen wie Reinhold Messner mit seiner Haarmähne und dem Vollbart :breitgrins:). Die Landung auf dem südlichsten Zipfel der Inselgruppe war gar nicht spektakulär, er wurde dort angespült und fand Zuflucht bei einem einheimischen Ehepaar, das die Behörden verständigte, die ihn dann in die Hauptstadt brachten, wo der Run auf ihn so richtig einsetzte.


    In seinem Nachwort erklärt der Autor Jonathan Franklin noch mehrfach, dass Alvarengas Angaben den Tatsachen entsprechen und erzählt auch über das Wiedersehen des Fischers mit seinen Kollegen und seiner Familie, darunter Frau und Tochter, die zuletzt vor 14 Jahren von ihm gehört hatten. Die Familie des verstorbenen Fischers bezichtigte Alvarenga übrigens später des Kannibalismus.


    Ich habe inzwischen etwas recherchiert und von anderen mexikanischen Fischern gelesen, die neun Monate über den Pazifik ebenfalls bis auf die Marshalls getrieben sind. Sie haben (zuerst zu fünft und dann zu dritt) in der gesamten Zeit 60 -70 Vögel, etwa 6 Schildkröten und 4 kleine Haie, dazu andere Fische gefangen, allerdings mit Speer und Angelhaken. Glaubt man Alvarenga, dann hat er diese Anzahl an Vögeln innerhalb weniger Wochen mit der Hand gefangen. Für mich ist da immer noch etwas faul.

    Ich überlege auch manchmal, wie die heutigen Tauchsportler mit der Ausrüstung zurechtkämen, mit der ich vor fast 30 Jahren getaucht bin. Damals ging es vor allem darum, das Gefühl des Schwebens zu genießen, schöne Fische und Unterwasserlandschaften zu entdecken. Heute geht es nur noch darum, wer noch tiefer kommt oder länger im Wasser bleiben kann. Wir haben auch Höhlen-, Wrack- oder Eistauchgänge gemacht, und wenn ich sehe, welche Spezialausrüstung die Leute dafür heutzutage dabei haben, wundere ich mich, dass wir damals nicht ertrunken sind :breitgrins:. In der Hinsicht gehe ich d'accord mit Herrn Messner.

    Von diesen unglücklichen Paarungen scheint es einige zu geben. Ein prominentes Beispiel sind Reinhold Messner und Arved Fuchs, die vor vielen Jahren gemeinsam die Antarktis zu Fuß durchquerten und sich seitdem tunlichst meiden. Ich glaube aber, dass sie zumindest bis zum Ende der Expedition zusammenblieben.


    Bei Mansholt und seinem Segelkameraden war es vorher nicht absehbar, dass es scheitern würde. Der Kollege war ja Berufsschiffer und angeblich auf allen Schiffsgrößen von der Jolle bis zum richtig großen Frachter unterwegs gewesen. Es war einfach Pech, dass ihr gemeinsamer Probetörn nicht stattfinden konnte, sonst hätte er wohl gleich erkannt, dass so ein Segelboot doch nicht sein Fall ist.

    Die Reise geht weiter. Das Wetter wird meinem Gefühl nach nun häufiger angesprochen, wobei von Flaute bis zum Sturm alles dabei ist. Durch den Regen wird Alvarenga mit Wasser versorgt, ansonsten fängt er nach wie vor Fische und Vögel, man kann schon fast sagen: in rauhen Mengen.


    Ich zweifle nach wie vor daran. Ab und zu mal mit der Hand einen Fisch zu fangen, lasse ich mir eingehen. Aber wer das schon mal versucht hat, weiß, dass es nicht so einfach ist, vor allem von einem Boot aus. Das widerspricht so ziemlich allem, was ich bisher darüber gelesen habe. Bei den Vögeln ist es ähnlich. Er wird sicher welche erwischt haben, wenn sie schon ständig sein Boot zum Ausruhen benutzten. Aber es können unmöglich so viele gewesen sein. Dazu kommt, dass er immer eine größere Anzahl auf dem Boot "vorrätig" hatte. Am Wegfliegen hat er sie gehindert, indem er ihnen die Flügel brach. Kann auch sein, aber welcher Vogel bleibt dann brav sitzen? Haben sie nicht versucht, über den Bordrand ins Wasser zu entkommen? Außerdem musste er sie ja auch füttern, wenn sie nicht vorzeitig verhungern sollten, was wiederum bedeutet, dass er noch mehr Fische brauchte.


    Das bringt mich zu meiner Theorie. Ich vermute, dass hier Kannibalismus im Spiel war. Der andere Mann im Boot ist am 118. Tag gestorben (wie Alvarenga das ohne Aufzeichnungen feststellen konnte, ist mir schleierhaft) und wurde nach sechs Tagen von A. im Meer versenkt. Es wäre nicht das erste Mal, dass Schiffbrüchige Teile von verstorbenen Kameraden gegessen haben. Wie man das Fleisch einigermaßen haltbar und genießbar macht, hat er an den Fischen und Vögeln schon gelernt. Damit könnte er einen längeren Zeitraum überbrückt haben.


    Es wäre ohnehin noch eine ganz andere Möglichkeit denkbar, nämlich dass A. gar nicht so lange unterwegs war, sondern den Sturm nutzte, um sich an der mexikanischen Küste irgendwo abzusetzen und eine Zeitlang zu verschwinden. Auf die Marshall-Inseln kann er auch mit irgend einem vernünftigen Segelboot gekommen sein. Ein Jahrzehnt zuvor ist er als junger Mann aus seinem Geburtsland auch schon sang- und klanglos verschwunden (trotz neugeborener Tochter), weil ihm angeblich irgendwelche Verbrecher umbringen wollten.


    Eine spannende Sache :)

    Übertriebene Heiligenverehrung finde ich auch nicht gut, egal in welcher Religion. Aber ich sehe schon auch einen Sinn darin, wenn es verehrungswürdige weibliche Heilige gibt, weil sich Frauen besser mit ihnen identifizieren können. Das muss ja die Bedeutung von Gott nicht schmälern.

    Aber die katholische Kirche hatte erkannt, dass sich religiöse Geschichten mit schönen und glamourösen Frauen besser verkauften, als mit einem ausgezehrten Eremit mit langem Bart.

    Das ist interessant. Mein (evangelischer) Lebensgefährte erzählte mir schon mehrfach, dass die Marienverehrung eine rein katholische Angelegenheit ist. Das hängt dann wohl mit der Erkenntnis über die schönen Frauen zusammen.

    Jetzt kommen die Bergsteiger und Kletterer von heute zu Wort. Alle haben sie eines gemeinsam: sie wollen so wenig technische Hilfsmittel wie möglich verwenden. Aber sonst widersprechen sie sich teilweise sehr. Der eine sagt, dass es ihm egal ist, wie viele Fixseile und Flaschen mit Sauerstoff zur Besteigung des Mount Everest mitgenommen werden, solange sie nicht dort bleiben und die Menschen keine Spuren hinterlassen. Der nächste meint, dass nur die Besteigung aus eigener Kraft die Richtige ist.

    Ich finde, dass man die Leistung heutiger Bergsteiger nicht mehr mit der von früher vergleichen kann. Zweifellos ist es auch eine Leistung, heutzutage einen Berg zu bezwingen, aber Funktionskleidung und andere technische Ausrüstung erleichtern einiges.

    Ich kann mich noch gut an diese Asiatin erinnern, die immer im Wettstreit mit einigen anderen Frauen (u. a. Gerlinde Kaltenbrunner) sich sogar mit dem Hubschrauber zu den Lagern fliegen ließ und somit Zeit und Kräfte sparen konnte. Alle Ausrüstung natürlich vom Feinsten, wahrscheinlich gesponsort von ihrgend einem TV-Sender und Hilfspersonal ohne Ende.

    Die eigentlichen Helden sind die Sherpas, die schon x-mal auf den Gipfeln waren und dabei für die großen Namen geschleppt haben.

    Jonathan Franklin - 438 Tage

    Überlebenskampf auf dem Pazifik


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    Im November 2012 brechen die beiden Fischer José Alvarenga und Ezequiel Córdoba in einem offenen Motorboot zum Fischfang vor der mexikanischen Küste auf. Bei einem heftigen Sturm gibt der Motor seinen Geist auf, so dass das Boot nicht mehr steuerbar ist. Die Strömung treibt die Fischer immer weiter auf den Pazifik hinaus. Córdoba stirbt nach einigen Wochen, aber Alvarenga überlebt wie durch ein Wunder und wird schließlich 438 Tage später auf den fast 11.000 Kilometer entfernten Marshall-Inseln lebend an Land gespült.



    Was für eine Geschichte - mit Betonung auf Geschichte. Ich habe schon einige solcher Berichte von anderen Schiffbrüchigen gelesen, aber diese hier ist wirklich außergewöhnlich, und zwar im negativen Sinn. Schon damals, als die Nachricht von der Rettung Alvarengas durch die Presse ging, hatte ich meine Zweifel am Wahrheitsgehalt. Sicher bin ich keine Expertin auf dem Gebiet, aber da muss selbst Laien einiges spanisch vorkommen. Wer mehr darüber lesen möchte, kann das hier.


    Abgesehen davon, dass Alvarenga mit Abstand längste Zeit aller Schiffbrüchigen auf See zugebracht hat, sah er auf den Fotos seiner Rettung bedeutend besser als seine Leidensgenossen aus. Er begründet das damit, ständig Nahrung zur Verfügung gehabt zu haben. Das waren Seevögel und Fische, und zwar in rauhen Mengen. Natürlich gibt es im Meer Fische, diese aber mit der bloßen Hand zu fangen, wie Alvarenga es behauptet, ist ziemlich kompliziert, vor allem, wenn man das Boot nicht verlässt. Außerdem fing er teilweise mehrfach am Tag Vögel, ebenfalls mit der Hand. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Bericht von so vielen Vögeln erzählte. Wenn bei einem Segler mehrere tausend Meilen vor der Küste auch nur ein Vogel auf dem Boot landete, hatte das schon Seltenheitswert. Dass Alvarenga kaum verbrannte Haut hatte, ist noch im Bereich des Möglichen, da er sich in einer Kühlbox vor der Sonneneinstrahlung schützen konnte. Aber durch die häufige Benetzung mit Salzwasser und das ewige Reiben der nackten Haut im Boot müsste er deutlich mehr Entzündungen gehabt haben. Stattdessen sieht er ziemlich gepflegt aus, wenn man seine Kopfbehaarung außen vor lässt.


    Alvarenga weiß sich in jeder Situation zu helfen. Weil in dem ersten Sturm so gut wie alles weggeschwemmt wurde, hatte er kaum noch Ausrüstung an Bord, hat aber dann wie aus dem Nichts z. B. einen Schlauch zur Verfügung oder findet im umherschwimmenden Müll allerlei Nützliches. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass er für jedes Ereignis, das er schildert, das nötige Zubehör aus dem Meer herauszieht.


    Unglaubwürdig auch seine Begegnung mit einem Containerschiff, das er "einen ganzen Morgen lang" beobachtet haben will und auf seine Rettung hofft. Eigentlich müsste dieses Schiff vom Moment des Auftauchens am Horizont in längstens einer Stunde bei ihm gewesen sein. Andere Segler berichten da von 20 bis 30 Minuten.


    Und so gibt es noch andere Ungereimtheiten. Es ist zwar ziemlich unglaubwürdig, aber dadurch auch spannend zu lesen, weil ich mich immer frage, was als nächstes kommt. Ich habe meine eigene Theorie über die ganze Sache und werde später dazu schreiben (falls hier jemand mitliest :)).